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Bundeskanzlerin Angela Merkel nach den Sondierungsgesprächen

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Große Differenzen vor Endrunde der Jamaika-Sondierungen

Union, FDP und Grüne ziehen mit immer noch massiven Differenzen in den Endspurt der Sondierungsgespräche für eine Jamaika-Koalition. Vor der geplanten letzten Runde heute unter Vorsitz der Kanzlerin zeigten sich viele Beteiligte skeptisch.

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Es werde "keine Koalition um jeden Preis" geben, sagte CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn der "Passauer Neuen Presse". CSU-Generalsektretär Andreas Scheuer erklärte, es brauche noch einen ziemlichen "Sprung nach vorne" und es seien "harte Klopper" zu bewältigen. Auch Grünen-Politikerin Claudia Roth sah noch viele Baustellen und beklagte, die CSU versuche ständig, die Grünen zu provozieren.

Bange machen gilt nicht

Angesichts solcher Skepsis scheint der Optimismus des CDU-Sondierers Daniel Günther fast unverständich: "Ich rechne definitiv mit einer Einigung. Ich kann mir schlichtweg nichts anderes vorstellen", sagte der schleswig-holsteinische Ministerpräsident im Deutschlandfunk. Dazu seien Kompromisse nötig. Er sehe aber bei keinem Thema solche Hürden, dass man nicht zusammenkommen könne.

Schreckgespenst Neuwahlen

In der Nacht zu Freitag soll der Knoten also noch durchschlagen werden, denn Neuwahlen will keine der Koalitions-Parteien in spe. Der stellvertretende Vorsitzende der CDU, Thomas Strobl, mahnte zum geplanten Ende der Gespräche Ordnung sowie konzentriertes Arbeiten an. Niemand könne an Neuwahlen interessiert sein. "Das wäre ein Konjunkturprogramm für die rechten Populisten", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Gegen eine Verlängerung der Sondierung sprach sich die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer von der CDU aus. Man habe sich bewusst ein klares Zeitfenster gegeben.

"Wenn man nach drei Wochen Verhandlungen nicht sagen kann, dass man ein stabiles Regierungsbündnis miteinander eingehen kann, dann helfen auch drei weitere Tage nicht weiter." Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU)

Viele Stoff für die "Nacht der langen Messer"

Es gab zwar Annäherungen in einigen Bereichen. Doch beim umstrittenen Thema Klimaschutz wurden keine substanziellen Fortschritte erreicht. Auch die Bereiche Europa und Verkehr sind noch strittig. Bei der Migration kamen sich die Unterhändler unter anderem in Sachen Fachkräftezuwanderung näher. Insbesondere die Frage des Familiennachzugs ist jedoch noch völlig offen. Ob all diese Fragen im Laufe eines letzten nächtlichen Verhandlungsmarathons gelöst werden können, scheint fraglich.

Hofreiters Schadstoff-Angebot

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter legte heute Früh immerhin ein neues Angebot vor, um den Streit um Schadstoffminderungen bei Autos beizulegen. Es gehe darum, die Klimaziele einzuhalten und für saubere Städte zu sorgen, sagte Hofreiter in der ARD. "Wir sind dort durchaus kompromissbereit, was die Methoden angeht, aber nicht die Ziele". So könnte man die Benzin- und die Diesel-Steuer einander angleichen. "Wir glauben, dass es das einfachste wäre, das beides nach CO2 zu bemessen".

Ermahnungen von Arbeitgeber-Seite

Die Arbeitgeber warnen die potenziellen Jamaika-Partner, das Wirtschaftswachstum für höhere Sozialleistungen aufs Spiel zu setzen. "Der größte Fehler wäre, die zur Verfügung stehenden Mittel einseitig einzusetzen und vor allem für soziale Wohltaten zu verwenden", sagte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer den Zeitungen des Redaktionsnetzwerkes Deutschland. Das bringe zwar kurzfristig Applaus, sei aber in wirtschaftlich schlechteren Zeiten eine Belastung. Er kritisierte in diesem Zusammenhang die CSU, die Mütter bei der Rentenberechnung erneut besserstellen will. Dies würde sieben Milliarden Euro im Jahr kosten.

Auch der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), Hans Peter Wollseifer, forderte die Jamaika-Sondierer zu einer soliden Finanzpolitik auf. Ein "Weiter so bei der Verteilung sozialpolitischer Wohltaten" dürfe es nicht geben, sagte Wollseifer dem "Handelsblatt".

"Für das Handwerk gibt es eine klare rote Linie: Bei den Sozialbeiträgen darf die Grenze von 40 Prozent keinesfalls überschritten werden." Hans Peter Wollseifer, ZDH-Präsident