Selfie Bahngleise

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Für Selfies riskieren Jugendliche ihr Leben

Es ist ein lebensgefährlicher Trend: Immer mehr junge Männer und Frauen machen Selfies von sich und ihren Freunden auf Bahngleisen. Bahn und Bundespolizei versuchen, sie durch Aufklärung von dem riskanten Treiben abzuhalten. Von Barbara Markus

An der ICE-Werkstatt an der Donnersberger Brücke in München führt Detlev Grau, Sicherheitsbeauftragter der Deutschen Bahn AG, 20 Kindern die Gefahr vor Augen:

"Wir haben fast nur noch neue Züge mit ganz wenig Ausnahmen. Diese Züge sind schnell, und sie sind sehr leise. Die beschleunigen sehr schnell, also ich höre die nicht. Wenn ich sie höre, dann ist es zu spät. Ich habe in der Zeitspanne keine Chance mehr, die Schiene oder den Gleisbereich zu verlassen." Detlev Grau, Sicherheitsbeauftragter der Deutschen Bahn AG

Selfie auf Gleisen

Die Aufklärung erscheint bitter nötig. Das wurde erst wieder Anfang August in Würzburg deutlich. Für ein Selfie auf Gleisen haben drei Mädchen sich und einen Freund in akute Lebensgefahr gebracht, sagt Fabian Hüppe von der Bundespolizei:

"Ein Triebfahrzeugführer hat uns gemeldet, dass sich drei weibliche und ein männlicher Jugendlicher direkt in den Bahngleisen am Rangierbahnhof aufhalten. Als unsere Streifenbeamten vor Ort eingetroffen sind, konnten sie die vier Jugendlichen noch antreffen, im Speicher der Videokamera konnten die Kollegen feststellen, dass es zu Fotos gekommen ist, im Bahngleis, mit dem Motiv Bahngleise im Hintergrund." Fabian Hüppe, Bundespolizei

Sterben für Facebook?

Die Dunkelziffer ist hoch, wie Ermittler aus ähnlichen Fotos folgern können, die in sozialen Netzwerken kursieren.

"Es ist natürlich so, dass wir auch im Internet unterwegs sind. Und wenn wir solche Fotos finden und die zuordnen können, dann versuchen wir, an die Jugendlichen heranzutreten. Wir wollen die dann aufklären, wie gefährlich so etwas ist, damit die das nicht noch einmal machen." Fabian Hüppe, Bundespolizei

Tod auf den Schienen

Denn nicht immer geht es glimpflich aus: 2011 starben im Memmingen zwei Mädchen bei dem Versuch, von sich zusammen ein Selfie auf den Schienen zu machen. Gedacht ist es wohl als eine Art Freundschaftsbeweis, wie eine Untersuchung der Uni München ergab. Ein plausibles Ergebnis auch für Detlev Grau, den Sicherheitsexperten der Bahn:

"Best Frieds for ever. Psychologen sagen, das geht schon hin bis zu suizidalen Absichten. Nach dem Motto, die Schiene geht geradlinig durchs Leben. Dann passieren eben diese Geschichten, dass die auf der Schiene entlang laufen, dann diese Fotos machen in der Schiene und diese ganzen Selfie-Geschichten." Detlev Grau, Sicherheitsbeauftragter der Deutschen Bahn AG

Auf der Suche nach dem Kick

Viele Mädchen realisieren die Gefahr dabei vielleicht nicht. Dagegen stellen sich männliche Altersgenossen bewusst mit Selfies zur Schau, die den Atem stocken lassen: Ein 18jährger Münchner auf der 140 Meter hohen Cheops-Pyramide hat 2016 Schlagzeilen gemacht.

Selfies aus New York und Moskau zeigen junge Männer, die Hochhäuser erklommen haben. Zwei haben sich auf das Dach des Kölner Doms gewagt. Das so genannte „Rooftopping“ hat gerade Konjunktur. Ein Trend mit dem sich Prof. Frank Schwab beschäftigt , Medienpsychologe an der Uni Würzburg:

"Wir sprechen da von so genannten Sensationsseakers , die so aufregende Situationen suchen. Es sind meistens junge Männer, und wir haben einen relativ hohen erblichen Anteil, es gibt einen erblichen Anteil, riskantes Verhalten zu zeigen." Frank Schwab, Medienpsychologe an der Uni Würzburg

Und die Jugendlichen selber? Alle Befragten lehnen hochriskante Selfies ab,

"Ich find das schwachsinnig, sein Leben für einziges Bild aufs Spiel zu setzen. Warum die das machen, ist wegen dem Gruppenzwang hauptsächlich und dass sie dazu gehören wollen.  Ich denke, dass viele glauben, dass sie durch solche Fotos mehr Likes oder mehr Aufmerksamkeit auf sozialen Medien bekommen." Befragte Jugendliche

Der weiße Hai ist harmloser

2015 sind mehr Menschen durch hochriskante Selfies ums Leben gekommen als durch Haiattacken: Der Trend zum hochriskanten Selfie, er scheint ungebrochen. Und es ist zu befürchten dass es weitere Opfer gibt.