Die Franzosen wählen heute ihr Staatsoberhaupt.
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Frankreich: Der Tag der Entscheidung

Frankreich: Der Tag der Entscheidung

Die Franzosen wählen am heutigen Sonntag ihr Staatsoberhaupt. Bleibt Macron fünf weitere Jahre Präsident oder gelingt der Nationalistin Le Pen der Wahlsieg? Trotz eines Vorsprungs für den Amtsinhaber ist ein Rechtsruck in Paris nicht ausgeschlossen.

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Fast 49 Millionen Wählerinnen und Wähler sind für die Wahl registriert. Wie viele von ihnen wirklich den Gang zur Urne antreten werden, davon hängt der Ausgang der Wahl entscheidend ab. Politikwissenschaftler und Demoskopen rechnen mit einer historisch niedrigen Wahlbeteiligung bei einer Stichwahl. Bisheriger Tiefpunkt in der Fünften Republik war das Jahr 1969. Damals gaben nur 70 Prozent Stimme ab.

Im ersten Wahlgang vor zwei Wochen hatten rund 70 Prozent der Franzosen entweder für einen extremen Kandidaten gestimmt oder gar nicht gewählt. Das französische Politiksystem steht vor einer ernsten Krise. Präsident Emmanuel Macron muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass in seiner Amtszeit der Zuspruch für die extremen Kandidaten nicht nur nicht zurückgegangen ist, sondern sogar zugenommen hat.

Politprofi Macron vs. volksnahe "Marine"

Macron ist sehr spät in den Wahlkampf eingestiegen, eigentlich erst mit seinem Einzug in die Stichwahl. In den vergangenen Tagen vergrößerte er seinen Vorsprung in den Umfragen. Im Durchschnitt sehen die Institute Macron mit 55 Prozent zu 45 Prozent vorne. Allerdings sind noch viele Wähler unentschieden. Dem Präsidenten könnte außerdem gefährlich werden, dass rund zwei Drittel der Franzosen mit seinem Sieg rechnen und sich dadurch einige in Sicherheit wiegen könnten. In Frankreich sind derzeit Ferien, eine Briefwahl ist nicht möglich. Stattdessen muss eine Vollmacht an eine andere wählende Person erteilt werden, die dann aber die Stimme im für die abwesende Person vorgesehenen Wahllokal abgeben muss.

Die Vor- und Nachteile der beiden Kandidaten wurden in den vergangenen Wochen breit diskutiert: Macron ist bei der Mehrheit als guter Krisenmanager angesehen, der seit Ausbruch des Ukraine-Krieges nicht müde wird, mit Putin zu telefonieren. Auch mit seinem Management in der Corona-Krise ist die Mehrheit zufrieden. Hingegen schreiben ihm viele zu, arrogant zu sein. Laut einer Umfrage von Cevipof sehen ihn sogar mehr Franzosen als autoritär an als seine Gegnerin Marine Le Pen. Außerdem traut ihm nur ein Drittel zu, das Volk zusammenzuführen, Le Pens Wert liegt hier sogar einen Prozentpunkt höher (34 Prozent).

Auch bei einem Wahlsieg hätte Macron eine schwerwiegende Hypothek

Marine Le Pen ist wiederum die Kandidatin der Arbeiter. In dieser Gruppe ist ihr Zuspruch so hoch wie zuletzt der des sozialistischen Präsidenten François Mitterrand. Le Pen sieht die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler nach ihrer sehr lokal angelegten Kampagne als volksnäher an. Im TV-Duell blamierte sie sich zwar nicht wie 2017, Macron zeigte jedoch, dass er ihr argumentativ überlegen war. Selbst als es um das Thema Kaufkraft ging, auf dem ihr ganzer Wahlkampf aufbaut, konnte Le Pen den Amtsinhaber nicht unter Druck setzen.

Ein Wahlsieg Marine Le Pens scheint den jüngsten Zahlen zufolge zwar unwahrscheinlich, doch dürfte sie ihr Ergebnis aus dem Jahr 2017, damals 33,9 Prozent, weit übertreffen. Selbst wenn Macron also wiedergewählt würde, seine zweite Amtszeit würde er mit einer schweren Hypothek antreten. Es ist nicht sicher, ob er weiterhin mit einem Kabinett seiner Wahl wird regieren können. Am 12. und 19. Juni wählen die Franzosen nämlich ein neues Parlament. Die stärkste Fraktion stellt dabei üblicherweise den Premierminister. Hier ist der Ausgang noch weniger vorhersehbar als bei der Wahl des Präsidenten.

Plakate zur Präsidentenwahl in Frankreich
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Plakate zur Präsidentenwahl in Frankreich

Sozialer Frieden beschäftigt die Politik Frankreichs

Des Weiteren laufen viele Hilfsmaßnahmen, wie etwa der "bouclier énergétique" (deutsch: Energieschild), also das Einfrieren der Energiepreise, bis zu den Wahlen des Abgeordnetenhauses aus. Wie es danach mit dem sozialen Frieden im Land weiter gehen, ob es wieder zu Massendemonstrationen wie der der Gelbwesten in den Jahren 2018 und 2019 kommen wird, ist eine der Fragen, die die Politik über Parteigrenzen hinweg schon jetzt beschäftigt.

Die Gelbwesten-Proteste fingen übrigens an, nachdem die Regierung ein Tempolimit von 80 Kilometern pro Stunde auf Landstraßen einführte und eine Umweltsteuer auf Benzin und Diesel erheben wollte. Der Preis für den Liter Diesel betrug damals 1,40 Euro.

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