Auf einem Tablett liegen Impfutensilien von Biontech.
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Auf einem Tablett liegen Impfutensilien von Biontech.

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Ethikrat rügt Staatsregierung wegen Zögerns in Corona-Politik

Der bayerische Ethikrat übt scharfe Kritik am Pandemie-Management der Staatsregierung. Das Handeln sei zu zögerlich gewesen, wichtige Vorbereitungen seien nicht getroffen worden.

Angesichts der sich zuspitzenden Pandemielage hat der bayerische Ethikrat die Corona-Politik der Staatsregierung hart kritisiert. Der stellvertretende Vorsitzende des Gremiums, Armin Nassehi, wirft der Regierung vor, sie habe in den Sommermonaten nicht konsequent genug gehandelt. Vor ein paar Wochen habe man noch so getan, "als sei die Sache vorbei", sagte der Münchner Soziologie-Professor der "Süddeutschen Zeitung".

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Vorbereitungen wurden nicht getroffen

So sei man in eine Situation geraten, in der man womöglich einen Lockdown brauche, den die Politik aber ausgeschlossen habe. Nassehi verwies auf eine Stellungnahme des Ethikrats vom 10. Juni an die Staatsregierung. Darin wird dringend zur Vorbereitung einer weiteren Impfwelle geraten. Es stünden Entscheidungen unmittelbar bevor, die nicht erst in einigen Monaten getroffen werden könnten.

"Wir warnen dringend davor, wie im Jahr 2020 die Aufmerksamkeitsspannung bei der Bewältigung der Pandemie und ihrer Folgen aus dem Blick zu verlieren und dann im Herbst von absehbaren Entwicklungen überrascht zu werden." Aus der Stellungnahme des Ethikrats vom 10. Juni 2021
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  • Ethikrat spricht sich für Impfpflicht aus

    Nachdem die bisherigen Impfangebote und Appelle nicht die gewünschten Effekte erzielt hätten und das Personal in den Kliniken "weit über die Zumutbarkeitsgrenze hinaus belastet" sei, spricht sich der Ethikrat nun deutlich für obligatorische Impfungen - zumindest in bestimmten Bereichen - aus: "Wir fordern deshalb die politischen Entscheidungsträger auf, die Möglichkeit von Impfverpflichtungen für bestimmte Berufsgruppen rechtlich zu prüfen und politisch zu erwägen". Impfungen sollten obligatorisch zumindest für diejenigen sein, die in Berufen mit Kunden-/Klientenkontakt arbeiten (medizinische, pflegerische, therapeutische Berufe, Einzelhandel, Gastronomie, Hotellerie, Polizei, Justiz etc.) oder aber mit Schutzbefohlenen zu tun haben (pädagogische Berufe etc.), so die Empfehlung.

    Darüber hinaus solle auch eine generelle Impfpflicht für die gesamte Bevölkerung als äußerste Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, heißt es weiter.

    Ohne Lockdowns durch den Winter

    In dem Papier heißt es weiter wörtlich: "Ziel aller Planungen muss sein, im kommenden Herbst und Winter ohne radikale Kontaktbeschränkungen und ohne Lockdowns auszukommen. Das ist aber nur möglich, wenn nicht gewartet wird, bis sich radikale Maßnahmen überhaupt nicht mehr vermeiden lassen."

    Der Ethikrat soll die Staatsregierung in entscheidenden Zukunftsfragen der Gesellschaft beraten. Das Gremium wurde im Herbst vergangenen Jahres vom Kabinett eingesetzt. Nassehi ist Lehrstuhlinhaber an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU).

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