Eine Familie spielt auf einem Spielplatz (Symbolbild)
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Elterngeld: Was sich jetzt ändert – und wie das ankommt

Eine kontroverse Debatte hatte es um geplante Elterngeld-Kürzungen gegeben. Nun wurden die Änderungen abgeschwächt: Es sollen höhere Grenzen und neue Regeln für Partnermonate gelten. Die Pläne im Detail - und was das Netz und ein Experte dazu sagen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Es bleibt dabei: Für Vielverdiener soll ab dem kommenden Jahr das Elterngeld wegfallen - doch es sollen höhere Einkommensgrenzen gelten als bislang geplant. Nach dem bisherigen Vorschlag von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) sollte das Elterngeld nur noch an Paare ausgezahlt werden, die alleine oder zusammen nicht mehr als 150.000 Euro zu versteuerndes Jahreseinkommen haben.

"Wir nehmen Kürzungen beim Elterngeld zurück und setzen stärkere Anreize für mehr Partnerschaftlichkeit", erklärte SPD-Haushälter Felix Döring. Familien bekämen mehr Zeit, sich auf die Änderungen einzustellen.

Für wen und ab wann gelten künftig neue Einkommensgrenzen?

Die Einkommensgrenze für das Elterngeld soll nicht plötzlich, sondern schrittweise sinken. Die Einsparungen im Bundeshaushalt fallen zudem niedriger aus als im Regierungsentwurf für 2024 geplant. Aktuell liegt die Grenze bei 250.000 Euro für Alleinerziehende und 300.000 bei Paaren. Für Paare sinkt sie mit April kommenden Jahres von 300.000 Euro auf 200.000 Euro Jahreseinkommen, wie der Berichterstatter der SPD-Fraktion, Felix Döring, nach der entscheidenden Sitzung des Bundestags-Haushaltsausschusses in Berlin mitteilte. Ab April 2025 soll eine Einkommensgrenze von 175.000 Euro gelten. Für Alleinerziehende soll die Grenze ab April 2024 bei 150.000 Euro liegen. Ausschlaggebend soll der Geburtstag des Kindes sein. Für Eltern, deren Kinder bis zum 31. März 2024 geboren werden, ändert sich demnach nichts.

Bei der Obergrenze geht es nicht um das Brutto-Gehalt, sondern um das versteuernde Einkommen. Es ergibt sich aus dem Brutto-Einkommen abzüglich Werbungskosten, sonstige Aufwendungen und Freibeträge. Das zu versteuernde Einkommen ist somit immer niedriger als das Brutto-Einkommen.

Wie können sich Väter und Mütter das Elterngeld aufteilen?

Wichtig für künftige Eltern und diejenigen, die schon wissen, dass sie im Frühjahr Nachwuchs bekommen: Elterngeld gibt es den Plänen zufolge künftig nur noch eingeschränkt parallel. Bisher können Paare maximal 14 Monate lang das Standard-Elterngeld beziehen und dies frei kombinieren: Entweder sie wechseln sich ab, sodass einer beispielsweise für zehn und der andere für vier Monate zu Hause bleibt. Möglich ist aber auch, dass beide gleichzeitig eine berufliche Auszeit fürs Kind nehmen und parallel Elterngeld beziehen.

Ab April 2024 bleibt es zwar bei 14 Monaten insgesamt, aber gemeinsam zu Hause bleiben und parallel Elterngeld beziehen – das soll innerhalb der ersten zwölf Lebensmonate des Kindes nur noch für einen Monat möglich sein. Schon jetzt nähmen etwa die Hälfte der Väter einen gemeinsamen Monat Auszeit direkt nach der Geburt, hieß es am Freitag aus Ampel-Kreisen. Das sei damit weiterhin gesichert. Der SPD-Haushälter Döring erklärte dazu: "Wir stärken die Verantwortung von Vätern für die Care-Arbeit. Zukünftig muss mindestens einer der Partnermonate allein genommen werden. Damit wirken wir einem zunehmenden Parallelbezug entgegen, der mehr Partnerschaftlichkeit entgegensteht. Wenn Väter früher alleinige Verantwortung übernehmen, beteiligen sie sich auch stärker an der Familien- und Hausarbeit." Bei Frühchen und Mehrlingsgeburten soll die Änderung nicht gelten.

Bislang zeichnen sich keine Änderungen beim ElterngeldPlus ab. ElterngeldPlus können Eltern doppelt so lange bekommen wie Basiselterngeld: Ein Monat Basiselterngeld entspricht zwei Monaten ElterngeldPlus. Arbeiten Eltern nach der Geburt nicht, ist das ElterngeldPlus halb so hoch wie das Basiselterngeld. Arbeiten sie nach der Geburt in Teilzeit, kann das monatliche ElterngeldPlus genauso hoch sein wie das monatliche Basiselterngeld mit Teilzeit.

Wie wird das Elterngeld berechnet?

Elterngeld wird bis zu 14 Monate nach der Geburt eines Kindes gezahlt, wenn auch der Partner mindestens zwei Monate im Job pausiert. Es beträgt in der Regel 65 Prozent des vorherigen Nettoeinkommens, höchstens 1.800 Euro im Monat und mindestens 300 Euro. Zugrunde gelegt wird bei Angestellten das Einkommen in den 12 Monaten vor der Geburt des Kindes beziehungsweise vor Beginn des Mutterschutzes und bei Selbstständigen das Einkommen vom Vorjahr aus dem letzten Steuerbescheid.

Elterngeld hat nicht das Ziel, über staatliche Familienleistungen geringe Einkommen aufzustocken. Vielmehr soll es Müttern und Vätern gleichermaßen ermöglichen, nach der Geburt eines Kindes ohne allzu hohe Einbußen im Job zu pausieren.

Wie kommen die neuen Elterngeld-Eckpunkte an?

Über die geplanten Einschnitte beim Elterngeld hatte es in der Koalition kontroverse Diskussionen gegeben. Das Finanzressort hatte Familienministerin Lisa Paus (Grüne) zu Einsparungen aufgefordert. Paus entschied sich daraufhin für die Kappung der Einkommensgrenze. In den sozialen Netzwerken formierte sich Widerstand gegen die Pläne.

Eine Petition der Unternehmerin und Autorin Verena Pausder hatte auf der Plattform change.org mehr als 600.000 Unterschriften erreicht. Kritisiert wurde in diesem Zusammenhang etwa das Risiko eines Wohlstandsverlustes bei Betroffenen sowie dass die Änderung zu einem Rückschritt bei der Gleichberechtigung führe. Denn Mütter würden so von ihren meist besser verdienenden Partnern finanziell abhängig werden. Andere hielten dagegen, wohlhabendere Paaren hätten ausreichend finanzielle Mittel, um die Elternzeit zu überbrücken sowie um selbst Gleichberechtigung herzustellen.

Die angepassten Eckpunkte ernteten von Petitions-Initiatorin Pausder Lob. "Wir freuen uns einfach gerade so unfassbar für alle Paare, Schwangere, Eltern, Singles, Menschen, die von der geplanten Streichung jetzt verschont bleiben", schreibt sie in einem Instagram-Post. Besonders dass Schwangere bis 1. April ausgenommen wurden, stärke das Vertrauen in die Politik.

"Es kann wohl eher als Kompromiss verstanden werden. Gekürzt und gestrichen wird trotzdem - an der falschen Stelle, wie ich finde", kritisiert hingegen Elterngeld-Beraterin Diana Leib auf Instagram. Zudem sei die Änderung bei den Partner-Monaten problematisch: Der Staat spekuliere darauf, dass Väter auf den "Allein-Monat" verzichten, wodurch der Staat Geld spart, nicht aber die Partnerschaftlichkeit gefördert würde.

Was sagen Fachleute zu den Elterngeld-Kürzungen?

In Zusammenhang mit den geplanten Elterngeld-Kürzungen gebe es mehrere Probleme, betont Wido Geis-Thöne, Senior Economist für Familienpolitik beim Institut der deutschen Wirtschaft, gegenüber BR24. Sinnvoll sei seines Erachtens gewesen, zunächst eine Debatte darüber zu führen, welches Ziel das Elterngeld überhaupt hat, bevor es zu einem Schnellschuss kommt. "Die Neuerung wird in Zukunft viele junge Akademiker-Paare treffen, die kein Elterngeld erhalten, allerdings aufgrund ihrer langen Ausbildung noch keine Rücklagen bilden konnten, um die Zeit zu überbrücken", gibt er zu bedenken. Die Obergrenzen beim Elterngeld seien zudem seit längerem nicht entsprechend der Inflation angepasst worden. Durch die schrittweise Einführung würde sich diese Schieflage noch verstärken, denn wie viel ein Einkommen von 175.000 Euro in einigen Jahren wert ist und ob diese Obergrenze dann noch angemessen ist, ist heute unklar.

Die Soziologin Jutta Allmendinger hatte die zuvor geplante sofortige Umsetzung ohne Übergangszeit im Gespräch mit BR24 kritisiert. Eltern bräuchten Gelegenheit, sich auf die Änderung einzustellen. Zudem hatte sie Befürchtungen widersprochen, die geplanten Einsparungen beim Elterngeld würden zu maßgeblichen Rückschritten bei der Geschlechtergerechtigkeit führen. Angesichts der möglichen Alternative – eine allgemeine Kürzung des Elterngeldes – hielt sie die Kappung für Besserverdiener demnach für "angemessen".

Zudem forderte sie von der Politik Anreize, damit Väter mehr Elternzeit nehmen. Dass sich so viele Menschen der Petition gegen die Kürzung angeschlossen haben, zeigt laut der Soziologin, dass diese Gruppe sich wesentlich eher wehre "als die vielen Menschen, die nicht die öffentliche Stimme bekommen, die sie eigentlich bräuchten", sagt die Soziologin. Eine Petition der geringverdienenden Eltern, den Elterngeld-Mindestsatz von 300 Euro anzuheben, habe weit weniger Unterschriften gesammelt. An diesem hat sich auch mit den neuen Eckpunkten nichts geändert.

Mit Informationen von AFP, dpa und epd sowie der BR-Korrespondentin Christina Schmitt

Dieser Artikel ist erstmals am 18. November auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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