Ein Schild mit einem Porträt des verhafteten belarussischen Journalisten Protassewitsch und der Aufschrift "Free Roman Protasevich" ("Befreit Roman Protassewitsch") ist bei einem Protest von Mitgliedern der belarussischen Gemeinde in Irland auf den Boden geklebt.
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Mitglieder der belarussischen Gemeinde protestierten für den belarussischen Journalisten Protassewitsch.

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Doch keine Haftstrafe? Belarussischer Aktivist wohl begnadigt

Wenige Wochen nach seiner Verurteilung ist der belarussische Oppositionelle Roman Protassewitsch offenbar begnadigt worden. Gegen ihn waren acht Jahre in einem Straflager verhängt worden. Arbeitet der Aktivist mit den Behörden zusammen?

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Zwei Jahre nach seiner spektakulären Festnahme und wenige Wochen nach seiner Verurteilung ist in Belarus der frühere Regierungskritiker Roman Protassewitsch begnadigt worden. "Ich habe gerade die entsprechenden Dokumente unterschrieben, die meine Begnadigung bestätigen", zitierte die staatliche Nachrichtenagentur Belta Protassewitsch. Es wird davon ausgegangen, dass der ehemalige Chefredakteur des oppositionellen Mediums "Nexta" nach seiner Festnahme vor einem Jahr zur Zusammenarbeit mit dem belarussischen Geheimdienst genötigt wurde.

"Ich bin dem Land und natürlich dem Präsidenten persönlich unglaublich dankbar für solch eine Entscheidung", sagte Protassewitsch in einem von Belta veröffentlichten Video. "Das sind natürlich großartige Neuigkeiten."

Zu Haft im Straflager verurteilt: Was dem Journalisten vorgeworfen wurde

Protassewitsch war Anfang Mai von einem Gericht in der Hauptstadt Minsk zu acht Jahren Haft in einem Straflager verurteilt worden. Dem seit Juni 2021 unter Hausarrest stehenden Journalisten wurde vorgeworfen, bei der Koordinierung der Massenproteste gegen die umstrittene Wiederwahl von Staatschef Alexander Lukaschenko im Sommer 2020 geholfen zu haben.

Nexta rief nach der Präsidentenwahl 2020 zu Protesten gegen den autoritär regierenden Machthaber Alexander Lukaschenko auf, der sich erneut zum Sieger erklären ließ. International wurde die Abstimmung nicht anerkannt. Lukaschenko ließ die Proteste brutal niederschlagen, gilt seither aber als noch abhängiger von Moskau.

"Nexta" spielte während der Demonstrationen gegen Lukaschenko im Sommer 2020 wegen des Vorwurfs der Wahlfälschung eine entscheidende Rolle bei der Mobilisierung der Proteste. Die Staatsführung ließ das Medium verbieten. Die Behörden in Belarus gehen nach der brutalen Unterdrückung der damaligen Proteste auch weiterhin unerbittlich gegen kritische Stimmen vor.

"Vollends schuldig": Erzwungene Erklärung im Staatsfernsehen?

Protassewitsch wurde nach seiner Festnahme mehrfach im belarussischen Staatsfernsehen gezeigt und distanzierte sich dort von seiner oppositionellen Tätigkeit. Zu Beginn seines Prozesses im Februar hatte er in einem von Belta veröffentlichten Video zugegeben, "vollends schuldig" zu sein. Es wird davon ausgegangen, dass Protassewitsch nach seiner Festnahme gezwungen wurde, entschuldigende Erklärungen im Staatsfernsehen abzugeben. Einige belarussische Exil-Oppositionelle werfen ihm vor, mit den Behörden zusammenzuarbeiten.

Spektakuläre Festnahme: Angebliche Bombendrohung im Flugzeug

Die spektakuläre Festnahme Protassewitschs hatte im Mai 2021 weit über die Grenzen der Ex-Sowjetrepublik hinaus für Aufsehen gesorgt. Gemeinsam mit seiner damaligen Freundin Sofia Sapega war er auf einem Flug von Athen nach Vilnius, als die Ryanair-Maschine von den belarussischen Behörden wegen einer angeblichen Bombendrohung zu einer Landung in Minsk gezwungen wurde.

Anschließend wurden beide inhaftiert. Die Militäraktion zum Stopp des Fluges und die anschließende Festnahme des Paares hatten international Empörung ausgelöst. Die russische Staatsbürgerin Sapega wurde später zu sechs Jahren Haft verurteilt - und inzwischen nach Russland überstellt.

Protassewitsch galt als politischer Gefangener. Hunderte Lukaschenko-Gegner sind weiter im Gefängnis. Viele haben ein Arrangement mit dem Machtapparat abgelehnt.

Mit Informationen von AFP und dpa

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