Hunderttausende haben in Rafah im Süden des Gazastreifens Zuflucht (10.02.2024)
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Kritik an geplanter israelischer Offensive in Rafah

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Deutliche Kritik an geplanter israelischer Offensive in Rafah

Hunderttausende haben in Rafah im Süden des Gazastreifens Zuflucht gefunden – nun will Israel auch dort gegen die Hamas vorrücken. Enge Partner Israels befürchten eine humanitäre Katastrophe. Die Hamas droht, Verhandlungen über Geiseln abzubrechen.

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Die israelischen Pläne für eine Militäroffensive auf die Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens stoßen international auf Kritik. Außenministerin Annalena Baerbock warnte, dies wäre "eine humanitäre Katastrophe mit Ansage". Der britische Außenminister David Cameron zeigte sich "zutiefst besorgt". "Mehr als die Hälfte der Bevölkerung Gazas sucht in der Gegend Zuflucht", schrieb er auf der Plattform X. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sicherte den Zivilisten einen "sicheren Korridor" zu. Die islamistische Hamas drohte am Sonntag für den Fall einer israelischen Offensive in Rafah mit einem Abbruch der Gespräche über ein mögliches Geisel-Abkommen.

Israel will Evakuierung der Zivilisten vorbereiten

Netanjahu hatte der Armee am Freitag den Befehl erteilt, eine Offensive auf Rafah vorzubereiten. "Es ist unmöglich, das Kriegsziel der Eliminierung der Hamas zu erreichen, wenn vier Hamas-Bataillone in Rafah verbleiben", ließ er mitteilen. Die Armee soll deshalb die Evakuierung der Zivilisten vorbereiten. Nach Angaben von Augenzeugen griff Israel bereits mehrfach Ziele in der Stadt aus der Luft an. Israelische Bodentruppen waren dort bislang aber nicht im Einsatz.

"Wir sind in dieser Sache nicht leichtsinnig", versicherte der israelische Regierungschef in einem Interview des US-Senders ABC. Man werde der Zivilbevölkerung einen "sicheren Korridor gewähren, damit sie das Gebiet verlassen kann". Netanjahu deutete in einem Interview mit dem US-Sender ABC an, dass die Zivilisten aus Rafah nach Norden fliehen könnten. Es gebe viele Gebiete, die von der Armee geräumt worden seien, sagte er. Israel entwickle derzeit einen detaillierten Plan, um die Menschen umzusiedeln.

Geschätzt 1,3 Millionen Binnenflüchtlinge in Rafah

Vor dem Gaza-Krieg hatte die an Ägypten grenzende Stadt rund 300.000 Einwohner, inzwischen sollen sich dort mindestens 1,3 Millionen Binnenflüchtlinge aufhalten. Die meisten von ihnen flohen aus anderen Teilen des Küstenstreifens dorthin, teils auf Anordnung des israelischen Militärs. Baerbock mahnte, dass die Not in Rafah schon jetzt unfassbar sei. "Die Menschen in Gaza können sich nicht in Luft auflösen", schrieb sie am Samstag auf X. 

UN: Ein Viertel der Bevölkerung vom Hungertod bedroht

Hilfsorganisationen warnten, dass eine Offensive in Rafah die ohnehin schon katastrophale Lage im Gazastreifen noch verschlimmern würde. Dort sind laut UN-Angaben rund 80 Prozent der Bewohner aus ihren Häusern geflohen, ein Viertel der Bevölkerung ist vom Hungertod bedroht. "Eine israelische Offensive auf Rafah würde zu einer unsäglichen humanitären Katastrophe und zu schwerwiegenden Spannungen mit Ägypten führen", schrieb der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell auf der Plattform X, dem früheren Twitter.

USA gegen israelische Militäroffensive in Rafah

Die US-Regierung hatte sich schon vor Netanjahus Ankündigung deutlich gegen ein militärisches Vorgehen in Rafah ausgesprochen. UN-Generalsekretär António Guterres hatte vor einer weiteren Verschärfung der humanitären Lage und Folgen für die Region gewarnt. Ägypten befürchtet, dass ein massiver Militäreinsatz in Rafah zu einem Ansturm verzweifelter Palästinenser auf die ägyptische Halbinsel Sinai führen könnte.

Ägypten droht mit Aussetzung des Friedensvertrages

Ägypten hat mit der Aussetzung seines Friedensvertrags mit Israel gedroht, sollte das israelische Militär in die Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens eindringen. Das erfuhr die Nachrichtenagentur AP am Sonntag aus ägyptischen Regierungskreisen. Ein westlicher Diplomat bestätigte die Angaben. Das Camp-David-Abkommen zwischen Israel und Ägypten wurde 1978 nach Verhandlungen unter Vermittlung von US-Präsident Jimmy Carter unterzeichnet.

Mit Informationen von dpa und AP

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