KFOR Friedenstruppen am Straßenrand in der Konfliktregion.
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KFOR Friedenstruppen am Straßenrand in der Konfliktregion.

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Der Kosovo-Konflikt: Worum geht es?

Im Norden des Kosovos ist es wieder zu Gewalt gekommen. Schwerbewaffnete serbische Paramilitärs griffen die kosovarische Polizei an und erschossen einen Polizisten. Wieso kommt es in dem jungen Land immer wieder zu solchen Auseinandersetzungen?

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 extra am .

Der Hintergrund ist die Auseinandersetzung um die Unabhängigkeit des Kosovos. Nach dem blutigen Krieg der Jahre 1998/99, dem vor allem Kosovo-Albaner zum Opfer fielen, erklärte sich Kosovo 2008 in Abstimmung mit der internationalen Gemeinschaft für unabhängig.

Kriegsverbrechen und UN-Verwaltung im Jugoslawienkrieg

Rund 90 Prozent der Bevölkerung in Kosovo sind ethnische Albaner. Sie hatten schon in den 1980er Jahren – noch zu jugoslawischer Zeit – Diskriminierung durch die damals serbischen Machthaber kritisiert und eine Schattenregierung aufgebaut. 1998 kam es im Zuge der Zerfallskriege um Jugoslawien auch zum Krieg in Kosovo. Dabei wurden schwere Kriegsverbrechen begangen. Schließlich griff die Nato ein und bombardierte Serbien und serbische Stellungen in Kosovo. Nach dem Ende des Krieges wurde Kosovo unter Verwaltung der UN gestellt und erklärte dann seine Unabhängigkeit.

Konflikt zwischen Albanern und Serben

Deutschland und mehr als 100 andere Länder erkennen das an. Serbien, aber auch Russland, China sowie fünf EU-Staaten und weitere Länder, betrachten Kosovo nach wie vor als serbische Provinz. Die Mehrheit der Menschen in Kosovo sind ethnische Albaner. In einigen Gemeinden stellen ethnische Serben die Mehrheit, vor allem im Norden von Kosovo.

Weil Serbien und Kosovo der Europäischen Union beitreten wollen, und angesichts des Krieges in der Ukraine, bemüht sich die EU um eine Vermittlung in dem Konflikt. Bisher zeitigen die Gespräche jedoch keine Ergebnisse.

"Pfad der Normalisierung" durch EU-Vermittlung

Im Februar verkündete die EU einen Durchbruch. Der serbische Präsident Aleksandar Vučić und der kosovarische Premier einigten sich damals in Brüssel auf einen "Pfad der Normalisierung". Dieser sah zum Beispiel die Akzeptanz von Reisepässen beider Länder vor. Serbien sollte zudem Kosovo nicht mehr an der Mitgliedschaft in internationalen Organisationen hindern. Kosovo sagte den serbisch-dominierten Gemeinden mehr Autonomierechte zu. Im Frühjahr wurde am Ohridsee in Nordmazedonien auch ein Plan zur Umsetzung eines Abkommens mündlich beschlossen.

Kurz darauf nahm Vučić seine Zusagen zurück. Im April stimmte Serbien gegen die Aufnahme von Kosovo in den Europarat. Damit handelte das Land auch ganz praktisch entgegen dem Normalisierungs-Plan.

Kosovo setzt albanische Bürgermeister in serbisch dominierten Gemeinden ein

Im Mai kam es zu schweren Auseinandersetzungen im Norden des Kosovos. Da als Auslöser die Einsetzung albanischer Bürgermeister in serbischen Gemeinden gewertet wurde, übten die USA und die EU danach vor allem Druck auf Kosovo aus, sich im Streit um einen serbischen Gemeindeverband zu bewegen. Der Gemeindeverband wurde als erster nötiger Schritt zur Normalisierung dargestellt.

Kosovo fürchtet aber, dass Serbien versuchen könnte, über die Gemeinden das politische Leben in Kosovo wo möglich zu blockieren. Die Regierung in Pristina ist nach den Entwicklungen der letzten Monate skeptisch und misstraut Serbien.

Nato stockt KFOR-Truppen wieder auf

Wie sich die Lage nach der neuerlichen Gewalt entwickelt, ist offen. Kosovo fordert EU-Sanktionen gegen Serbien. Die EU und die USA forderten Serbien bisher nur recht deutlich dazu auf, seine Truppen entlang der Grenze zu reduzieren.

Die Nato stockt ihre Schutztruppe KFOR in Kosovo auf. Großbritannien stellt 200 zusätzliche Soldaten. Aus Deutschland sind bisher gut 80 Soldaten in Kosovo. Aus den Reihen Grünen, SPD und FDP gibt es Forderungen, auch das Bundeswehr-Kontingent aufzustocken. Das Bundestagsmandat für den Einsatz erlaubt bis zu 400 Soldaten.

Grundlage für den KFOR-Einsatz ist die UN-Resolution 1244. Durch den Einsatz sollte nach dem Ende des Kosovokriegs ein Wiederaufflammen der Gewalt verhindert werden. Anfangs waren rund 50.000 Soldaten im Einsatz. Sie unterstützten die Rückkehr von Kriegsflüchtlingen, sicherten humanitäre Hilfseinsätze ab und halfen bei der Minenräumung.

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