Größer als ein Fuchs, kleiner als ein Wolf: Der Goldschakal (Canis aureus)
Bildrechte: picture alliance / Zoonar | Hans Peter Eckstein

Größer als ein Fuchs, kleiner als ein Wolf: Der Goldschakal (Canis aureus)

Per Mail sharen
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Den Goldschakal zieht es nach Deutschland

Im Oberland wurden Ende April vier Lämmer gerissen. Inzwischen steht fest: Es war ein Goldschakal. Dieser bislang eher unbekannte kleine Jäger aus der Familie der Hunde wird inzwischen auch in Bayern heimisch.

Während Wölfe und Bären immer wieder für große Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit und vor allem für Unruhe bei Nutztierhaltern sorgen, wandert eine andere Wildtierart seit Jahren bei uns ein: Der Goldschakal (Canis aureus), ein Raubtier aus der Familie der Hunde. Er ist größer als ein Fuchs, mit einer Körperlänge von 70 bis 90 Zentimetern, einer Schulterhöhe von bis zu 50 Zentimetern und einem Gewicht bis 15 Kilo jedoch deutlich kleiner als ein Wolf. Sein Fell ist meist rostbraun bis goldrot.

Für Laien: Goldschakal leicht mit Wolf zu verwechseln

Für einen Laien ist der Goldschakal auf den ersten Blick nicht leicht zu erkennen. Stattdessen kann er schnell mit einem Wolf verwechselt werden. Dabei ist sein Kopf, im Vergleich zum Wolf, schmal und langgestreckt. Der Kopf des Wolfes wirkt dagegen durch die kürzere und breitere Schnauze eher dreieckig.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!

Bildrechte: Jennifer Hatlauf
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Pfote eines im Burgenland überfahrenen Goldschakals. Typisches Merkmal sind die hufeisenförmig zusammengewachsenen Mittelzehenballen (rechts)

Woher kommt der Goldschakal?

Verbreitet ist der Goldschakal im südlichen Asien, in Indien, den kaukasischen Staaten, im Nahen und Mittleren Osten, im nördlichen und westlichen Afrika, auf der Arabischen Halbinsel und auch auf dem Balkan. Von dort aus dehnt er schon seit Jahren sein Verbreitungsgebiet in Richtung Norden aus.

Der erste dokumentierte Nachweis eines Goldschakals in Deutschland stammt aus der Niederlausitz in Brandenburg im Jahre 1997. Nach einigen, allerdings unbestätigten, Sichtungen entstand erst zehn Jahre später, 2007, in Brandenburg ein erstes Foto des Tieres. 2012 tappte dann ein Goldschakal im Bayerischen Wald in eine Fotofalle. Es folgten weitere Sichtungen in Mecklenburg-Vorpommern, Hessen, Niedersachsen und 2017 in der Nähe von Dithmarschen, wo ein Goldschakal Schafe verletzte, aber nicht tötete.

Bildrechte: picture alliance / dpa | Nationalpark Bayerischer Wald
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Bild einer Fotofalle in der Nähe der Racheldiensthütte im Bayerischen Wald, Landkreis Freyung-Grafenau, 26.04.2012

Bayern: Hinweise, Nachweise und ein Riss

Seitdem gibt es laut dem Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) bis heute 14 nicht bestätigte Hinweise und neun Nachweise des Goldschakals, darunter einen bestätigten Nutztierriss am 28.04.2022, als ein Goldschakal in der Nähe von Huglfing im Landkreis Weilheim-Schongau vier Lämmer tötete. Dass es sich tatsächlich um den Riss eines Goldschakals handelte, erbrachte eine DNA-Analyse.

Gründe für die Einwanderung

Gefördert werde die Ausbreitung des Goldschakals - über Ungarn und Slowenien, aber auch über Tschechien und Polen - bis zu uns durch ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren, so Jennifer Hatlauf und Prof. Hackländer von der Universität für Bodenkultur (BOKU) in Wien, wo die Ausbreitung des Goldschakals seit 2015 in einem Projekt erforscht wird. Ein Grund sei, dass vielerorts der Wolf als einziger Feind des Goldschakals nicht mehr vorkomme.

Verändertes Klima als Grund?

Als Savannen- und Halbwüstenbewohner bevorzugt der Goldschakal schneearme Winter und warme Sommer. Kälte schrecke ihn jedoch nicht ab. "Die Temperaturen sind eher nicht das Ausschlaggebende", sagt Jennifer Hatlauf, "aber Habitatmodelle lassen zum Beispiel darauf schließen, dass die Schneebedeckungsdauer eine Rolle spielt." Mehr noch: "Auch die Änderung der Landnutzung - extensive, verlassene Areale - oder das Jagdregime in manchen Ländern haben Auswirkung auf eine vermehrte Ausbreitung", so Hatlauf.

Bevorzugte Lebensräume

Goldschakale würden zunächst geschützte Räume, also etwa Naturschutzgebiete oder große ungestörte Flächen, nutzen. "Menschlicher Störung werden sie ausweichen", sagt die Wildtierforscherin. Gebe es ausreichend Nahrung, könne auch ein dichter Wald mit Strauchvegetation in Siedlungsnähe einen passenden Lebensraum bieten. "Spannend", so Hatlauf, "ist, dass selbst dort nur sehr wenig vom Schakal zu bemerken ist. Bis zu dem Zeitpunkt, wenn etwa eine Gruppe dann zu heulen beginnt."

Als sogenannter Generalist könne sich das Raubtier gut an verschiedene Lebensräume und Kulturlandschaften anpassen. "Man kann kaum ein Habitatmodell erstellen, weil er beinahe überall zurechtkommt", sagt sie. Nur in Wolfsterritorien werde sich der Goldschakal nach bisherigen Erkenntnissen wohl nicht niederlassen. Der "große Bruder" sei für ihn gleichzeitig der größte natürliche Feind.

Vielfältiger Speiseplan

Was den Speiseplan betrifft, so ist der Goldschakal ein Generalist, der nimmt, was er findet und kriegen kann: Kleinsäuger, Nager, Frösche, Eidechsen, Insekten, Mais, Beeren oder Aas. Aber auch Schlachtabfälle oder auch schon mal ein Lamm oder Schalenwild.

Wie der Fuchs, erbeutet der Goldschakal kleinere Tiere mit dem Mäuselsprung, wobei er mit allen Pfoten in die Luft springt und sich auf seine Beute fallen lässt. Größere Beutetiere jagt der Goldschakal gemeinsam mit seinem Partner oder im Rudel. Dabei wird die Beute so lange gehetzt, bis bis sie vor Erschöpfung aufgibt und niedergerissen werden kann.

Zahlreicher als der Wolf

Schätzungen zufolge gibt es europaweit an die 117.00 Tiere. Die Populationen entwickeln sich schnell. So stiegen die Abschusszahlen allein in Ungarn laut BOKU von 1.129 Tieren im Jahr 2011 auf über 12.000 Tiere im Jahr 2021. Auch in Österreich habe es in einigen Bundesländern bereits Nachwuchs gegeben und die Anzahl der Nachweise steige jährlich.

"In vielen Regionen sehen wir ab einer gewissen Schwelle vermutlich ein exponentielles Wachstum der Population", sagt Wildtierforscherin Jennifer Hatlauf, "doch da sind wir in Deutschland natürlich noch weit entfernt. Es gab gerade mal zwei bestätigte Reproduktionen und ansonsten vor allem Einzelnachweise, also einzelne Tiere, die auf der Suche nach Revier und Partner sind."

Keine Gefahr für Menschen

Für den Menschen geht vom Goldschakal definitiv keine Gefahr aus, betont man beim Bayerischen Landesamt für Umwelt wie auch beim Institut für Wildbiologie und Jagdwirtschaft an der BOKU in Wien. Ihn überhaupt zu Gesicht zu bekommen, werde die Ausnahme sein. "In der Regel", sagt Wissenschaftlerin Hatlauf, "wird der Goldschakal schon längst verschwunden sein, wenn ein Wanderer potenziell seinen Weg kreuzen könnte."

Es seien sehr scheue und vorsichtige Tiere, sagt Hatlauf: "Bei hohen Dichten werden sie näher an Siedlungen kommen können, aber zuerst werden sie Naturschutzgebiete und ruhige Gebiete nutzen." Zudem seien die Tiere dämmerungs- und nachtaktiv. Nur an seinem ganz besonderen Ruf, wird der, der genau hinhört, ihn erkennen können.