Symbolbild: Blick auf eine Apotheke
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Vor allem Familien macht es zu schaffen, Apotheken nach einem gerade knappen Medikament für ihre Kinder abzuklappern.

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Gesetz gegen Medikamenten-Engpässe beschlossen

Vor allem Familien macht es zu schaffen, Apotheken nach einem gerade knappen Medikament für ihre Kinder abzuklappern. Um dem entgegenzuwirken, beschloss der Bundestag nun ein Maßnahmenpaket. Doch am Gesetz gibt es breite Kritik.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Die Kleinen haben Fieber und erst die dritte Apotheke hat den passenden Fiebersaft. Um Eltern zukünftig derartige Situationen zu ersparen, beschloss der Bundestag dazu am Freitag ein Gesetz der Ampel-Koalition. Sicherheitspuffer von Vorräten mehrerer Monatsmengen für vielgenutzte Arzneimittel werden damit für Hersteller zur Pflicht. Zudem sollen Preisregeln gelockert werden, um Lieferungen nach Deutschland für Hersteller lohnender zu machen. Für Apotheken soll es leichter werden, bei nicht verfügbaren Präparaten auf ähnliche auszuweichen.

Deutschland soll als Absatzmarkt für Arzneimittel attraktiver werden

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte, eine übertriebene Ökonomisierung habe die Versorgung mit patentfreien Medikamenten über die vergangenen Jahre deutlich verschlechtert. Mittlerweile sei es eine "unhaltbare" Situation. "Wir korrigieren das und ändern die Rahmenbedingungen so, dass Deutschland als Absatzmarkt für Arzneimittel wieder attraktiver wird." Lauterbach rechtfertigte Mehrausgaben insbesondere für Kinder. "Wenn wir hier sparen, ist das nicht ethisch." Längerfristig müsse es auch möglich werden, dass patentfreie Medikamente wieder mehr in Europa produziert werden.

Kritik von Kassen, Herstellern und Opposition

Apotheken soll bei nicht verfügbaren Präparaten ein Ausweichen auf wirkstoffgleiche Mittel erleichtert werden. Das Bundesinstitut für Arzneimittel soll mehr Informationen aus dem Markt bekommen und ein Frühwarnsystem einrichten. Bei Ausschreibungen zu Kassenverträgen sollen europäische Produzenten stärker zum Zug kommen, zunächst bei Antibiotika-Wirkstoffen. Insgesamt rechnen die Kassen jährlich mit Mehrkosten "mindestens im hohen dreistelligen Millionenbereich", wie der Spitzenverband schon warnte. Dem stehe "die bloße Erwartungshaltung" auf Liefersicherheit gegenüber.

Der Verband der Hersteller patentfreier Medikamente, Pro Generika, warnte im Bezug auf den Sicherheitspuffer, dass Produktionskapazitäten dafür fehlten. Zudem verursache die Lagerhaltung noch mehr Kosten. Und das verschärfe den Kostendruck als eine Ursache für Ausstiege aus der Produktion.

Redner der Opposition lehnten die Gesetzespläne als unzureichend ab. Für die Union sprach Georg Kippels (CDU) von einem Scheinmedikament, das Ursachen nicht löse. Jörg Schneider (AfD) forderte eine komplette Abschaffung von Rabattverträgen für Arzneien. Ates Gürpinar (Linke) monierte: "Sie glauben, einfach mehr Geld bei der Pharmaindustrie löst das Problem."

Engpässe gab es zuletzt bei Fieber- und Hustensäften für Kinder, betroffen waren auch Krebsmedikamente und Antibiotika für Erwachsene. Aktuell sind gut 490 Meldungen zu Lieferengpässen amtlich erfasst.

Krankschreibungen per Telefon sollen dauerhaft ermöglicht werden

Das Gesetz sieht daneben andere Neuregelungen vor. Nach dem Aus einer Corona-Sonderregelung im April sollen Krankschreibungen per Telefon auch ohne Praxisbesuch dauerhaft möglich werden - vorausgesetzt, es geht um Erkrankungen ohne schwere Symptome und man ist bei dem Arzt oder der Ärztin schon aus früheren Behandlungen bekannt. Das soll Praxen und Patienten, besonders Eltern mit Kindern, entlasten. Die genaue Regelung dazu soll der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Kassen und Kliniken erarbeiten.

Gleichstellung im Medikamenten-Warntext

In Werbespots und Anzeigen für Medikamente soll der bekannte vorgeschriebene Warntext geändert werden und künftig lauten: "Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihre Ärztin, Ihren Arzt oder in Ihrer Apotheke". Damit solle "gleichstellungspolitischen Aspekten Rechnung getragen werden", heißt es im Entwurf. Ersetzt werden soll das seit drei Jahrzehnten lautende Satzende "... und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker".

Mit Informationen von dpa

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