Eine Einbürgerungsurkunde der Bundesrepublik Deutschland (l) und ein deutscher Reisepass liegen auf einem Tisch.  (Symbolbild)
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Der Bundestag stimmt am Freitag abschließend über die Reform des Einbürgerungsrechts ab.

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Bundestag beschließt Gesetz für schnellere Einbürgerungen

Der Bundestag hat heute eine Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts beschlossen. In namentlicher Abstimmung votierte eine Mehrheit der Abgeordneten für die Reform. Der Weg zum deutschen Pass soll einfacher werden. Es gibt aber auch Verschärfungen.

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Der Bundestag hat am heutigen Freitag die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts beschlossen. Für Ausländer, die in Deutschland leben, sind Einbürgerungen damit in kürzerer Zeit möglich: nach fünf statt bislang acht Jahren, beim Nachweis besonderer Integrationsleistungen wie Sprachkenntnissen nach drei statt bislang sechs Jahren.

Weg zum deutschen Pass soll einfacher werden

Die Reform soll Einbürgerungen vereinfachen und doppelte Staatsbürgerschaften grundsätzlich ermöglichen. Es gibt aber auch Verschärfungen. Die Einbürgerung von Menschen, die nicht für den eigenen Lebensunterhalt aufkommen können oder die sich nicht zur freiheitlich demokratischen Grundordnung in Deutschland bekennen, will die Regierung erschweren.

In namentlicher Abstimmung votierte eine Mehrheit der Abgeordneten für die Reform. Unter den 639 abgegebenen Stimmen waren 382 Ja-Stimmen und 234 Nein-Stimmen, bei 23 Enthaltungen. Bei der Abstimmung in zweiter Lesung hatten zuvor die Ampel-Fraktionen SPD, Grüne und FDP für die Neuerungen gestimmt und CDU/CSU sowie AfD dagegen. Die fraktionslosen Abgeordneten, von denen die meisten der Linken oder dem Bündnis Sahra Wagenknecht angehören, enthielten sich.

Das Gesetz soll drei Monate nach Verkündigung in Kraft treten - also voraussichtlich im April.

Integrationsbeauftragte: Viele Menschen haben auf Reform gewartet

Als erste Rednerin in der Bundestagsdebatte hatte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan (SPD), leidenschaftlich für die Reform geworben. Viele Menschen hätten schon lange auf diese Reform gewartet, sagte sie. Alabali-Radovan rief vor dem Hintergrund von Berichten über Deportationspläne rechtsextremer Netzwerke zum Widerstand gegen rassistische Ideologien auf. Viele Menschen mit familiärer Einwanderungsgeschichte hätten gerade Angst um ihre Zukunft, ihr Sicherheitsgefühl sei im Mark erschüttert.

Die Antidiskriminierungsbeauftragte der Bundesregierung, Ferda Ataman, sagte, die Reform komme zum richtigen Zeitpunkt, "weil sie ein deutliches Signal für Vielfalt und gegen rechtsextreme Deportationsfantasien setzt".

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte bereits zuvor erklärt, dass sie im neuen Staatsangehörigkeitsrecht eine Chance für Deutschland sieht. "Ich freue mich, dass wir jetzt endlich ein modernes Staatsangehörigkeitsrecht bekommen", sagte die SPD-Politikerin. Es brauche eine Wertschätzung für die Menschen, "die hier ins Land kommen und mit dazu beitragen, dass die Gesellschaft funktioniert", hatte Faeser betont.

Faeser verwies darauf, dass etwa in Frankreich Ausländer bereits jetzt schon nach fünf Jahren Staatsangehörige werden könnten. Sie betonte, es gehe beim Staatsangehörigkeitsrecht auch darum, im Wettbewerb mit Staaten wie den USA und Kanada qualifizierte Fachkräfte nach Deutschland zu locken.

Kritik von CDU und AfD an schnellerer Einbürgerung

Scharfe Kritik an der Reform äußerte in der Bundestagsdebatte die Union. Es sei das Gesetz "mit den weitreichendsten negativen Folgen in dieser Wahlperiode", sagte der CDU-Innenpolitiker Alexander Throm. Die Anforderungen zur Einbürgerung würden dadurch massiv gesenkt werden. Eine Einbürgerung nach drei oder fünf Jahren sei "viel zu schnell", betonte er.

Besonders kritisierte der CDU-Politiker, dass künftig generell auch eine doppelte Staatsbürgerschaft möglich sei. Damit trage die Ampel-Koalition Konflikte aus dem Ausland nach Deutschland. Auch mit Blick auf die antiisraelischen und antisemitischen Ausfälle nach dem Hamas-Massaker vom 7. Oktober sei dieses Gesetz "aus der Zeit gefallen".

Der AfD-Innenpolitiker Christian Wirth sprach von "Turboeinbürgerungen" und kritisierte: "Die deutsche Staatsbürgerschaft soll verramscht werden."

Die wichtigsten Punkte der geplanten Reform des Staatsangehörigkeitsrechts im Überblick.

FAQ zur Reform: Deutscher Pass früher möglich

Menschen aus dem Ausland, die schon lange legal in Deutschland leben, sollen sich künftig bereits nach fünf Jahren um den deutschen Pass bewerben können. Bislang beträgt die Frist im Regelfall acht Jahre. Bei "besonderen Integrationsleistungen" soll eine Einbürgerung künftig sogar schon nach drei Jahren möglich sein. Dies können etwa gute Sprachkenntnisse, ehrenamtliches Engagement oder sehr gute Leistungen in Schule oder Beruf sein.

Doppel-Pass: Mehrstaatigkeit grundsätzlich möglich

Bislang galt - bis auf wenige Ausnahmen - das Prinzip: Wer die deutsche Staatsbürgerschaft annimmt, muss die alte Staatsbürgerschaft ablegen. Künftig soll Mehrstaatigkeit grundsätzlich möglich sein. Der Entwurf verweist darauf, dass viele Zugewanderte bislang vor dem Verzicht auf die alte Staatsbürgerschaft zurückscheuen - auch wegen emotionaler Verbundenheit zu ihrem Herkunftsland beziehungsweise dem ihrer Eltern.

Die Regeln für in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern

Alle in Deutschland geborenen Kinder ausländischer Eltern sollen künftig ohne weiteren Vorbehalt die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten, wenn mindestens ein Elternteil seit mehr als fünf Jahren rechtmäßig in Deutschland lebt. Bislang lag die Frist bei acht Jahren. Prinzipiell können in Deutschland geborene Kinder die deutsche Staatsangehörigkeit und die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern erhalten und dauerhaft behalten.

Bekenntnis zum Grundgesetz

Das auch bisher schon verlangte Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung wird präzisiert. Der Entwurf stellt klar, dass "antisemitisch, rassistisch, gegen das Geschlecht oder die sexuelle Orientierung gerichtete oder sonstige menschenverachtend motivierte Handlungen" mit der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes unvereinbar sind.

Bekenntnis zum Schutz jüdischen Lebens

Nach den antisemitischen und israelfeindlichen Protesten in Deutschland infolge des Hamas-Angriffs auf Israel wurde eine weitere Passage ergänzt. Gefordert wird nun auch das Bekenntnis "zur besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft und ihren Folgen, insbesondere für den Schutz jüdischen Lebens". Mit Blick auf Russlands Angriff auf die Ukraine wird auch auf das "Verbot der Führung eines Angriffskrieges" verwiesen. Haltungen, die dem entgegenstehen, sollen eine Einbürgerung unmöglich machen.

Erleichterung für Migranten, die schon Jahrzehnte in Deutschland leben

Besondere Erleichterungen sollen für Angehörige der sogenannten Gastarbeitergeneration gelten, die oft schon Jahrzehnte in Deutschland leben. Diese älteren Migrantinnen und Migranten sollen künftig keinen schriftlichen Deutsch-Test mehr machen müssen, um eingebürgert zu werden. Auch sollen sie keinen schriftlichen Einbürgerungstest mehr absolvieren müssen. Mit diesen Erleichterungen soll die "Lebensleistung" dieser älteren Generation gewürdigt werden.

Nur wenn Lebensunterhalt aus eigener Kraft bestritten wird

Grundsätzlich soll nur die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten, wer den Lebensunterhalt für sich und unterhaltsberechtigte Familienangehörige aus eigenen Mitteln bestreiten kann. Es gibt allerdings Ausnahmen, etwa für einstige "Gastarbeiter", die bis 1974 nach Deutschland gekommen sind, oder frühere DDR-Vertragsarbeiterinnen und -arbeiter.

Bislang gilt im Gesetz, dass Menschen, die den Bezug von Sozialleistungen nicht selbst zu verantworten haben, eingebürgert werden können. Dieser Passus entfällt. Für diese Menschen soll künftig allein die Härtefallregelung gelten. Die Bundesregierung soll dazu Auslegungshinweise an die Behörden geben. Demnach sollen Rentnerinnen und Rentner, Menschen mit einer Krankheit oder Behinderung, Alleinerziehende, pflegende Angehörige sowie Schüler, Studierende und Auszubildende von der Härtefallregelung erfasst werden. Einen Rechtsanspruch gibt es für diese Gruppen dann aber nicht mehr.

Wann die Einbürgerung zurückgenommen werden kann

Schon bisher kann eine Einbürgerung nach Paragraf 35 Staatsangehörigkeitsgesetz binnen zehn Jahren, etwa bei arglistiger Täuschung oder unrichtigen Angaben widerrufen werden. In dem Reformentwurf wird nun klargestellt, dass auch unrichtige Erklärungen zum Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung zur Rücknahme führen können.

Die Einbürgerungsurkunde soll grundsätzlich im Rahmen einer öffentlichen Feier ausgehändigt werden.

Das Bundesinnenministerium beziffert die Zahl der Menschen, die mit ausländischer Staatsbürgerschaft in Deutschland leben, auf rund zwölf Millionen. Von diesen halten sich demnach rund 5,3 Millionen seit mindestens zehn Jahren in Deutschland auf.

Mit Informationen von AFP, Reuters, dpa, epd

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