Genf, 10.10.22: Angela Merkel mit dem UNHCR Nansen Refugee Award.
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Genf, 10.10.22: Angela Merkel mit dem UNHCR Nansen Refugee Award.

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Preis für Merkel: "Es gibt nichts Gutes - außer man tut es"

Auszeichnung für die frühere Bundeskanzlerin: Angela Merkel hat in Genf den Nansen-Preis des UN-Flüchtlingswerks erhalten. Das Komitee würdigte "Führungsstärke, Mut und Mitgefühl". Merkel erwähnte in ihrer Rede auch die "enormen Herausforderungen".

Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist mit dem Flüchtlingspreis des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) geehrt worden. Merkel nahm die Auszeichnung am Montag in Genf entgegen. Dabei rief sie dazu auf, die Rechte von Flüchtlingen zu respektieren und keine Menschen in Länder zurückzuschicken, in denen sie verfolgt werden.

Das UNHCR-Auswahlkomitee würdigte Merkel für ihre "Führungsstärke, ihren Mut und ihr Mitgefühl". Deutschland habe auf dem Höhepunkt der Syrien-Krise in den Jahren 2015 und 2016 mehr als 1,2 Millionen Flüchtlinge und Asylsuchende aufgenommen, die von Gewalt und Verfolgung bedroht gewesen seien.

Grandi: Preis für Merkel ist Anerkennung für ganz Deutschland

Merkel habe damals "Vision, Mut und Stärke" bewiesen, sagte UN-Flüchtlingschef Filippo Grandi, als er ihr die goldene Nansen-Medaille überreichte. In einer Zeit, in der die Zahl der Vertriebenen weltweit zum ersten Mal die 100-Millionen-Grenze überschritten hat, müsse das ein Beispiel für andere Staatsoberhäupter sein.

"Der Preis ist eine Anerkennung für die Ex-Kanzlerin, weil sie an der Regierung war und letztlich die Entscheidungen getroffen hat", betonte Grandi. "Aber es ist auch eine Anerkennung dafür, was ganz Deutschland gemacht hat, um mehr als eine Millionen Menschen aufzunehmen."

Merkel: Niemand verlässt Heimat leichtfertig

Bei der Entgegennahme des Preises vor rund 500 Menschen räumte Merkel ein, dass Deutschland vor "enormen Herausforderungen" gestanden habe, als so viele Flüchtlinge auf einmal ins Land strömten. Aber die ehemalige Kanzlerin, die damals ihren berühmten Satz "Wir schaffen das" aussprach, sagte, sie sei stolz darauf, dass die Deutschen ihr Recht gegeben hätten. In ihrer Rede zitierte sie auch den Dichter und Schriftsteller Erich Kästner: "Es gibt nichts Gutes, außer man tut es."

Merkel lobte auch die Türkei, Syriens nördlichen Nachbarn, für die Aufnahme von 3,8 Millionen geflüchteten Menschen. Zudem wies sie auf die hohe Zahl von Flüchtlingen hin, die im Verhältnis zur Einwohnerzahl im Libanon und in Jordanien aufgenommen wurden. Für Deutschland sei die damalige Situation eine Herausforderung gewesen, aber andere Länder hätten noch größere Aufgaben bewältigen müssen, sagte die Altkanzlerin.

Altkanzlerin will Preisgeld spenden

Sie hoffe, dass sich in Zukunft mehr Menschen verpflichtet fühlen, anderen Menschen in Not Zuflucht zu gewähren, sagte Merkel. Niemand verlasse seine Heimat leichtfertig und ohne sorgfältige Überlegung. Sie widmete den Preis den zahlreichen Helfern, die die Aufnahme von mehr als einer Million vorwiegend syrischen Flüchtlingen 2015 und 2016 in Deutschland möglich machten.

Merkel kündigte an, sie werde die umgerechnet etwa 154.000 Euro Preisgeld vier weiteren Preisträgern spenden, die ebenfalls ausgezeichnet wurden. Dazu gehören eine Ärztin im Irak und eine Frau, die Geflüchtete in Costa Rica seit mehr als 50 Jahren unterstützt.

Merkels Entscheidungen waren damals innerhalb der Union, aber auch in der Gesellschaft umstritten. Mit dem damaligen CSU-Chef Horst Seehofer geriet sie beim Flüchtlingsthema immer wieder aneinander. Ihre Flüchtlingspolitik stieß gerade auch in den ostdeutschen Bundesländern auf Kritik.

Flüchtlingspreis wird seit 1954 vergeben

Der nach dem norwegischen Entdecker, Wissenschaftler, Diplomaten und Humanisten Fridtjof Nansen benannte Preis wird seit 1954 jedes Jahr vom UNHCR an eine Persönlichkeit, Gruppe oder Organisation verliehen, die sich in herausragender Weise für den Schutz von Flüchtlingen, Binnenvertriebenen oder Staatenlosen eingesetzt hat. Preisträger waren unter anderem der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker und das Memorial-Menschenrechtszentrum in Russland.

(mit Informationen von AFP, AP und dpa)

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