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Koalitionsverhandlungen von Union und SPD

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Analyse zum Unmut in der CDU: Ist Angela Merkel am Ende?

Die SPD hat ihren Parteichef Martin Schulz in einer Hauruck-Aktion abgesägt. Droht Angela Merkel dasselbe Schicksal? Tatsächlich rumort es in der CDU. Aber abschreiben sollte man die Kanzlerin noch nicht. Eine Einschätzung von Wolfgang Kerler

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Angela Merkels Tage als Parteichefin sind mit ziemlicher Sicherheit noch nicht gezählt. Sie führt die CDU seit 18 Jahren - und das obwohl die alten, mächtigen Herren in der Partei sie anfangs für eine "Übergangslösung" hielten. Merkel sollte man nie unterschätzen.

Die CDU ist nicht die SPD

Ja, es rumort in der CDU. So stark wie lange nicht mehr. Einzelne Abgeordnete und Funktionäre trauen sich, öffentlich eine Erneuerung zu fordern. Eine Zeit nach Merkel scheint plötzlich möglich. Die Unzufriedenheit ist echt.

Aber: Die CDU ist nicht die SPD. Deshalb muss Merkel keine Angst haben, dass es ihr wie Martin Schulz geht. Das hat zum einen damit zu tun, wer ihre Kritiker sind. Die lassen sich in zwei Kategorien einteilen: Polit-Rentner und junge Wilde.

Polit-Rentner ohne Einfluss

Auf der Suche nach Interviewpartnern haben die politischen Redaktionen der Republik gerade besonders bei Ex-Politikern Erfolg, die noch eine Rechnung mit Merkel offen haben. Entweder, weil sie von dieser aufs Abstellgleis geschoben wurden. Oder, weil sie Entscheidungen der Kanzlerin für falsch hielten.

Ihre Namen lauten Friedrich Merz, Roland Koch oder Wolfgang Bosbach, also ein Ex-Fraktionschef, ein Ex-Ministerpräsident und ein Ex-Abgeordneter. Sie alle kritisieren in Interviews den Ausgang der Koalitionsverhandlungen - und wollen damit vor allem Merkel treffen.

Junge Politiker fordern mehr Mitsprache

Ebenfalls unzufrieden mit der Kanzlerin sind aufstrebende Politiker, die noch eine große Zukunft haben könnten. Sie setzen sich wohl auch deshalb für eine Erneuerung der CDU ein, weil sie selbst davon profitieren würden.

Zu den jungen Wilden gehören: Jens Spahn, Carsten Linnemann oder auch Paul Ziemiak, also ein Noch-Staatssekretär, der Chef der Unions-Mittelstandsvereinigung und der Chef der Jungen Union. Das Problem, das Rentner und junge Wilde teilen: Keiner von ihnen ist in der CDU einflussreich genug, um Merkel mal eben abzusetzen.

CDU bleibt Kanzlerwahlverein

Zumal man eines nicht vergessen darf - und damit folgt der zweite Grund, warum Merkel noch ruhig schlafen kann: Die CDU gilt nicht umsonst als "Kanzlerwahlverein".

Solange es niemand wagt, Merkel öffentlich herauszufordern, und niemand das Zeug hat, bei Wahlen mehr Stimmen zu holen als Merkel, solange wird die CDU vielleicht ein bisschen grollen. Aber am Ende wird sie sich hinter ihrem immer noch stärksten Zugpferd versammeln. Und das bleibt: Merkel.

Es ist daher mehr als fraglich, ob eine Mehrheit der Partei wegen der aus CDU-Sicht etwas unglücklichen Ressortverteilung gleich den Aufstand probt. Denn im Grund echauffieren sich die Merkel-Gegner vor allem, weil Merkel der SPD das Finanzministerium überlässt. Der Preis für eine neue GroKo.

Hat Merkel wirklich so schlecht verhandelt?

Ganz so dramatisch ist dieser Schritt aus CDU-Sicht allerdings auch wieder nicht: Der Bundesfinanzminister entscheidet schließlich nicht, wofür der Staat wie viel Geld ausgibt. Das entscheidet der Bundestag. An der Union vorbei geht also nichts.

Außerdem muss sich auch ein SPD-Finanzminister an den Koalitionsvertrag halten. Und in dem haben sich die drei Parteien darauf geeinigt, weiterhin keine neuen Schulden zu machen.

Sollte der SPD-Minister dann doch seinen eigenen Kopf durchsetzen wollen, bleibt Merkel ihre Richtlinienkompetenz als Kanzlerin. Aber: Die wird sie vermutlich gar nicht brauchen. Mit Peer Steinbrück als Finanzminister hat sie schließlich reibungslos zusammengearbeitet. Der kam von der SPD.

Merkel kommt ihren Kritikern entgegen

Wirklich bedrohlich ist die Lage für Merkel also noch nicht. Aber ungemütlich genug, um sie nicht einfach auszusitzen. Merkel musste reagieren. Im ZDF-Interview kam sie ihren Kritikern ein Stück entgegen.

"Wir haben sechs Ministerposten zu besetzen - und da wird natürlich von meiner Seite auch darauf zu achten sein, dass wir nicht nur die Über-60-Jährigen berücksichtigen, sondern auch jüngere Leute berücksichtigen." Angela Merkel, CDU, geschäftsführende Bundeskanzlerin

Merkel wird also junge Köpfe ins Kabinett holen oder in die Parteispitze als Generalsekretär. Julia Klöckner oder Jens Spahn werden immer wieder genannt. Damit hat die CDU dann auch Personal für die Zeit nach Merkel.

Wie lange bleibt sie Kanzlerin?

Wann genau die Nach-Merkel-Ära anbricht, lässt sich aber noch schwer sagen. Merkel selbst besteht darauf, vier Jahre Kanzlerin zu bleiben - und Parteivorsitzende. Dafür sei sie angetreten. Sollten die Umfragen stimmen, wird die CDU wahrscheinlich auch mitziehen.