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Nikolaus Neumaier, Leiter Landespolitik beim BR

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Landtag beschließt PAG: Die CSU geht auf Nummer Sicher

Allen Protesten zum Trotz: Der Landtag hat mithilfe der CSU-Mehrheit das neue Polizeiaufgabengesetz beschlossen. Die Kritik am PAG war laut – und teilweise überzogen. Aber auch die CSU muss sich einiges vorwerfen lassen. Kommentar Nikoklaus Neumeier

Es ist eine Frage des Blickwinkels. Wer die größtmögliche Sicherheit vor terroristischen Anschlägen, Amokläufen oder Gewalt im privaten Umfeld will, der wird das neue Polizeiaufgabengesetz als richtigen Schritt sehen. Wem die bürgerlichen Freiheiten ein hohes Gut bedeuten und wer der Meinung ist, dass dem Staat deutliche Grenzen gesetzt werden sollen, der wird das Gesetz als Grenzüberschreitung werten. Das neue Polizeiaufgabengesetz gründet auf einem schmalen Grat. Vermutlich ist es gerade noch verfassungskonform, doch möglicherweise geht es auch schon zu weit, weil der Rechtsbegriff der drohenden Gefahr nicht nur auf den Terrorismus beschränkt wird.

Kein Polizeistaatsgesetz

Dass die Polizei ein neues, modernes Gesetz als Rahmen des Erlaubten benötigt, bezweifeln auch die Kritiker nicht. Im Kampf gegen Terroristen, gegen Waffen- und Drogenhändler im Darknet braucht die Polizei mehr Möglichkeiten. Da darf die Cloud nicht tabu sein, da muss die Polizei auch mitlesen können, was Verdächtige auf ihrem Handy verschicken. Bei einer Gesellschaft, die anscheinend zunehmend gewaltbereiter wird oder verroht, muss die Polizei auch die Handhabe besitzen, potentielle Amokläufer aus dem Verkehr zu ziehen, bevor sie ihre Phantasien in die Tat umsetzen. Der Rechtsstaat kann nicht zusehen bis etwas passiert und dann entschuldigend mit den Schultern zucken. Das Gesetz ist also kein Unfreiheitsrecht und kein Polizeistaatsrecht. Dass in der aufgeheizten Debatte dieses Gesetz von Gegnern in die Nähe der Nazijustiz gerückt wurde, ist eigentlich ein Skandal. SPD und Grüne sollten mal darüber nachdenken, mit wem sie sich hier so manche Bühne geteilt haben.

CSU hat Brisanz der Kritik nicht erkannt

Dass die Debatte so aus dem Ruder laufen konnte, ist aber in erster Linie die Verantwortung der CSU. Die CSU ist erst aufgewacht, als zigtausend am Vatertag auf der Straße demonstriert haben. Zu spät hat die CSU gemerkt, dass unter denen, die da protestieren mehrheitlich normale Bürger sind. Statt zu argumentieren, wurden die Kritiker als Lügner und Linksradikale beschimpft. Markus Söder, der Ministerpräsident, hat wohl als erster die Misere erkannt und versucht nun seit Tagen dagegen zu steuern. Er will die Schüler und Studenten, aber auch bürgerliche Großstadtbewohner gewinnen und Polizisten zum Diskutieren in die Schulen und Hochschulen schicken.

Erst Gesetz, dann Dialog ist fragwürdig

Tatsächlich ist Söders Dialoginitiative das Eingeständnis, dass es bisher an diesem Dialog fehlte. Wer zuerst ein umstrittenes Gesetz beschließt und erst hinterher auf die Idee kommt, dafür zu werben, hat etwas falsch gemacht oder nicht verstanden, wie moderne Demokratie funktioniert.

Ministerpräsident Söder übrigens hat sich in der Schlussdebatte im Plenum nicht zu Wort gemeldet. Horst Seehofer hätte das vermutlich anders gehandhabt und auch im Plenum klar gemacht, dass so ein wichtiges Gesetz Chefsache ist.