Polizisten stehen neben einem der beschädigten Waggons nach dem Zugunglück von Burgrain auf dem Gleis.
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Polizisten stehen neben einem der beschädigten Waggons nach dem Zugunglück von Burgrain auf dem Gleis.

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Zugunglück bei Garmisch: Zweifel an Stabilität des Bahndamms

Gut acht Monate nach dem Bahnunglück mit fünf Toten in Burgrain bei Garmisch-Partenkirchen müssen Züge auf dem reparierten Unfallabschnitt langsamer fahren. Die Maßnahme erweckt Misstrauen beim Fahrgastverband Pro Bahn.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Das tödliche Zugunglück von Garmisch-Partenkirchen hat die Region schwer erschüttert. Monatelang fuhren keine Züge. Seit November rollt der Verkehr an der reparierten Unfallstelle wieder. Nun lässt die Bahn vorsorglich das Tempo drosseln. Norbert Moy von Fahrgastverband Pro Bahn ist daher misstrauisch.

Züge fahren an der Unfallstelle langsamer

Acht Monate nach dem Bahnunglück mit fünf Toten in Garmisch-Partenkirchen fahren Züge an der Unfallstelle langsamer. Grund für die reduzierte Geschwindigkeit ist ein weiteres Gutachten der Münchner Staatsanwaltschaft, die zur Unfallursache ermittelt. Demnach sei der Bahndamm an der mittlerweile wieder reparierten Unglücksstelle durchwässert – was zu Problemen führen könne.

Als Reaktion auf das Gutachten dürfen seit Dienstag die Züge auf einer 600 Meter langen Strecke rund um die damalige Unfallstelle nur noch mit 70 Stundenkilometern fahren. Das geht aus dem internen Verzeichnis der Langsam-Fahrstellen der Deutschen Bahn hervor.

Pro Bahn: Mehr Dinge gefunden als gedacht

Als Begründung wird ein "Untergrundmangel" genannt. Norbert Moy von Pro Bahn Oberbayern machen die Untersuchungen skeptisch: "Nach dem Unfall wurde ja der Damm fast zwei Monate lang gründlich untersucht, das deutet schon darauf hin, dass man hier mehr Dinge gefunden hat als gedacht". In Bayern gibt es aktuell besonders viele Langsamfahrstellen. Norbert Moy sagte im Juni, die Zahl sei seit dem Zugunglück in Garmisch in die Höhe geschnellt.

Langsam-Fahrstelle nur "provisorische Sicherheitsmaßnahme"

Moy hält die Unfallursache für das Zugunglück für vielschichtiger als gedacht. "Bisher war ja nur die Rede von schadhaften Betonschwellen. Es könnte aber auch eine Kombination sein mit nicht tragfähigem Untergrund. Die Einrichtung der Langsam-Fahrstelle sei nur eine provisorische Sicherheitsmaßnahme, sagt Moy. "Am Ende muss ja wieder die normale Streckengeschwindigkeit gefahren werden, damit auch die Fahrpläne eingehalten werden können." Pro Bahn befürchte nun wieder langwierige Baustellen mit entsprechenden Folgen für die Fahrgäste, wie etwa Schienenersatzverkehr.

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An dieser Stelle hat sich das Zugunglück ereignet.

Bahn prüft, ob weitere Maßnahmen erforderlich

"Rein vorsorglich folgen wir der Empfehlung des Gutachters, mit geringerer Geschwindigkeit in diesem Streckenabschnitt zu fahren", erläuterte eine Sprecherin der Bahn. "Nach den bislang vorliegenden Erkenntnissen lagen keine Hinweise darauf vor, dass der Bahndamm unfallursächlich gewesen sein könnte." Das Gutachten liege der Bahn seit Kurzem vor. "Wir prüfen aktuell, ob weitere Maßnahmen erforderlich sind. Dies beansprucht Zeit", so die Sprecherin weiter.

Anklagebehörde ermittelt weiter gegen vier Bahnmitarbeiter

Der Staatsanwaltschaft liegen nach Auskunft einer Sprecherin derzeit drei Einzelgutachten vor, darunter jenes, das sich mit dem Untergrund beschäftigt. Dieses sei präventiv an die Bahn weitergeleitet worden, um dieser die Möglichkeit zu einer Reaktion zu geben. Die abschließende Bewertung bleibe jedoch einem Gesamtgutachten vorbehalten, das noch ausstehe. Die Anklagebehörde ermittelt weiter gegen vier Bahnmitarbeiter wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung.

Ursachen des Unglücks untersucht

Schon im Juli waren bei einer Pressekonferenz der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) Szenarien zu möglichen Ursachen des Unglücks vorgelegt worden, die auf den Untergrund des Bahndammes zielten. Ein Faktor könnte nach Darstellung der damals von der GDL geladenen Berater die Verlegung eines Wildbaches vor rund 20 Jahren gewesen sein. Der Bach läuft nun zwischen Bundesstraße und Gleis.

Das Wasser könne zur Instabilität des sehr hohen Bahndamms beigetragen haben, erläuterten im Juli der Hamburger Nahverkehrsberater Dieter Doege und Michael Jung vom Umweltverband Prellbock Altona. Zudem belasteten Doppelstockwagen in Kurven mit ihrem höheren Schwerpunkt die Außenschiene und damit die von dem Bach umflossene Bahndammseite besonders. Die Deutsche Bahn hatte zumindest in der Gegend Gleisarbeiten geplant, wie aus einer Baustelleninformation hervorging.

Zugunglück bei Garmisch: Fünf Menschen starben

Bei dem Unglück in Garmisch-Partenkirchen Anfang Juni waren vier Frauen sowie ein 13-Jähriger gestorben, Dutzende Menschen wurden verletzt, einige davon schwer. Die Bahn begann als Konsequenz damit, bundesweit rund 200.000 Betonschwellen zu überprüfen. Die Mehrzahl davon sollte vorsorglich ausgetauscht werden. Zehn Millionen Euro habe die Bahn nach dem Zugunglück von Burgrain in das Werdenfels-Netz gesteckt, sagte der Streckenverantwortliche Christoph Herzog dem Bayerischen Rundfunk.

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