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Islamunterricht

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Wie läuft der Islamunterricht in Bayern?

Knapp 15 Prozent der muslimischen Kinder in Bayern bekommen Islamunterricht an Schulen. Noch. Denn die Zukunft ist ungewiss seit der neue Kultusminister Bernd Sibler (CSU) im Amt ist. Obwohl Experten sagen: Der Modellversuch ist ein Erfolgsprojekt.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Sie reiten auf Kamelen in der Wüste - irgendwo in der Nähe von Medina. Die Tiere schaukeln ein bisschen hin und her. Es ist heiß. Das sollen sich die Kinder in dieser Stunde im Islamunterricht vorstellen. Sie gehen in die zweite Klasse und ihr Lehrer Ahmet Tutam hat eine Geschichte vorbereitet. Die Geschichte vom weinenden Kamel, dem der Prophet Mohammed schließlich hilft.

"Kinder, ihr wisst Prophet Mohammed darf man nicht zeichnen - deshalb habe ich Mohammed als Playmobilfigur hier und das Gesicht mit Farbe bedeckt." Ahmet Tutam, Islam-Lehrer

Mit Spielzeug stellt Ahmet Tutam gemeinsam mit den Kindern die Geschichte nach. So wie im christlichen Religionsunterricht biblische Geschichten erzählt werden. Seit neun Jahren unterrichtet der gebürtige Türke islamische Religion an bayerischen Schulen. Ausgebildet wurde er unter anderem an der Universität in Erlangen. Die Ankündigung des neuen Kultusministers Bernd Sibler diesen Unterricht erst einmal doch nicht auszuweiten ist für Ahmet Tutam nicht nachvollziehbar.

"In der Moschee lernen Kinder nur den Koran zu lesen, die Buchstaben. Aber man versteht dann Islam so nicht richtig. Hier unterrichten wir auch die Bedeutung." Ahmet Tutam

Unterricht auf Deutsch

Und genau das sei das Entscheidende, um vorzubeugen, gegen Radikalisierung von Jugendlichen - und, um zu integrieren. Unterrichtet wird auf deutsch - streng nach bayerischem Lehrplan. Die Lehrkräfte werden an deutschen Universitäten ausgebildet, wie evangelische oder katholische Religionslehrer auch. Bislang hat Bayern den Islamunterricht immer nur als Modellversuch gelten lassen. Und er wurde mehrfach verlängert. Das heißt: Nur ein Bruchteil der muslimischen Kinder und Jugendlichen im Freistaat konnte bisher teilnehmen - etwa zehn bis 15 Prozent.

Deshalb fordert der bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband schon lang eine Ausweitung genauso wie SPD und Grüne im Landtag - und auch die Kirchen. Bislang vergeblich. Die Theologin und Religionspädagogin Elisabeth Naurath von der Universität Augsburg ist überzeugt: Islamunterricht ist schon jetzt eine Chance.

"Es ist eine Frage der Gleichstellung, dass jedes Kind ein Recht auf religiöse Bildung hat – auch muslimische Kinder und Jugendliche und sie haben Lebensfragen im Blick auf ihren Glauben und sie brauchen adäquate Gesprächspartner, ausgebildete Religionslehrer, die auf einem guten wissenschaftlichen Niveau mit ihnen ins Gespräch kommen können und mit ihnen nach Antworten suchen können, mit aller Freiheit so wie unsere Schulen das gewährleisten." Elisabeth Naurath, Religionspädagogin

Staatsregierung präferiert "verstärkten" Ethikunterricht

Doch der neue bayerische Kultusminister Bernd Sibler will jetzt, anders als sein Vorgänger, nach fast zehn Jahren den Islamunterricht evaluieren und gleichzeitig prüfen lassen, ob ein "verstärkter" Ethikunterricht nicht dasselbe leisten kann.

"Natürlich möchten wir nicht, dass in Hinterhofmoscheen ein schiefes Bild entwickelt wird. Aber wir möchten uns das erst einmal auf Basis der jetzt bestehenden Schulen anschauen." Bernd Sibler, bayerischer Kultusminister

Für Ahmed Tutam, seine Kollegen und die muslimischen Familien ist mit der Kehrtwende in der CSU alles offen. Momentan wissen sie nur, dass der Modellversuch zum Islamunterricht Ende des kommenden Schuljahres ausläuft. Ahmed Tutam wäre dann erst einmal ohne Job.

"Diese Unklarheit bringt uns durcheinander. Wir fühlen uns wie in der Bushaltestelle. Kommt der Bus oder nicht? Oder hat er Verspätung?" Ahmet Tutam