Armin Grein war der erste Freie Wähler, der in Bayern einen Landratsposten einnahm.
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Armin Grein war der erste Freie Wähler, der in Bayern einen Landratsposten einnahm.

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"Urvater der Freien Wähler": So ehren Weggefährten Armin Grein

"Charming Armin", das war der Spitzname von Armin Grein, der als erster Freier-Wähler-Landrat in Bayern 24 Jahre lang dem Landkreis Main-Spessart vorstand. Auf seinen Tod reagieren Weggefährten und Freunde nun mit Bestürzung – und viel Hochachtung.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Mainfranken am .

24 Jahre war der Marktheidenfelder Armin Grein Landrat von Main-Spessart, von 1984 bis 2008 - und der erste Freie Wähler überhaupt im Freistaat Bayern. Am Sonntag ist der Marktheidenfelder Ehrenbürger im Klinikum Main-Spessart in Lohr nach längerer Krankheit gestorben. Für viele kam der Tod des 84-jährigen ehemaligen Landrats sehr plötzlich – und erschüttert dementsprechend gleichermaßen politische Weggefährten wie Freunde.

Amtsnachfolger: "Große Spuren hinterlassen"

Sowohl politisch als auch persönlich hatte sein direkter Nachfolger im Amt, Ex-Landrat Thomas Schiebel (Freie Wähler) zu ihm eine enge Verbindung. Armin Grein habe große Spuren hinterlassen, für seinen Landkreis und die Menschen viel erreicht. Schiebel ist dem Verstorbenen dankbar, dass dieser ihm trotz ihrer unterschiedlichen Charaktere immer die Freiheit gelassen habe, einen eigenen Weg zu finden. Bei Bedarf habe er aber stets hilfreich und unterstützend zur Seite gestanden.

Auch in Bezug auf die Landespolitik war Armin Grein ein Pionier für die Freien Wähler, die er organisatorisch auf Landesebene gegründet hatte. Hubert Aiwanger führte die Partei dann als sein Nachfolger in den Landtag. Auch Grein und Aiwanger seien sicherlich unterschiedliche Charaktere. Aber Armin Grein habe trotzdem die Freien Wähler immer unterstützt und begleitet und sich große Verdienste erworben, so Schiebel.

Kompromissbereit und zugänglich

Von Anfang an ein politischer Weggefährte und bis zuletzt ein enger Freund Greins ist der 80-jährige Freie Wähler Heinz Nätscher aus Urspringen im Landkreis Main-Spessart. Sie starteten gemeinsam 1984 im Kreistag, Nätscher vertrat dort in fünf Perioden die Freien Wähler, unter anderem als Fraktionsvorsitzender und 18 Jahre als Stellvertreter von Armin Grein. Nätscher war Landwirt, Armin Grein Lehrer – aber es habe viele Parallelen in ihrem Leben gegeben. Beide haben sie drei Kinder, von denen zwei sogar miteinander die Schulbank im Gymnasium gedrückt hatten. Die Familien waren eng verbunden, feierten manchmal gemeinsam Weihnachten und Silvester und tranken bis zuletzt gern gemeinsam einen Schoppen, wie Nätscher erzählt.

"Es war immer leicht, mit Armin zu arbeiten, aber auch zu feiern", sagt der tief betroffene Heinz Nätscher. Er sei froh darum, dass sein Freund und politischer Weggefährte im Lohrer Kreiskrankenhaus mehr oder weniger eingeschlafen sei, nachdem er schon länger krank gewesen war.

Nätscher schätzte an Armin Grein, dass dieser kompromissbereit und zugänglich war, man immer mit ihm diskutieren konnte. Gern erinnere er sich an gemeinsame politische Aktionen wie die Zusammenführung der verschiedenen Listen der Freien Wähler im Landkreis zu einer Freien-Wähler-Liste, die stark gewesen sei in Main-Spessart. Grein habe etwa auch den Landratsschoppen so richtig etabliert, die Landrad(t)s-Tour vor über 30 Jahren ins Leben gerufen, mit teilweise bis zu 500 Mitradlern.

Zuvorkommender Mensch und Chef

"Er war immer zuvorkommend und ein umgänglicher Mensch", das sagt einen Tag nach seinem Tod Elke Rosenberger aus dem Vorzimmer im Landratsamt. Sie hat dort 18 Jahre mit Armin Grein zusammengearbeitet, danach mit Thomas Schiebel und jetzt mit CSU-Landrätin Sabine Sitter. Ihre Chefs seien sehr unterschiedlich gewesen. Sie schmunzelt über den landläufigen Begriff, den die Menschen aus Main-Spessart gern wählten, wenn sie an ihren Landrat dachten: "Charming Armin".

Der ehemalige Karlstadter Bürgermeister Paul Kruck kam als Freier Wähler erst 2008 ins Rathaus und auch in den Kreistag. Armin Grein war gerade ausgeschieden. Aber der Bezirksvorsitzende der Freien Wähler hat natürlich den FW-Grandseigneur aus Marktheidenfeld gut gekannt. "Armin Grein war lange DAS Gesicht der Freien Wähler, nicht nur in Unterfranken. Er hat den Grundstein für die politischen Erfolge der letzten Jahrzehnte gelegt. Ohne ihn wären wir heute nicht die zweitstärkste politische Kraft der Mitte", so Kruck. Er habe noch vor drei Wochen ausgiebig mit ihm die politische Weltlage diskutiert: "Deshalb lässt mich die Nachricht von seinem Tod betroffen, aber auch dankbar für sein Lebenswerk zurück."

Großes Vorbild für die Kultusministerin

Auch Bayerns Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) lebt im Landkreis Main-Spessart – sie im östlichen Bereich in Arnstein, wo sie einst Bürgermeisterin war, ihr Parteifreund Grein war im westlichen Landkreis zu Hause. Er habe sie für die Freien Wähler entdeckt, gefördert, mit ihren 41 Jahren könnte sie beinahe die Enkelin, aber zumindest die Tochter des fast 85-jährigen Verstorbenen sein. "Danke Armin! Du warst ein großes Vorbild und wirst es immer bleiben", nimmt sie Abschied von ihm in den sozialen Medien, begleitet von vielen Fotos von gemeinsamen Auftritten.

Sie teilt weiter auf Nachfrage von BR24 mit: "Der Tod von Armin Grein hat mich auch persönlich sehr getroffen. Schon als Kommunalpolitikerin war er ein großes Vorbild für mich und wird es immer bleiben. Er wird mir als politischer Ratgeber und persönlicher Freund sehr fehlen."

Spur gelegt für die Freien Wähler

"Ich bin sehr bestürzt, von Armins Tod zu erfahren", reagiert Landrätin Tamara Bischof aus dem Landkreis Kitzingen, die nach eigenen Worten eng mit ihm verbunden war. Sie erinnert sich noch gut an ihre erste Nominierungsversammlung im Jahr 2000 in Mainstockheim, wohin auch der damalige Main-Spessart-Landrat Grein als Freier Wähler eingeladen war. Er sei sehr stolz gewesen, dass sie es als zweite Freie Wählerin auf den Landratssessel geschafft hatte. "Er ist der Urvater der Freien Wähler, war ein sehr angenehmer Mensch, hat mir alle Kontakte genannt, die für mich wichtig waren und Persönlichkeiten vorgestellt." Und ja, er sei immer um Ausgleich bemüht gewesen, so Bischof. Armin Grein habe die Spur gelegt für die Freien Wähler und viel erreicht.

Der Marktheidenfelder Armin Grein machte sich weit über Main-Spessart hinaus einen Namen als Landesvorsitzender (1978 bis 2006) und Bundesvorsitzender (1998 bis 2010) der Freien Wählergemeinschaften. Später war er jeweils Ehrenvorsitzender und wurde vielfach ausgezeichnet für sein Lebenswerk als demokratischer Pionier. Grein gehörte dem Bezirkstag an und war auch sechs Jahre Bezirkstagsvizepräsident.

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