Russen stürmen Stahlwerk in Mariupol
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Russen stürmen Stahlwerk in Mariupol

Russische Truppen haben damit begonnen, das Asow-Stahlwerk in Mariupol zu stürmen. Unterdessen hat Frankreichs Präsident Macron mit dem russischen Machthaber Putin telefoniert - der Kreml erneuerte danach seine Vorwürfe an den Westen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Die russische Armee und pro-russische Kämpfer haben eine Offensive auf das Asow-Stahlwerk in der ukrainischen Hafenstadt Mariupol gestartet. Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte, Einheiten der russischen Armee und der Volksrepublik Donezk hätten "mit Artillerie und Flugzeugen" begonnen, Gefechtsstellungen ukrainischer Truppen zu zerstören.

Die ukrainische Armee bestätigte den Angriff. Die russischen Streitkräfte versuchten, "eine große Anzahl an Bodentruppen mit Booten" anzulanden.

Das Werk ist der letzte Rückzugsort der ukrainischen Einheiten in Mariupol und damit die letzte Bastion des Widerstands in der Stadt. In den vergangenen Tagen wurden Zivilisten, die in einem Tunnelsystem unter dem Werksgelände Zuflucht gesucht hatten, dank eines Waffenstillstands teilweise evakuiert.

Inzwischen konnten nach Angaben der Vereinten Nationen etwa 101 Menschen das Stahlwerk verlassen, darunter mehrere Verwundete. Die meisten Evakuierten sind demnach inzwischen in der Stadt Saporischschja, wo sie humanitäre Hilfe erhielten.

"Sind die ganze Nacht lang bombardiert worden"

Auf ukrainischer Seite erklärte Swjatoslaw Palamar, stellvertretender Kommandeur des Asow-Regiments, dem Nachrichtenportal Ukrainska Prawda: "Wir sind die ganze Nacht lang bombardiert worden." Zwei Frauen seien getötet worden. Palamar forderte vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj "entschlossenes Handeln, da die Lage sehr schwierig ist".

In den unterirdischen Gängen der Anlage befinden sich nach Angaben der ukrainischen Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk noch hunderte Zivilisten. Die Menschen hätten kaum Zugang zu Wasser und Nahrung, viele benötigten zudem medizinische Hilfe.

Das Verteidigungsministerium in Moskau warf der ukrainischen Seite unterdessen vor, die Feuerpause genutzt zu haben, um ihre Gefechtsstellungen wieder einzunehmen.

Bisher wohl mindestens 20.000 Tote in Mariupol

Die strategisch wichtige Hafenstadt Mariupol am Asowschen Meer ist zum Symbol der russischen Kriegsführung in der Ukraine geworden. Russische Truppen hatten die inzwischen weitgehend zerstörte Stadt bereits in den ersten Kriegstagen umzingelt. Die Ukraine schätzt die Zahl der seit Beginn der Belagerung gestorbenen Menschen in Mariupol auf mindestens 20.000. In der Stadt harren harren nach Angaben des Bürgermeisters noch rund 100.000 Zivilisten aus.

Russische Angriffe auf Städte in mehreren Regionen

Städte in mehreren Regionen der Ukraine wurden unterdessen am Dienstagabend Ziel russischer Raketenangriffe. Teile der Stadt Lwiw im Westen des Landes waren nach Medienberichten ohne Strom, nachdem nach Angaben von Bürgermeister Andrij Sadowyj drei Kraftwerke durch Raketen beschädigt wurden. In der Folge kam es nach seinen Angaben auch zu Problemen mit der Wasserversorgung, weil die Pumpen mangels Elektrizität ausfielen.

Raketenangriffe wurden außerdem aus Winnyzja im Zentrum, Odessa im Südwesten und Kirowograd im Zentrum des Landes gemeldet. Zum ersten Mal seit Beginn des russischen Angriffskrieges am 24. Februar wurde auch die Region Transkarpathien nahe der Grenze zu Ungarn mit einer Rakete angegriffen, wie Regionalgouverneur Viktor Mikita im Onlinedienst Telegram berichtete.

Macron telefoniert mit Putin

Erstmals seit Ende März hat Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron derweil mit Russlands Präsident Wladimir Putin zum Krieg in der Ukraine telefoniert. Das Gespräch am Dienstag habe mehr als zwei Stunden gedauert, hieß es aus dem Élysée-Palast. Weitere Details gab es zunächst nicht. Am Samstag hatte sich Macron mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj ausgetauscht.

Der Kreml teilte mit, Putin habe Macron über die "Befreiung" der ukrainischen Hafenstadt Mariupol durch russische Truppen informiert sowie über die erfolgreiche Evakuierung von Zivilisten aus dem belagerten Asow-Stahlwerk. Russlands Präsident habe beklagt, dass die europäischen Länder den ukrainischen Beschuss von Ortschaften im Donbass ignorierten. Der Westen hätte den Tod von Zivilisten etwa durch das Einstellen von Waffenlieferungen vermeiden können, hieß es.

Moskau wirft Kiew immer wieder Angriffe gegen Zivilisten vor - ungeachtet dessen, dass Russland selbst die Ukraine am 24. Februar angegriffen hat. Seitdem sehen sich russische Truppen dem Vorwurf ausgesetzt, etwa im Kiewer Vorort Butscha und andernorts schwere Kriegsverbrechen begangen zu haben.

(mit Informationen von AP, Reuters und dpa)

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