In Mariupol läuft nach UN-Angaben eine Operation zur Evakuierung von ukrainischen Zivilisten aus dem belagerten Stahlwerk.
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In Mariupol läuft nach UN-Angaben eine Operation zur Evakuierung von ukrainischen Zivilisten aus dem belagerten Stahlwerk.

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Stahlwerk in Mariupol: Evakuierungsaktion für Zivilisten läuft

Hoffnung für die Menschen im von Russland belagerten Stahlwerk in Mariupol: Eine Evakuierungsmission ist im Gange - unter dem Schutz der UN und des Roten Kreuzes. Präsident Selenskyj zufolge wurden bislang hundert Zivilisten in Sicherheit gebracht.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

In der russisch besetzten Hafenstadt Mariupol ist eine Operation zur Evakuierung von ukrainischen Zivilisten aus einem Stahlwerk angelaufen. Ein Sprecher des UN-Nothilfeprogramms sagte, der Einsatz erfolge in Zusammenarbeit mit dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz und sei mit ukrainischen und russischen Behörden abgestimmt.

In den Kellern des weitläufigen Stahlwerks Asowstal werden noch etwa 1.000 Zivilisten und 2.000 Kämpfer des ukrainischen Asow-Regiments vermutet. Das Gelände ist der einzige Ort der Stadt, der nicht von russischen Streitkräften kontrolliert wird. Die Versorgungslage dort gilt als katastrophal.

Der UN-Sprecher bezeichnete die Lage als sehr komplex. Wie viele Zivilisten bei der Aktion in Sicherheit gebracht werden können, blieb zunächst unklar. Die UN-Helfer hätten das Stahlwerk am Samstag erreicht, sagte der Sprecher. Weitere Details könnten aus Sicherheitsgründen nicht genannt werden.

Selenskyj: Rund hundert Zivilisten in Sicherheit

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach am Sonntag von einer "ersten Gruppe von etwa 100 Menschen", die evakuiert worden seien. "Jetzt arbeiten wir zusammen mit den UN an der Evakuierung von weiteren Zivilisten aus der Anlage", schrieb er auf Twitter. Die Menschen würden in der Stadt Saporischschja erwartet, die von der ukrainischen Regierung kontrolliert wird.

Das russische Verteidigungsministerium teilte mit, es seien etwa 80 Menschen in das Dorf Besimenne zwischen Mariupol und der russischen Grenze gebracht und dort versorgt worden. Die Aktion habe auf Initiative von Kremlchef Wladimir Putin stattgefunden, hieß es in Moskau. Diejenigen, die ins von ukrainischen Truppen kontrollierte Gebiet wollten, seien Vertretern von UN und Rotem Kreuz übergeben worden.

Papst Franziskus bat erneut darum, eine sichere Evakuierung der Menschen aus dem Stahlwerk zu ermöglichen. Er weine beim Gedanken an ihr Leid und daran, dass die Hafenstadt am Asowschen Meer barbarisch bombardiert und zerstört worden sei, sagt Franziskus in seinem traditionellen Sonntagsgebet im Vatikan.

Karte: Die militärische Lage in der Ukraine

Selenskyj empfängt Pelosi in Kiew

In der ukrainischen Hauptstadt Kiew empfing am Samstag Präsident Selenskyj die US-Politikerin Nancy Pelosi. Sie wolle den Ukrainern "für ihren Kampf für die Freiheit" danken, sagte Pelosi in einem von der ukrainischen Präsidentschaft veröffentlichten Video. "Wir versprechen, für Sie da zu sein, bis der Kampf beendet ist."

Die Vorsitzende des Repräsentantenhauses bekräftigte in einer Erklärung, "dass weitere US-Hilfe auf dem Weg" sei. Es werde in Washington gerade daran gearbeitet, die von Präsident Joe Biden beim Kongress beantragte zusätzliche Unterstützung von 33 Milliarden Dollar (rund 31 Milliarden Euro) für die Ukraine umzusetzen.

Angriff auf russischen Armeestab

Russland setzte insbesondere in der Ostukraine seine Angriffe mit unverminderter Härte vor. Im Donbass versuchen die russischen Truppen, aus dem Norden und Süden kommend, die ukrainischen Streitkräfte einzukesseln. "Es gibt keine klare Frontlinie entlang einer Achse", sagte die ukrainische Militärsprecherin Iryna Rybakowa. "Es ist ein Dorf für sie, ein Dorf für uns." Im Moment seien die Ukrainer nicht in der Lage, die Russen zurückzudrängen.

Den Ukrainern gelang es jedoch nach eigener Darstellung, das Quartier des russischen Armeestabs in der Stadt Isjum anzugreifen, dabei seien mehrere Menschen getötet worden. Darunter seien ranghohe Offiziere, berichtete ein Berater des ukrainischen Innenministers. Die 50.000-Einwohner-Stadt Isjum liegt im Osten der Ukraine. Nach ukrainischen Angaben hält sich dort auch der russische Generalstabschef Waleri Gerassimow auf, um die Offensive im Donbass zu befehligen. Laut ukrainischen Medien wurde Gerassimow bei dem Angriff verletzt, eine offizielle Bestätigung gibt es dafür nicht.

Präsident Selenskyj warnte, Russland habe in der nördlich des Donbass gelegenen Region Charkiw Verstärkungstruppen zusammengezogen. Die Großstadt Charkiw in Grenznähe zu Russland konnten die Angreifer bislang nicht einnehmen. Die nordöstlichen Viertel der zweitgrößten Stadt des Landes wurden zuletzt täglich von Raketen getroffen, wobei nach ukrainischen Angaben immer wieder Zivilisten getötet wurden.

Flughafen von Odessa zerstört

In der Südukraine traf eine russische Rakete den Flughafen von Odessa. Die Landebahn sei dabei zerstört worden, Opfer gebe es nicht, erklärte Gouverneur Maxym Martschenko. Das russische Verteidigungsministerium erklärte, russische Hochpräzisionsraketen hätten neben der Landebahn einen Hangar "mit Waffen und Munition der USA und der europäischen Länder" zerstört.

Die EU-Kommission will den Druck auf Russland mit weiteren Strafmaßnahmen erhöhen. Nach Angaben von Diplomaten wird derzeit ein weiteres Sanktionspaket vorbereitet, das auch Einfuhrverbote für russisches Öl beinhaltet. Während vor allem Ungarn noch als potenzieller Blockierer eines dafür nötigen einstimmigen Sanktionsbeschlusses gilt, soll Deutschland diesen Schritt mittlerweile unterstützen.

Der ukrainische Präsident Selenskyj hat davor gewarnt, dass Russland seine Truppen im Osten des Landes verstärkt.
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Der ukrainische Präsident Selenskyj hat davor gewarnt, dass Russland seine Truppen im Osten des Landes verstärkt.

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