Robert Höckmayr klagt erneut vor dem Sozialgericht
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Robert Höckmayr klagt erneut vor dem Sozialgericht

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Überlebender des Wiesn-Attentats verklagt Freistaat erneut

Robert Höckmayr hat das Wiesn-Attentat im September 1980 überlebt: Schwer verletzt und traumatisiert. Noch immer kämpft er um eine angemessene Entschädigung. Nach BR24-Informationen hat er nun erneut Klage gegen den Freistaat Bayern eingereicht.

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Zwölf Jahre ist der Münchner Robert Höckmayr alt, als er zusammen mit seinen Eltern und seinen vier Geschwistern von der Wucht der Bombe erfasst wird, die am Abend des 26. September 1980 am Eingang zur Theresienwiese detoniert. Sein Bruder Ignaz und seine Schwester Ilona sterben noch am Tatort. Sie werden nur sechs und sieben Jahre alt. Robert Höckmayr überlebt den Tag, der sein Leben für immer geprägt hat – mit schweren körperlichen und psychischen Schäden.

42 Operationen nach Bombenanschlag auf der Wiesn

42 Operationen musste er seitdem über sich ergehen lassen. Zuletzt 2019, als eine Metallplatte in seinen rechten Fuß eingesetzt wurde. Nach Angaben des behandelnden Oberarztes im Helios Klinikum München West, Alexander Eiselt, handelt es sich dabei mit großer Wahrscheinlichkeit um eine Spätfolge des Bombenanschlages. Der Fuß sei damals gebrochen und nicht verheilt.

Trotz seiner massiven Verletzungen erhielt Robert Höckmayr nur bis zum Alter von 13 Jahren – also rund ein Jahr lang – eine kleine monatliche Entschädigung vom Freistaat Bayern. Nach Einholung mehrerer ärztlicher Gutachten wurde die Zahlung dann eingestellt.

Grundrente im Alter von 13 Jahren eingestellt

Erst 2008, fast 30 Jahre nach dem Terroranschlag auf das Münchner Oktoberfest, gelang es Robert Höckmayr erstmals, Einsicht in seine Akten beim Versorgungsamt zu nehmen. Gerade noch rechtzeitig, denn sie standen kurz vor der Vernichtung.

Nach Durchsicht der Unterlagen sei er davon ausgegangen, so Höckmayr, dass die Zahlung seiner Grundrente zu Unrecht eingestellt worden sei. Er beantragte die staatliche Entschädigung erneut. Das Versorgungsamt sprach ihm daraufhin 280 Euro pro Monat zu.

Erster Prozess gegen den Freistaat Bayern

Eine Erhöhung der Leistung wegen der Verschlechterung seines Gesundheitszustandes lehnt die Behörde seit 2016 ab. Um zu seinem Recht zu kommen, musste der Überlebende des Wiesn-Attentats Klage gegen den Freistaat Bayern einreichen. Der Prozess dauerte rund fünf Jahre.

Bei einer mündlichen Verhandlung am Sozialgericht München im Dezember 2021 einigten sich die Parteien dann darauf, dass der "Grad der Schädigung" bei Robert Höckmayr auf 60 Prozent angehoben und die Opfer-Grundrente um rund 100 Euro pro Monat erhöht wird.

Zweite Klage wegen Ausgleich der beruflichen Nachteile

Nach Angaben seines Anwalts Alexander Frey hat Robert Höckmayr am 24. August 2023 erneut Klage gegen den Freistaat Bayern beim Sozialgericht München eingereicht, weil keine außergerichtliche Einigung erzielt werden konnte. Es gehe bei dieser Klage um einen rückwirkenden finanziellen Ausgleich für die beruflichen Nachteile, die sein Mandant durch das Wiesn-Attentat in Kauf nehmen musste, so Frey.

"Wäre meine Gesundheit nicht so zerstört worden durch das Attentat, wäre ich mit Sicherheit zur Feuerwehr gegangen", argumentiert Robert Höckmayr. Aufgrund seiner massiven Verletzungen habe er aber keine Ausbildung machen können und sich jahrzehntelang mit schlecht bezahlten Hilfsarbeiter-Jobs durchschlagen müssen.

Sein Mandant habe deshalb im Laufe der Jahre auf viel Gehalt verzichten müssen, erklärt Rechtsanwalt Alexander Frey, und dafür fordere er eine finanzielle Entschädigung.

Viele Terroropfer in Deutschland kämpfen lange um ihr Recht

Der Kampf des Überlebenden Robert Höckmayr gegen Bürokratie und Justiz geht also in die nächste Runde. Keine Ausnahme, so sein Anwalt. Ob das Attentat an Weihnachten 2016 am Berliner Breitscheidplatz oder andere Fälle: Der Staat würde Forderungen stets abschmettern. Hinterbliebene und Überlebende von Terroranschlägen in Deutschland müssten Jahre lang um ihr Recht kämpfen.

2020 haben der Bund, der Freistaat Bayern und die Stadt München einen Hilfsfonds für die Betroffenen des Wiesn-Attentats aufgelegt: 1,2 Millionen Euro für 93 Personen, die inzwischen ausbezahlt sind. Um einen angemessenen Schadensersatz für die weitreichenden Folgen des Terroranschlags und sein zerstörtes Leben muss Robert Höckmayr weiter kämpfen. 43 Jahre danach.

An der Münchner Theresienwiese ist an den Bomben-Anschlag vor 43 Jahren erinnert worden
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An der Münchner Theresienwiese ist an den Bomben-Anschlag vor 43 Jahren erinnert worden

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