Die Generalstaatsanwaltschaft München legt dem 29-jährigen Nidal A. unter anderem die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat zur Last. Er soll im Internet einen Sprengstoffanschlag angekündigt haben. Er habe den Bau einer Bombe schon geplant, so die Generalstaatsanwaltschaft München. Auch sei der Angeklagte Anhänger der salafistischen Ideologie.
Über seinen Anwalt Adam Ahmed lässt der 29-Jährige zum Prozessauftakt mitteilen: "Mein Mandant folgt nicht der salafistischen Ideologie." Zudem habe Nidal A. niemals vorgehabt, eine Bombe zu bauen. Nidal A. nickt und sagt, dass er sich den Worten anschließt. Immer wieder schaut er in den Zuschauerbereich. Seine Mutter verfolgt den Prozess.
Information des Verfassungsschutzes gelangte sehr spät nach Bayern
Der Angeklagte soll in einem Chat im Messengerdienst Telegram im Juli 2017 gesagt haben, er wolle "Spione" und Mitarbeiter des Verfassungsschutzes umbringen. Wenige Tage später habe er dann in der selben Gruppe in englischer Sprache um technische Unterstützung beim Bau einer Bombe gebeten, heißt es in der Anklage.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte diese Aussagen schon im Juli 2017 registriert. Erst zwei Monate später gelangte die Information über das bayerische Landesamt für Verfassungsschutz an die Polizei in München. Im September 2017 wurde Nidal A. dann festgenommen. Die Polizei durchsuchte auch seine Wohnung.
Es ist bisher unklar, ob die problematischen Aussagen des Angeklagten in dem Chat gesichert werden konnten. Verteidiger Adam Ahmed hatte vergeblich beantragt, dass der Verfassungsschutz-Mitarbeiter vor Gericht erscheint, der die Aussagen entdeckt hat. Das lehnt das Bundesinnenministerium ab - mit Verweis darauf, dass eine Offenlegung der Methodik zu einem Nachteil für das Wohl des Bundes führen würde.
Anwalt: Mandant nicht richtig über Rechte belehrt
Nach Willen von Verteidiger Ahmed sollten mehrere Beweise nicht zugelassen werden. Der Anwalt argumentiert zum Prozessauftakt, sein Mandant sei während der Ermittlungen im Herbst 2017 nicht richtig über seine Rechte belehrt worden. Auch sei er selbst zu spät über einen Termin beim Haftrichter informiert worden. Daher dürften sowohl Aussagen, die der Angeklagte damals gemacht hatte, als auch mehrere Beweisstücke nicht im Verfahren verwendet werden. Das Gericht lehnt den Antrag ab.
Das IS-Video: Bombe basteln in der Küche
Für die Verteidigung stellt sich zudem die Frage, ob der 29-jährige Nidal A. wirklich eine Bombe bauen wollte. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung in München hatte die Polizei eine handschriftliche Skizze entdeckt. Diese habe, so die Generalstaatsanwaltschaft München, eins zu eins einem Propagandavideo der Terrormiliz IS entsprochen.
In diesem Bombenbau-Video wird gezeigt, wie man in einer normalen Küche den Sprengstoff TATP herstellen kann. Außerdem wurden im Keller der Wohnung des Angeklagten Gegenstände gefunden, die bei der Herstellung des Sprengstoffs verwendet werden können: darunter Metallkugeln, Chinaböller, Werkzeug und Schwefelsäure. Das Video konnte nach der Aussage einer Polizistin nicht auf den sichergestellten Datenträgern des Angeklagten gefunden werden, Nidal A. habe aber viele IS-Seiten im Internet angesehen. Aus Sicht der Beamtin war deutlich erkennbar, dass am Thema IS ein großes Interesse besteht.
Bruder des Angeklagten wollte in den Dschihad
Die Polizistin spricht auch über den älteren Bruder des Angeklagten. Samir A. wollte laut einem Gerichtsurteil zu einer Terrorgruppe nach Syrien ausreisen, wurde aber am Münchner Flughafen geschnappt.
Im Mai 2016 hatte das Landgericht München Samir A. deshalb zu einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt. Möglich machte dies der Paragraf 89 a, Absatz 2a im Strafgesetzbuch, der schon den Versuch einer Ausreise zu einer Terrorgruppe unter Strafe stellt. Samir A. war im vergangenen Jahr ohne Erfolg gegen das Urteil und diesen Paragrafen vorgegangen. Inzwischen wurde er aus der Haft entlassen.
Wieder in U-Haft - wegen anderer Vorwürfe
Nidal A. war ab September 2017 mehrere Monate in Untersuchungshaft. Nach einem Beschluss des Oberlandesgerichts München wurde im Mai vergangenen Jahres der Haftbefehl aufgehoben. Das Gericht hatte festgestellt, dass auf Grundlage des Haftbefehls kein dringender Tatverdacht besteht. Ob Nidal A. wirklich Sprengstoff für einen möglichen Anschlag herstellen wollte, soll nun der Prozess klären.
Inzwischen wurde der 29-Jährige wieder verhaftet - allerdings wegen einer anderen Sache, wie die Generalstaatsanwaltschaft München mitteilt. Was die konkreten Vorwürfe betrifft, bleibt die Generalstaatsanwaltschaft abstrakt: "Diesem Untersuchungshaftbefehl liegen Tatvorwürfe aus dem häuslichen Bereich zugrunde, unter anderem besteht der dringende Tatverdacht der Bedrohung, der versuchten Nötigung, des Diebstahls sowie der Nachstellung in Tateinheit mit Verstößen gegen das Gewaltschutzgesetz."