Der Marktplatz in Aub.
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Das Projekt Auf.Mass der Stadt Aub trägt erste Früchte: Das imposanteste Denkmal am Markplatz ist verkauft.

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Stadt Aub verkauft historisches Denkmal nach 40 Jahren Leerstand

Um ihr denkmalgeschütztes Zentrum vor dem Aussterben zu bewahren, hat die unterfränkische Stadt Aub das Projekt "Auf.Mass" ins Leben gerufen. Nun trägt es erste Früchte: Das imposanteste Denkmal am malerischen Markplatz ist verkauft.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

"Wissen Sie, ich sammle Ruinen", sagt Tilman von Kuepach und schmunzelt vor sich hin. Jetzt steht er vor genau so einer Ruine. Das markante Anwesen mit der Adresse Marktplatz 19 mitten im mittelalterlichen Zentrum von Aub gehört jetzt ihm. Im Rahmen des Projekts "Auf.Mass" der kleinen Stadt Aub hat er es gekauft. Fast 40 Jahre lang stand das Haus mit dem immer noch imposanten Renaissancegiebel leer. Und das sieht man ihm auch an – der Zahn der Zeit hat sichtlich daran genagt.

Käufer kommen aus Niederbayern

Für Tilman von Kuepach kein Hindernis. Im Gegenteil: Es sei das schönste, alte Haus, das er je gesehen hätte, schwärmt der Anwalt für Baurecht aus dem niederbayerischen Landshut. Zusammen mit seiner Partnerin Claudia Zehentbauer, die ebenfalls aus der Baubranche stammt, hat er das historische und schon ziemlich verfallene Gebäude erworben. "Das ist die zweite Ruine, die wir miteinander kaufen. Aber das wird perfekt, das Ding", ist sich von Kuepach sicher.

Denkmal mit Seltenheitswert

Der spätgotische Kernbau des Hauses stammt aus dem 14. Jahrhundert. Bis zum Jahr 1620 kamen verschiedene Gebäudeteile dazu, unter anderem die prächtige Fassade im Stil der Renaissance. "Und das Aller-Allerschönste ist: Da hat nie jemand was kaputtgemacht an dem Ding. Das kann man wirklich einfach wieder herrichten", freut sich der neue Eigentümer und ergänzt – nicht ganz ohne Stolz: "Solche Häuser gibt es nirgendwo mehr. Das ist ein Patrizierhaus gewesen, das ist unheimlich schön."

Denkmalbörse: Leerstände auf dem Silbertablett

Aufmerksam geworden auf das Haus ist er durch Berichte im Vorfeld der Auber Denkmalbörse im März dieses Jahres. Denn die Stadt hat sich einiges einfallen lassen, um den leeren Gebäuden rund um den malerischen Marktplatz wieder Leben einzuhauchen. Bei der Denkmalbörse präsentierte die Stadt potentiellen Interessenten die Leerstände quasi auf dem Silbertablett und stellte das mit der Denkmalpflege erarbeitete Projekt "Auf.Mass" vor – inklusive Beratungsgesprächen, wie eine Sanierung finanziert und gefördert werden kann.

Für den Rathaus-Chef ist der Verkauf deshalb mehr als ein Erfolg, es sei vielmehr "elementar" für Aub. Der Marktplatz müsse als "Herzkammer unseres Städtchens" lebendig und vital bleiben, so der Bürgermeister. "Und jeder Leerstand spricht dem entgegen. Folglich tun wir alles, um hier wieder Leben in die Leerstände reinzubringen," so Menth gegenüber BR24.

Käufer für die Stadt Aub ein "Glücksfall"

Bereits Menths Vorgänger Robert Melber hatte einen Strategiewechsel für den Umgang mit den Denkmälern angestrebt. Unter Menth hat die Stadt Aub das Denkmal erworben und ist 2020 in das Kommunale Denkmalkonzept eingestiegen. Zusammen mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, der Städtebauförderung und der Regierung von Unterfranken hat die Stadt das Projekt "Auf.Mass" entwickelt. Mit Unterstützung eines Planungsbüros wurden die Leerstände digital aufgemessen, die Bausubstanz gründlich untersucht und ein mögliches Nutzungskonzept entwickelt.

Rund 30 Gespräche mit Interessenten führte Bürgermeister Roman Menth im Anschluss an die Denkmalbörse im März. Neun davon begeisterten sich für den Marktplatz 19. Für die Stadt sei es wichtig einen ernsthaften Interessenten zu finden, der bereit sei, die Sanierungspflichten einzugehen und in absehbarer Zeit umzusetzen, so Menth. Das gelte auch für die restlichen Denkmäler in der Stadt, die zum Verkauf stehen. Mit Tilman von Kuepach hat er sozusagen seinen Wunschkandidaten gefunden, er bezeichnet ihn als "Glücksfall".

Erfahrung mit Sanierung von Denkmälern

"Das hat man auch gleich im ersten Gespräch gemerkt, als er sehr praxisorientierte Nachfragen gestellt hat, zum Beispiel, wo der Kran denn stehen soll. Und wir haben natürlich auch nach dem Konzept geschaut und auf der anderen Seite war es natürlich auch wichtig, eine Person zu haben, die das dann auch finanzieren kann und weiß, auf was er sich einlässt," ergänzt der Bürgermeister. Von Kuepach hat schon ähnliche Objekte saniert, wie etwa im niederbayerischen Oberaichbach oder in Naumburg an der Saale in Sachsen-Anhalt. Eigentlich wollte er Architektur studieren, war aber zu schlecht in Mathe, erzählt der Baurechtler aus Landshut, dessen Herz für Franken schlägt, im BR-Gespräch.

Symbolische Schlüsselübergabe am Marktplatz 19 in Aub
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Symbolische Schlüsselübergabe am Marktplatz 19 in Aub: Die neuen Besitzer mit Bürgermeister und Vertretern des Landesamts für Denkmalpflege

Voruntersuchungen sind gemacht und bezahlt

Für die Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes bekommen die neuen Besitzer jede Menge Förderungen – ohne die öffentlichen Gelder könnten auch sie das Projekt nicht sanieren, sagen sie. Und auch die Vorarbeiten, die die Stadt Aub mit der Denkmalpflege und den Städteplanern geleistet hat, sind schon bezahlt. Beim Marktplatz 19 sind das rund 200.000 Euro, die sich die neuen Eigentümer gespart haben.

Vorarbeit war entscheidend für Kauf

Zusätzlich können sie auf dem bereits vorhandenen Wissen aufbauen. "Das heißt, unsere Architektin kann damit eine Genehmigungsplanung machen. Also, einen Statiker werden wir immer noch brauchen. Wir brauchen immer noch einen Energieberater, der uns sagt, wie kriege ich das so, dass auch die KfW da letztlich einen Kredit gibt dafür. Aber das ist alles mit den Daten möglich. Und ohne die Daten, sage ich Ihnen ganz ehrlich, hätten wir es nicht gekauft", gibt Tilman von Kuepach zu.

Problem im Alltag: Wohin mit den Mülltonnen?

An die zwei Millionen Euro werden er und seine Partnerin dennoch in das alte Gemäuer stecken und auch noch einige Hürden überwinden müssen – etwa, was die Absenkung des Gemäuers betrifft, die Brandschutzwände und Fenster, oder auch ganz banal: ein Abstellplatz für Mülltonnen, Fahrräder und Kinderwagen. Durch die enge Bauweise in der Auber Innenstadt tatsächlich nicht ganz einfach. Geplant sind flexible Wohnungsmodule in fünf bis sechs Einheiten, ein kleiner Laden und eine Gemeinschaftsfläche.

Sanierungsbeginn in eineinhalb Jahren

In etwa eineinhalb Jahren soll es los gehen mit der Sanierung. Zuerst ist das löchrige Dach dran. "Der Herr Menth hat uns schon Fotografien aus alten Zeiten geschickt, und ich denke, wir bringen das so hin, wie es damals war," sagt von Kuepach und fügt schmunzelnd hinzu: "Wahrscheinlich wird der Bürgermeister dann Hände ringend drum bitten, dass er mit seinem Rathaus dort einziehen darf."

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