Die neue Gesundheitsministerin erhält ihre Urkunde.
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Judith Gerlach wird neue Gesundheitsministerin

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Gerlach, Beißwenger, Schöffel: Wofür die neuen Minister stehen

Das neue bayerische Kabinett steht. Nach den Freien Wählern hat nun auch die CSU ihre Minister bekannt gegeben: Die meisten machen weiter, drei Änderungen gibt es - darunter auch eine neue Ministerin für Gesundheit. Die CSU-Aufsteiger im Portrait.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Die Kabinettsbildung war keine leichte Aufgabe für Markus Söder. Er selbst spricht von einer der schwersten Herausforderungen. Denn: Er musste nicht nur den Regional-Proporz berücksichtigen und den Frauenanteil beachten. Vor allem sei es darum gegangen, den Spagat zu schaffen, Stabilität und Kontinuität auszustrahlen und gleichzeitig auch "Erneuerung" zu zeigen. Das Ergebnis: Selten gab es in einem neuen bayerischen Kabinett zu Beginn einer Legislaturperiode so wenige Veränderungen. Ein paar gibt es aber doch.

Gesundheitsministerin Judith Gerlach: Wieder eine Beförderung

Eine Überraschung war Judith Gerlach. Zwar war klar, dass sie weiterhin Teil des Kabinetts sein würde. Erst vergangene Woche hatte Ministerpräsident Markus Söder ihr öffentlich eine Jobgarantie im Kabinett gegeben: Sie müsse sich keine "großen" Sorgen machen, sagte er. Die Frage war allerdings, auf welchen Posten er sie platzieren würde. Dass Gerlach nun Gesundheitsministerin wird, ist inhaltlich überraschend. Mit Gesundheitspolitik hatte sie in ihrer bisherigen Karriere noch nicht viele Berührungspunkte.

Seit 2013 sitzt sie im Bayerischen Landtag. Damals zog sie mit 27 Jahren als jüngste Abgeordnete in das Parlament ein, kümmerte sich dort vor allem um Sozial- und Europapolitik. Der Posten als Europaministerin hätte daher näher gelegen. Allerdings: Im neuen Kabinett sind ohnehin nur vier von 18 Posten mit Frauen besetzt. Eine Gesundheitsministerin fällt da zumindest noch stärker ins Gewicht als eine Europaministerin, die ein deutlich kleineres Ressort verantwortet.

Die einzige Überlegung dürfte das aber sicher nicht gewesen sein. Denn Gerlach gilt als eine, die teamfähig ist, anpackt und sich schnell in Themen einarbeitet. Schon 2018 wurde sie überraschend befördert. Damals ernannte Söder sie zur ersten Digitalministerin überhaupt in Deutschland. Das Ministerium musste Gerlach, die vorher auch nichts mit Digitalpolitik am Hut hatte, neu aufbauen. Eine leichte Aufgabe war das nicht. Das Ministerium hat nur einen winzigen Etat, 115 Millionen Euro, das sind etwa 0,16 Prozent des Staatshaushaltes. Viele Großprojekte blieben bei den anderen Fach-Ministerien, Breitbandausbau etwa, oder die Mobilfunkversorgung. Gerlach kümmerte sich also vor allem darum, Ämter und Ministerien zu digitalisieren.

Viele trauen Gerlach deswegen zu, sich nun schnell in die Gesundheitspolitik einzuarbeiten. Das muss sie auch tun, denn die Liste der Herausforderungen ist lang. Fünf Seiten im Koalitionsvertrag sind dem Thema Gesundheit gewidmet, nur wenige Themen bekamen so viel Raum im Vertrag. Das Ziel ist es, die Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum zu verbessern, das Kliniksterben aufzuhalten und Apotheken zu erhalten. Es soll mehr für die Gesundheitsvorsorge getan werden. Und das Thema Pflege muss angegangen werden: Bis 2028 sollen 8.000 Pflegeplätze geschaffen werden.

Zuletzt: Dem vorherigen Amtsinhaber Klaus Holetschek ist es gelungen, mit bayerischer Gesundheitspolitik in der Öffentlichkeit durchzudringen, etwa bei den Themen Krankenhausreform oder Cannabis-Legalisierung. Von Judith Gerlach dürfte nicht weniger verlangt werden.

Europaminister Eric Beißwenger: "Bestmögliches herausholen"

Schon mehrfach wurde Eric Beißwenger in den vergangenen Jahren für ein Ministeramt gehandelt – bis heute ist daraus aber nie Realität geworden. Im Landtag munkeln einige: Beißwengers Chancen standen dieses Mal besonders gut, weil mit Klaus Holetschek ein Schwabe aus dem Kabinett ausgeschieden ist – und damit ein anderer Schwabe gesucht wurde, um den Proporz zu wahren. Von den schwäbischen Abgeordneten im Landtag hat Beißwenger mit am meisten Erfahrung.

1972 wurde Beißwenger in Mannheim geboren, machte eine Ausbildung zum Bankkaufmann und studierte BWL. Erst später, mit 25 Jahren, zog er nach Bayern, kaufte im Allgäu einen Bio-Bauernhof – und begann, sich dort in der Kommunalpolitik für die CSU zu engagieren. 2013 gelang ihm der Einzug in den Landtag, zunächst über ein Listenmandat, 2018 und dieses Jahr dann auch als Direktkandidat. Zuletzt war er dort stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Umwelt und Verbraucherschutz.

Im Landtag hat sich Beißwenger den Ruf als ruhiger, besonnener und schlauer Politiker erarbeitet. Er könne sich schnell in Themen einarbeiten, sagen einige. Zudem gilt er als Netzwerker, auf Instagram zeigt er sich gerne mit führenden CSU-Politikern, etwa Fraktionschef Klaus Holetschek oder Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber. Mit Ministerpräsident Söder arbeitete er beim Thema Skischaukel am Riedberger Horn zusammen. Die Baupläne sollten abgewickelt werden, Beißwenger half bei der Suche nach einem Kompromiss.

Vor Ort ist Beißwenger nicht unumstritten. Kritisch sehen einige, dass die Staatsanwaltschaft Augsburg 2020 ein Verfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung gegen ihn eröffnet hat. Dieses wurde zwei Jahre später eingestellt. Auf der anderen Seite gilt er als einer, der sich um die Belange der Menschen kümmert – vor allem um die Interessen der Almbauern. Beim Skandal zum Rappenalptal stellte er sich hinter sie. Und auch beim Thema Wolf setzt er sich für ihre Interessen ein.

Der Wolf dürfte das einzige Kern-Thema Beißwengers sein, das europapolitische Dimension hat. Er war zudem Mitglied im außen- und sicherheitspolitischen Arbeitskreis der CSU. Ansonsten ist das Themengebiet für ihn neu. Beißwenger nimmt die Herausforderung an. BR24 sagte er: Es werde immer wieder moniert, dass es zu viele bürokratische Verordnungen aus Brüssel gebe. Da würde er seine Aufgabe sehen: "In meinen Kernbereichen, aber auch nahe am Menschen, (…) bürgernah Bestmögliches herauszuholen."

Finanzstaatssekretär Martin Schöffel: Eher Heimatstaatssekretär?

Der neue Finanzstaatssekretär Martin Schöffel muss erst einmal sein Aufgabenprofil festlegen – zusammen mit Finanzminister Albert Füracker. Denn den Posten des Staatssekretärs im Finanzministerium hat es in der letzten Legislaturperiode nicht gegeben. Für Ministerpräsident Markus Söder ist aber schon heute klar: Der neue Staatssekretär widme sich "ganz besonders den Strukturfragen in Ostbayern". Die Region gilt als strukturschwach – und die CSU hat hier bei der vergangenen Wahl nicht so gut abgeschnitten, anders als Freie Wähler und AfD. Der Auftrag an Schöffel nun also: klar.

Tatsächlich steht Schöffel eher für den Teil "Heimat" im "Ministerium für Finanzen und Heimat" – denn finanzpolitisch hat er noch wenige Erfahrungen, umso mehr in der Stärkung des ländlichen Raumes.

Schöffel kommt aus Wunsiedel in Oberfranken, einer Region, die in Bayern als strukturschwach gilt. Seine Familie betreibt dort eine Brauerei. Schöffel hat dort zunächst eine Lehre gemacht, danach an der Fachhochschule Weihenstephan Wirtschaftsingenieurswesen studiert. Er gilt in der Region als sehr heimatverbunden, nahbar und anpackend. Er sei einer, der auch mal den Lkw mit Bier ausfahre, heißt es – als gelernter Brauer.

Seit 2008 sitzt Schöffel im Landtag, wo er sich immer wieder für die Region starkgemacht hat. So hat er sich beispielsweise für den Universitätsstandort Kulmbach eingesetzt oder dafür, dass Fördermittel gegen Leerstand in der Region eingesetzt werden. Zuletzt war Schöffel stellvertretender Vorsitzender des Landwirtschaftsausschusses im Landtag.

Zu seiner neuen Aufgabe sagt er: Die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse stehe in der Bayerischen Verfassung: "Und ich möchte, dass dieser Verfassungsauftrag auch entsprechend stark in allen Regionen umgesetzt wird."

Im Video: Einschätzung von Achim Wendler zum neuen Kabinett

Achim Wendler, Leiter der BR Landespolitik
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Achim Wendler, Leiter der BR Landespolitik