Schanigarten vor dem "La Kaz" im Münchner Westend.
Bildrechte: BR / Sandra Demmelhuber

Schanigarten vor dem "La Kaz" im Münchner Westend.

Per Mail sharen
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

"Schanigärten" - Wiener Gemütlichkeit in München

Seit einer Woche dürfen in München die Biergärten und Freischankflächen wieder öffnen. In der bayerischen Landeshauptstadt ist auch immer häufiger von sogenannten "Schanigärten" die Rede. Doch was ist das eigentlich und woher kommt der Begriff?

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Seit dieser Woche dürfen in München die Außenbereiche der Restaurants und Bars, die Biergärten und die neuen, sogenannten "Schanigärten" wieder öffnen.

Diese Freischankflächen waren im letzten Sommer eigentlich nur als Corona-Notlösung für die leidenden Wirte gedacht – doch schnell haben sie einen Weg in die Herzen der Münchnerinnen und Münchner gefunden. Jetzt dürfen die Schanigärten dauerhaft bleiben und sorgen für südländisches Flair in der Landeshauptstadt.

Provisorische Terrasse zwischen parkenden Autos

Im Gegensatz zu den normalen Außenbereichen der Lokale, also etwa auf dem Gehsteig oder im Garten, handelt es sich hierbei um Terrassen, die nun da sind, wo früher einmal Parkplätze waren. Mittlerweile gibt es in München rund 500 Schanigärten, besonders viele sind in letzter Zeit im Münchner Westend entstanden.

Einer der ersten im Viertel, der vor seiner Bar einen Schanigarten errichtet hat, ist Stefan Oelze. Er betreibt das Lokal "La Kaz" in der Ligsalzstraße. Die Nachricht, dass er seinen selbstgebauten Schanigarten mit den liebevoll hergerichteten Blumenkästen und der Lichterkette unter den Sonnensegeln jetzt dauerhaft behalten kann, sei eine der besten der letzten Wochen und Monate gewesen, freut sich der Gastwirt.

"Großartig! Die Schanigärten sind eine große Bereicherung für uns hier. Das macht die ganze Atmosphäre viel besser." Stefan Oelze, Lokalbesitzer im Westend

Zufriedene Wirte, glückliche Gäste – nur Parkplätze fehlen jetzt

Stefan Oelze erhofft sich davon natürlich auch mehr Gäste. Denn die Rückmeldung zu seiner neuen Außenterrasse sei schon letzten Sommer sehr positiv ausgefallen: "Man hat hier ja dann nicht nur den Platz am Gehweg, sondern einen zusätzlichen Mini-Biergarten. Wir haben das provisorisch alles selbst gebaut, so dass man sich vorkommt wie im Schrebergarten."

Der Lokalbesitzer glaubt, dass auch die direkte Nachbarschaft von seinem Schanigarten profitiert – obwohl natürlich Parkplatze weggefallen sind. "Die meisten Nachbarn sind sehr glücklich, denn sie haben ja jetzt vor der Haustüre ein schönes Lokal, wo sie gemütlich sitzen können. Ein paar Anwohner schimpfen natürlich wegen der verloren gegangenen Parkplätze, aber das hält sich in Grenzen."

Woher kommt der Begriff überhaupt?

Zusätzliche Freischankflächen auf öffentlichem Raum gibt es heuer auch wieder in anderen größeren bayerischen Städten, zum Beispiel in Nürnberg. Wegen der aktuellen Inzidenzwerte dürfen sie dort allerdings noch nicht öffnen.

Interessant ist dabei auch, dass dafür bislang nur in München der Begriff "Schanigärten" verwendet wird. In anderen Teilen Bayerns ist er noch vollkommen unbekannt und wird höchstens mit dem letzten Kurzurlaub in Wien in Verbindung gebracht.

Als der Stadtrat im Mai 2020 beschloss, den Münchner Wirten aufgrund der Coronakrise zu erlauben, auch auf Parkplätzen und Parkbuchten Tische und Stühle aufzustellen, wurde noch nach einem Namen dafür gesucht. "Freischankfläche" klingt recht sperrig, "Außenterrasse" ist das, was es schon immer gab. Irgendwie setzte sich dann, nach Wiener Vorbild, der "Schanigarten" durch.

In München wissen seitdem viele Menschen, was damit gemeint ist. Die meisten haben aber keine Ahnung, woher diese Begriff so plötzlich kommt.

"Schanigärten sind doch diese Parkplatz-Terrassen, die es seit letztem Jahr überall in München gibt – aber warum die so heißen? Das ist eine gute Frage, wollte ich eigentlich auch schon mal nachschauen." Eine Passantin im Westend

Wiener Gemütlichkeit: Eine Melange im Schanigarten

Das Wort kommt ursprünglich aus Wien. Der Genuss einer Melange in einem der über 3.500 Schanigärten gehört da schon lange zum Lebensgefühl. "Für die Wienerinnen und Wiener nimmt der Gastgarten eine besonders wichtige Rolle ein. Unsere Kaffeehausbetriebe tragen mit ihren Schanigärten die Wiener Gemütlichkeit nach außen und prägen das Stadtbild auf einzigartige Weise", sagt dazu der Bürgermeister der österreichischen Hauptstadt, Michael Ludwig.

Im Unterschied zum "Gastgarten" befindet sich auch in Wien ein Schanigarten auf öffentlichem Grund. Die Herkunft des Begriffs ist jedoch widersprüchlich und heute nicht mehr so eindeutig nachzuvollziehen.

"Schani" = Kellnerlehrling oder jüngster Mitarbeiter eines Lokals

Sicher ist jedoch: Das erste "Sommerkaffeehaus" durfte in der österreichischen Hauptstadt Johann Jakob Taroni im Jahre 1754 aufstellen. Und zwar vor seinem Café auf dem Graben, eine der bekanntesten Straßen im Zentrum der Wiener Altstadt.

"Schani, trag den Garten aussi", mit dieser Bezeichnung wird noch heute jedes Jahr um den 1. April die Saison der Außenbewirtung in Wien eingeweiht. Der Spruch geht zurück auf ein altes Wiener Lied "Schani, trag' den Garten raus". Mit "Garten" sind dabei allerdings Grünpflanzen gemeint. Und "Schani", so wurden im 19. Jahrhundert in Wien viele Kellner angesprochen. Das wiederum könnte eine Kurzform von "Giovanni" sein, denn die Italiener waren die ersten, die im Sommer ihre Tische und Stühle nach draußen stellten.

So wurden der Kellner-Lehrling eines Lokals (der "Schani") oder der jüngste Mitarbeiter hinausgeschickt, um die Sitzgelegenheiten an der frischen Luft herzurichten. Mit dieser Aufforderung erhielten die Außenterrassen den Namen "Schanigarten". So schrieb es zumindest der Wiener Schriftsteller und Journalist Gottfried Heindl (1924 - 2005).

Im 18. Jahrhundert ging man in "Schanis Garten"

Woher der Begriff nun wirklich kommt, lässt sich heute nicht mehr eindeutig feststellen. Laut Informationen der Stadt Wien dürfte aber tatsächlich der Vorname Taronis', Johann ("Jean", "Schani"), ausschlaggebend dafür gewesen sein und die eigentliche Erklärung für die Begriffsherkunft abgeben.

Man ging also im 18. Jahrhundert in "Schanis Garten", wenn man in das Kaffeehaus von Johann Jakob Taroni wollte, später in den "Schanigarten", wenn man irgendwo in Wien auf einer Freiluft-Terrasse sitzen wollte. Und heute geht man auch im Münchner Westend in einen Schanigarten.

Bildrechte: picture alliance / IMAGNO/Austrian Archives | Austrian Archives
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Gäste und Kellner im Schanigarten vor dem Café Central in der Wiener Vorstadt. Um 1925.

"Darüber spricht Bayern": Der neue BR24-Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!