Archivbild: Intensivpflegerinnen pflegen auf der Kinder-Intensivstation des Olgahospitals des Klinkums Stuttgart einen am Respiratorischen Synzytial-Virus (RS-Virus oder RSV) erkrankten Patienten, der beatmet wird. (Aufnahmedatum: 25.11.2021)
Bildrechte: picture alliance/dpa | Marijan Murat

Infektionen mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) führen vor allem bei Kleinkindern vermehrt zu Krankenhauseinweisungen.

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RSV-Erkrankungen: "Katastrophenzustände" in der Kindermedizin

RSV-Erkrankungen verlaufen meist harmlos, bei Säuglingen und Kleinkindern kann das Virus aber lebensbedrohend sein. Derzeit baut sich eine Welle auf, die einen Münchner Notfallmediziner schon jetzt von "Katastrophenzuständen" sprechen lässt.

Infektionen mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) führen dem Robert Koch-Institut (RKI) zufolge insbesondere bei Kleinkindern vermehrt zu Erkrankungen und Krankenhauseinweisungen.

Familien mit kranken Kindern müssen auf Pritschen schlafen

In mehreren Bundesländern, darunter Bayern, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, gebe es schon jetzt kaum ein freies Kinderbett in Kliniken mehr, sagt Florian Hoffmann, Generalsekretär der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) und Oberarzt im Dr. von Haunerschen Kinderspital in München der Nachrichtenagentur dpa.

Er sprach von "Katastrophenzuständen" – Familien mit kranken Kindern müssten teils in der Notaufnahme auf einer Pritsche schlafen. Das sei für Deutschland ein Armutszeugnis. Viele betroffene Kinder seien schwer krank und müssten beatmet werden.

Kindermediziner: "Werte gehen steil nach oben"

In den kommenden Wochen sei mit weiter steigenden Zahlen zu rechnen, heißt es im RKI-Wochenbericht zur Entwicklung der Corona-Pandemie von Donnerstagabend. "Es ist keine Kurve mehr, sondern die Werte gehen senkrecht nach oben", sagt Hoffmann. Bereits im Spätsommer 2021 hatte es eine unüblich hohe RSV-Welle gegeben – die Lage aktuell sei aber schlimmer, sagte Hoffmann. Nicht nur in Deutschland, generell auf der Nordhalbkugel gebe es ein "dramatisches epidemisches Geschehen".

Betroffen seien viele Kinder von ein oder zwei Jahren, die – auch angesichts der Corona-Pandemie und der dagegen getroffenen Maßnahmen – bisher keinerlei Kontakt zum RSV hatten, erklärte Hoffmann.

Divi: "Wie werden nicht mehr alle versorgen können"

Zur Situation in der Kinderintensivmedizin will die Divi kommende Woche in Hamburg neue Zahlen –und damit einhergehende Forderungen und Lösungsvorschläge zur Verbesserung der Versorgung schwerstkranker Kinder – vorstellen.

"Wir werden diesen Winter nicht mehr alle versorgen können. Die Kollegen landauf landab wissen nicht wohin mit unseren kleinen Patienten." Strukturen zur Bewältigung der Situation seien nicht vorhanden und die vorhandenen Register zur Bettensituation aus Zeitmangel oft nicht aktuell. "Wir müssten nun eigentlich Notfall-Mechanismen aktivieren, zum Beispiel Pflegepersonal aus der Erwachsenenmedizin hinzuziehen."

Respiratorischer Synzytial-Virus – was ist RSV?

An RSV kann man in jedem Alter erkranken, aber vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern ist der Erreger bedeutsam. Es kann sich um eine einfache Atemwegsinfektion handeln, aber auch schwere Verläufe bis hin zum Tod sind möglich. Zu Risikopatienten zählt das RKI zum Beispiel Frühgeborene und Kinder mit Lungen-Vorerkrankungen, aber auch generell Menschen mit Immunschwäche oder unterdrücktem Immunsystem.

Beim RKI heißt es unter Berufung auf Schätzungen, dass RSV-Atemwegserkrankungen weltweit mit einer Inzidenz von 48,5 Fällen und 5,6 schweren Fällen pro 1.000 Kinder im ersten Lebensjahr vorkommen. Innerhalb des ersten Lebensjahres hätten normalerweise 50 bis 70 Prozent und bis zum Ende des zweiten Lebensjahres nahezu alle Kinder mindestens eine Infektion mit RSV durchgemacht. Im Zuge der Corona-Schutzmaßnahmen waren viele solche Infektionen allerdings zeitweise ausgeblieben.

  • Zum Artikel: "RSV-Infektionen: Ein altbekanntes Virus füllt Kinderkliniken"

Mit Informationen von dpa

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