Sebastian Lyschick und Julius Müller haben eine Bremse für Laufräder erfunden.
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Sebastian Lyschick und Julius Müller haben eine Bremse für Laufräder erfunden.

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Rhöner Innovation: Ferngesteuerte Bremse fürs Laufrad

Mehr Sicherheit für Kleinkinder auf dem Laufrad – möglich machen das zwei Unternehmer aus der Rhön: Sie haben eine ferngesteuerte Bremse erfunden. Made in Germany geht die Innovation jetzt in Serie.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Viele Eltern werden die Situation kennen: Die Kleinen sind begeistert mit dem Laufrad unterwegs. Dabei düsen sie auf eine Kreuzung zu oder fahren immer schneller bergab und schaffen es nicht mehr rechtzeitig zu bremsen. Stopp-Rufe wollen beziehungsweise können sie manchmal auch gar nicht mehr hören. Mutter oder Vater rennen dann besorgt hinterher.

So ging es auch Sebastian Lyschick aus Bad Neustadt an der Saale, selbst Vater von zwei Töchtern. Eine Lösung musste her. Einfach zu montieren, nicht zu teuer, immer einsatzbereit sollte sie sein. Vor vier Jahren dann, mitten in der Nacht, kam dem Wirtschaftsingenieur schließlich die zündende Idee: Eine ferngesteuerte Bremse, bei der per Funk ein Bremskeil ausgelöst wird und so das Laufrad stoppt.

Firmengründung im Lockdown

Überzeugt von seiner Idee nimmt Lyschick ein Abfindungsangebot seines Arbeitgebers an und steckt Zeit, Geld und Energie in seine Erfindung. Fast drei Jahre lang tüftelt der heute 40-Jährige in seiner Werkstatt, feilt an diversen Prototypen. Per Zufall lernt er Julius Müller kennen und kann den IT-Unternehmer sofort für seine Innovation begeistern. Die beiden Rhöner merken sie passen gut zusammen und so gründen sie ihre gemeinsame Firma mystopy – Anfang 2020, kurz vor dem ersten Lockdown in der Corona-Pandemie.

Erfindung überzeugt Weltmarktführer

Sie lassen sich ihre Erfindung patentieren, erstellen Businesspläne, nehmen Kredite auf, verpflichten sich zu Bürgschaften. Doch ihr Mut wird belohnt: Seit etwa einem Monat wird ihre Erfindung produziert und kann im eigenen Online-Shop bestellt werden. Und auch Puky, der Weltmarktführer für Laufräder, ist von der Rhöner Innovation überzeugt: Ab 2022 wird der Hersteller die Bremse ins Sortiment aufnehmen und direkt vertreiben – mit oder ohne Laufrad.

So funktioniert die Bremse fürs Laufrad

Der ferngesteuerte Bremsassistent wird einfach an der Sattelstange des Laufrads befestigt und kann durch ein Funksignal aktiviert werden. Dazu müssen die Aufsichtspersonen lediglich den Knopf am mitgeliefertem Armband drücken. Dadurch fällt der Bremskeil auf das Hinterrad und das Laufrad bleibt stehen. Die Eltern oder Großeltern können entspannt zu ihrem Kind laufen, die Bremse wieder lösen und gleichzeitig die Situation gemeinsam besprechen – bevor die Fahrt wieder weitergeht.

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Die ferngesteuerte Bremse fürs Laufrad.

Lerneffekt und lange Akkulaufzeit

Durch diese einfache Funktionsweise, wird kaum Energie benötigt: Denn für den Bremsvorgang selbst wird die vorhandene kinetische Energie genutzt und wieder gelöst wird die Bremse nicht automatisch per Knopfdruck, sondern mit der Hand. Das war den Unternehmern wichtig: Die Kinder können somit nicht einfach unkommentiert aus der Entfernung abgebremst werden und wieder weiterfahren. Stattdessen müssen die Aufsichtspersonen kontrolliert eingreifen und können so bei den Kindern vielleicht auch einen Lerneffekt erzielen. Durch den geringen Energieverbrauch hat die Bremse auch eine enorm lange Akkulaufzeit. Schließlich soll das Laufrad jederzeit einsatzbereit sein.

Made in Germany – auch dank Corona-Pandemie

Aus Kostengründen dachte Julius Müller zunächst, dass er das Produkt vorwiegend in China produzieren lassen müsste. Doch durch die Corona-Pandemie und dem teils damit verbundenen Chipmangel oder Lieferschwierigkeiten bei ganz banalen Schrauben wurde er schließlich doch in Deutschland fündig. Sämtliche Teile werden hierzulande produziert und müssen nicht erst quer über den Globus transportiert werden. "In deutlich besserer Qualität und auch zu vernünftigen Preisen", freuen sich Müller und Lyschick, denen Nachhaltigkeit wichtig ist. Und dass ihre Bremse "Made in Germany" ist, hat obendrein auch so manche Genehmigungsverfahren oder Zertifizierungen beschleunigt.

Montage in Wülfershausen an der Saale

Montiert und verpackt werden die Bremsen derzeit am Firmensitz in Wülfershausen an der Saale. Die Familie wurde eingespannt und auch die Gründer selbst packen mit an. Bis zu 150 Stück schaffen sie pro Tag. 10.000 haben sie fürs erste geordert. Im nächsten Jahr wird bei Großbestellungen einer ihrer Lieferanten die Montage übernehmen, außerdem wollen Lyschick und Müller die Lebenshilfe für einfache Vorarbeiten engagieren.

Einen hohen sechsstelligen Betrag haben die beiden Männer bisher in ihre Idee investiert. Sie haben keinen Zweifel daran, dass sich ihr Mut und ihre Ausdauer am Ende auszahlen wird.

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