Zerbrochener Bleistift mit dem Schriftzug Schule
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Die Privatschulen bitten um Hilfe.(Symbolbild)

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Privatschulen fordern mehr Geld: "Fühlen uns wie Bittsteller"

Die Privatschulen rufen um Hilfe. Zwar gibt es einen gesetzlichen Anspruch, dass sie ausreichend Geld vom Freistaat bekommen. Doch die Privatschulen beklagen eine Finanzierungslücke. Das Kultusministerium entgegnet, es zahle so viel wie nie zuvor.

Wenn er für die Privatschulen in Bayern einen Weihnachtswunsch ans Kultusministerium richten dürfte, sagt Peter Kosak, Sprecher des Rats der freien Schulen, dann den: Dass die Verbesserungen, die es im staatlichen Schulsystem gibt, auch bei den Privatschulen ankommen. Wenn sich in den staatlichen Schulen das Verhältnis Schüler zu Lehrer verbessert, dann müsste sich auch bei den Privatschulen das Verhältnis verbessern. Fakt sei aber, so sagt es Kosak, dass nur ein Teil davon bei den Privatschulen ankomme. Seine Erklärung: Das Kultusministerium rechne anders, zu Ungunsten der Privatschulen. Gerade bei den Gymnasien habe sich seit Jahren nichts mehr verbessert.

Am Beispiel der Schulpsychologen versucht Kosak das Dilemma der Privatschulen zu erläutern: Wenn der Freistaat Bayern mehr Stunden für Schulpsychologen zur Verfügung stellt, sollte das auch bei den privaten Schulen durchschlagen. Das passiere aber nicht. "Die Eltern sehen aber, was an staatlichen Schulen geboten wird, und erwarten das auch von uns. All diese Ausgaben müssen wir aber selbst tragen, die werden nicht refinanziert."

200.000 Schüler an Privatschulen

Knapp 15 Prozent der bayerischen Schülerinnen und Schüler werden in privaten Schulen unterrichtet. Das sind im Freistaat rund 200.000 Kinder und Jugendliche. In der öffentlichen Wahrnehmung seien diese Schulen, egal ob von einem kirchlichen Träger, Montessori-, Waldorf- oder anderen Verbänden, oft "die Schulen für die Kinder der Reichen", beklagt Kosak. Das stimme aber nicht. In seiner Schule in Augsburg müssten die Eltern gerade mal 35 Euro pro Monat bezahlen.

Freistaat muss Personalkosten tragen

In einem ähneln sich die staatlichen und die privaten Schulen in Bayern: Sie kämpfen mit dem Lehrermangel und den gestiegenen Energiekosten. Der Unterschied ist allerdings: Die Privatschulen müssen diese Probleme alleine lösen. Der Freistaat ist verpflichtet, den Unterrichtsbetrieb zu finanzieren. Heißt: Die Betriebskosten, also die Kosten fürs Personal, müssen vom Freistaat übernommen werden. Alle übrigen Kosten müssen die Privatschulen aber selbst stemmen. "Natürlich stimmt es, dass wir in den Härtefallfonds fallen. Aber keiner weiß, unter welchen Kriterien und wann das Geld ausbezahlt wird. Wir müssen aber jetzt unsere Rechnung bezahlen", so Kosak.

"Fühlen uns wie Bittsteller"

Andrea Wiericks vom Verband der Waldorfschulen wünscht sich eine gewisse Fürsorgepflicht von Seiten des Kultusministeriums. "Eine Fürsorgepflicht, die sich nicht damit begnügt, dass wir auch unter den Fittichen der Schulaufsicht sind. Sondern die auch mitbedenkt, dass unsere Eltern Steuern zahlen und trotzdem noch Schulgeld bezahlen."

Auch Anne Tyroller von Montessori München hat oft das Gefühl, als wären die Kinder auf Privatschulen "Kinder zweiter Klasse". "Am meisten ärgert mich, dass wir eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe für den Staat übernehmen und uns wie Bittsteller fühlen", sagt Tyroller.

Außerdem stört die Verbände, dass das Kultusministerium keine Lehrer mehr für Privatschulen abstellen will. In der Vergangenheit sei es üblich gewesen, sagt Kosak, dass Lehrer aus dem Staatsdienst an die privaten Schulen wechseln konnten. Die Lehrkräfte hätten ihre Verbeamtung behalten können, die Privatschulen hätten dafür dem Staat das Lehrergehalt plus einen deutlichen Aufschlag bezahlt. Heute, wo überall Lehrermangel herrsche, sei das nicht mehr möglich. "Wir können mit dem staatlichen System nicht konkurrieren. Die Vorteile im Staatsdienst können wir nicht finanzieren", sagt Kosak.

"Wir sparen dem Freistaat jährlich einige Millionen", sind sich die Verbände der verschiedenen Privatschulen einig. Müssten alle Schülerinnen und Schüler in staatlichen Schulen unterrichtet werden, wäre das viel teurer, rechnen sie unisono vor.

Gebäude kosten viel Geld

Den meisten Privatschulen gehören ihre Schulgebäude. Das heißt, für deren Erhalt, Neubauten oder Sanierungen müssen die Träger zu großen Teilen selbst aufkommen. Für das Schulwerk der Diözese Augsburg, deren Leiter Peter Kosak ist, heißt das: Seit Juni ruhen alle Bauvorhaben. "Wir versuchen zu sparen, ewig geht das aber natürlich nicht. Immerhin kommen wir so dieses Jahr mit dem Geld hin."

Fast zwei Milliarden im Haushalt vorgesehen

Kultusminister Michael Piazolo (FW) stand für ein Interview nicht zur Verfügung. Sein Sprecher teilte lediglich mit, noch nie habe der Freistaat so viel Geld für die Privatschulen ausgegeben wie im Haushalt 2023. Fast zwei Milliarden sind laut Haushaltsentwurf dort vorgesehen, darunter rund zehn Millionen mehr für die privaten Realschulen. Der Freistaat übernehme fast 100 Prozent der Personalkosten und sei damit bundesweite Spitze. Warum nicht 100 Prozent der Kosten, lässt das Kultusministerium offen.

Peter Kosak vom Rat der freien Schulen kann nur müde lächeln: Personalkosten seien nur ein kleiner Teil der anfallenden Kosten. Seiner Berechnung nach fehlen den privaten Schulen in Bayern jedes Jahr 64 Millionen Euro. Auch wenn der Freistaat mehr zahle, die Kosten stiegen entsprechend. Bei einer Kundgebung in München wollen die Privatschulen heute auf ihre finanziellen Nöte aufmerksam machen.

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