Demonstranten gehen beim bundesweiten Aktionstag der Friedensbewegung durch die Frankfurter Innenstadt
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Demonstranten gehen beim bundesweiten Aktionstag der Friedensbewegung durch die Frankfurter Innenstadt

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Panzer statt Beten? Friedensbewegung hat wenig Zulauf

Aktuell haben es Pazifisten schwer. Ihr Motto "Frieden schaffen ohne Waffen" findet derzeit wenig Anklang. Zu brutal führt Russland seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Wie gespalten die Friedensbewegung ist, zeigen Beispiele aus München.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Für den Frieden beten, das beinhaltet für die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) Annette Kurschus auch, sich klar auf eine Seite im Konflikt zu stellen – auf die der Ukraine: "Wir müssen aus dem Denken 'Freund' und 'Feind' herauskommen." Gleichzeitig gehe es beim Bemühen um Frieden darum, eine Augenhöhe herzustellen, sagte sie dem Bayerischen Rundfunk.

Kurschus: Solidarität heißt nicht immer Waffenlieferungen

"Solidarität mit der Ukraine heißt jedoch nicht gleichzeitig, auch jegliche Art von Waffenlieferungen zu befürworten", betont die evangelische Theologin. Es werde ihr "unheimlich", wenn nach der Lieferzusage von Kampfpanzern gleich Kampfjets gefordert würden.

Bei aller Solidarität mit der Ukraine findet sie es falsch, den Eindruck zu vermitteln, der Einsatz von Waffen allein würde zum Frieden führen. "Wir müssen sehr aufpassen, dass es nicht immer weiter eskaliert. Und dann hat es keiner mehr unter Kontrolle und dann erweitert sich der Krieg auf andere Gebiete", so Kurschus.

In Kirchen gibt es unterschiedliche Haltungen zum Krieg

Doch auch in den Kirchen gibt es unterschiedliche Haltungen zum Krieg in der Ukraine: Alle zwei Wochen treffen sich am Mittwochabend in der evangelischen Paulusgemeinde in München Perlach die Gläubigen zum Beten für den Frieden in der Ukraine. 30 Leute sind an diesem Abend in der Kirche, sonst sind es zwischen 10 und 20. Deutlich weniger als in Zeiten des Irak- oder des Jugoslawienkriegs.

Das hat auch mit der Ausgangslage zu tun: Frieden zwischen Ukraine und Russland – das wollen alle. Nur Wie? Viele Gläubige sind gespalten in der Frage, ob man die Ukraine militärisch unterstützen soll: "Es ist nicht mehr so einfach zu sagen 'Frieden schaffen ohne Waffen', sondern man muss sich gut überlegen, ob nicht jemand auch ein Recht hat, sein Leben zu verteidigen", sagt zum Beispiel eine Teilnehmerin des Friedensgebets.

Beten für den Frieden - für die Pfarrerin der Paulusgemeinde Susanne Trimborn ist das Gebet eine Form von Solidarität mit der Ukraine, kein politisches Statement. Das Gebet sei eine Möglichkeit, sich mit dem Leid der Menschen auseinanderzusetzen und sie so nicht zu vergessen.

Recht auf Verteidigung? Streit unter Pazifisten

Hinzu kommt, dass die Kirchen generell keinen starken Zulauf mehr haben. Ähnlich wie die Friedensbewegung. Auch zu ihren Treffen und Mahnwachen kommen aktuell wenig Leute. Großdemos oder Menschenketten? Fehlanzeige. Intern ist unter überzeugten Pazifisten ein Streit entbrannt, sagt Thomas Rödl vom bayerischen Landesverband der Deutschen Friedensgesellschaft.

Die Kernfrage sei das Recht auf Verteidigung, sagt Rödl. "Wir als Pazifisten sagen auch: Jeder Krieg ist ein Verbrechen - auch der Verteidigungskrieg." Von daher sei es derzeit schwierig, zu gemeinsamen Aktionen zu kommen, weil man sich nicht auf einen gemeinsamen Forderungskatalog einigen könne.

Aktionen fänden statt, so Rödl, nur berichteten die Medien wenig darüber. Überhaupt sei die öffentliche Meinung klar pro Waffenlieferungen, kritisiert der Friedensaktivist.

Wenig Interesse an Friedensgebeten

Sind Verhandlungen mit einem Despoten wie Putin möglich? Welche Folgen hätte eine Unterbrechung der Kämpfe - könnte Russland die Pause nutzen, um im Frühjahr umso heftiger anzugreifen? Solche Fragen lassen viele zögern, in den Ruf der Pazifisten einzustimmen, nämlich nach Frieden ohne Rücksicht auf die Bedingungen.

Auch die katholische Friedensbewegung Pax Christi verzeichnet wenig Interesse an Friedensgebeten. Zu Beginn des russischen Angriffskriegs war das noch anders, sagt Martin Pilgram von Pax Christ München. Jede Woche hätte ein Gebet stattgefunden, dann sei es "etwas abgebröckelt" und hätte nur noch einmal im Monat stattgefunden. Jetzt mache man es hin und wieder.

Aktionen während Münchner Sicherheitskonferenz geplant

"Frieden schaffen ohne Waffen" - mit ihrem traditionellen Slogan dringen die Pazifisten aktuell nicht durch. Zu furchtbar sind die Bilder von russischen Kriegsverbrechen in Butscha oder andernorts. Die Aktivisten hoffen, mit Aktionen während der Münchner Sicherheitskonferenz dem Pazifismus wieder mehr Gehör verschaffen zu können.

Ein Flugblatt mit der Überschrift "Gebet zum Frieden" liegt aus.
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Aufruf zum Gebet.

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