Wärmepumpen waren der Renner im letzten Jahr - 2023 wurden so viele Wärmepumpen wie noch nie verbaut.
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Wärmepumpen waren der Renner im letzten Jahr - 2023 wurden soviele Wärmepumpen wie noch nie verbaut.

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Ölheizung raus, Wärmepumpe rein - ist das die Lösung für Altbau?

Nach und nach verschwinden Öl- und Gasheizungen aus den Kellern. Ein Verbot soll es zwar erst 2045 geben, doch schon jetzt rüsten viele um. Eine beliebte Alternative ist die Wärmepumpe. Doch funktioniert das auch in Bestandsimmobilien?

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Die alte Ölheizung muss raus. Mit vereinten Kräften werden der Brenner zerlegt, alte Rohrleitungen ausgebaut und der Öltank leer gepumpt. Über Jahrzehnte hat die Heizung ihren Dienst in dem Einfamilienhaus in Peiting verrichtet – doch jetzt ist Schluss. "Heute beginnt die Zukunft", sagt Maximilian Barnickel und schleppt zusammen mit einem Kollegen die neue Wärmepumpe in den Keller. Noch riecht es nach Öl, der Geruch wird noch einige Zeit bleiben, aber schon jetzt hat sich einiges im Keller verändert. Da, wo die fossile Heizanlage mit ihren Tanks stand, ist jetzt viel Platz entstanden. Die neue Wärmepumpe ist nur ein kleiner Kasten, viel Kellerraum wurde gewonnen.

Technik der Wärmepumpe früher von vielen als Magie angesehen

Maximilian Barnickel ist Chef der Heizungs- und Sanitärfirma Wechner – seit 45 Jahren hat sich der Peitinger Betrieb auf Wärmepumpen spezialisiert. Damals weit seiner Zeit voraus, erzählt er. Sogar als er vor acht Jahren das Familienunternehmen übernahm, wurde er noch als Zauberer oder Hexer bezeichnet. Schmunzelnd erinnert er sich daran, wie Kunden zweifelnd nur den Kopf schüttelten, als er erklärte, wie Wärme in einem Haus ganz ohne Brennstoffe produziert werden kann.

Rund 2.500 Wärmepumpen hat die Peitinger Firma mittlerweile verbaut. Besonders nachgefragt ist die Luft-Wärmepumpe. Sie funktioniert eigentlich wie ein Kühlschrank, nur umgekehrt. Bei Kühlschränken wird die Wärme nach außen abgegeben, bei Wärmepumpen hingegen wird die Wärme aus der Umgebungsluft gezogen und nach innen geleitet. Doch ganz ohne Energiezufuhr von außen kommen auch Wärmepumpen nicht aus: Sie sind auf Strom angewiesen, mit dem die aus der Erde, dem Grundwasser oder der Umgebungsluft gewonnene Wärme verdichtet und damit für das Heizsystem nutzbar gemacht wird. Die Effizienz hängt von den technischen Voraussetzungen des Geräts, aber auch von den Gegebenheiten in der Immobilie ab und lässt sich daher ohne Experteneinschätzung nicht genau festlegen.

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Seit neun Monaten läuft die Wärmepumpe im Haus von Familie Müller in Peiting.

Erster Winter als Bewährungsprobe für Wärmepumpe

Auch im Haus der Familie Müller in Peiting ersetzt eine Wärmepumpe seit neun Monaten die alte Ölheizung. Der Winter mit bis zu minus 18 Grad sei die erste Bewährungsprobe gewesen, verrät der Hausherr, und die habe die Luft-Wasser-Wärmepumpe mit Bravour gemeistert. Das 60 Jahre alte Haus war immer angenehm warm und das Wasser zum Duschen wohltemperiert, sagt er.

Auch die ersten Kalkulationen sind erfreulich. "Für das erste Jahr rechne ich mit einer Einsparung von 1.000 Euro bis zu 1.500 Euro." Klar, im Winter zieht die Wärmepumpe gut Strom, da ja die Umgebungstemperatur niedriger ist. Doch den höheren Stromverbrauch absorbiert Familie Müller wenigstens zum Teil mit einer PV-Anlage, die auf dem Dach montiert ist. Klar, gerade im Winter und wenn es vor allem die Heizung braucht, ist es suboptimal, wenn Schnee auf den Modulen liegt. Doch im Jahresdurchschnitt würde sich die PV-Wärmepumpenkombi rechnen. Angedacht hat Herr Müller auch noch einen Speicher, doch der ist ihm momentan noch zu teuer.

Haus ist Baujahr 1969 und wurde regelmäßig renoviert

💬 Die BR24-User "Pfalzbayer" und "Elisabeth20" haben in den Kommentaren zu diesem Artikel gefragt, was der Umbau genau gekostet habe, und sie haben um genauere Informationen zum betreffenden Haus gebeten. Das Team von "Dein Argument"  hat ergänzt:

Bauherr Müller sagt, das Haus (Baujahr 1969) sei regelmäßig renoviert worden. Vor zwanzig Jahren habe es neue Fenster, und vor dreizehn Jahren eine Dachisolierung und eine erste PV bekommen. Auf der Wohnfläche von 290 Quadratmetern lebten derzeit sechs Personen, das Heizsystem sei auf Fußbodenheizung umgestellt worden.

Die Gesamtkosten für die Umstellung auf Fußbodenheizung und Wärmepumpe hätten bei etwas über 50.000 gelegen, der Anteil der Familie Müller an der Erneuerung habe nach Erstattungen insgesamt bei rund 28.500 Euro gelegen - inklusive Energieberatung und Montage. Der Strombedarf für die letzten neun Monate liege bei nicht geringen 5.500 Kilowattstunden - trotzdem rechnet Herr Müller mit Einsparungen und Kostenamortisierung. 💬

Wärmepumpe im Altbau muss gut überlegt sein

Hausherr Müller war schon immer neuer Technik gegenüber aufgeschlossen. Der Ölgeruch in seinem Keller ist bereits verflogen und auch er hat einen weiteren Kellerraum gewonnen. Im Vorfeld wurde im Erdgeschoss eine Fußbodenheizung installiert. Der Einbau der Wärmepumpe belief sich bei ihm auf rund 35.000 Euro. Jedoch hängt diese Summe sehr von der Größe der Anlage ab. Im Fall der Familie Müller werden in dem Haus vier Wohneinheiten mitgeheizt. Hausbesitzer Müller freut sich, dass die Anlage wartungsarm ist und keinen Dreck macht. "Nach den neun Monaten bin ich jetzt ein noch größerer Freund der Wärmepumpe." Jedoch hat sich Familie Müller auch gut informiert und einen unabhängigen Berater vorab ins Haus geholt. Nicht für jeden Altbau ist eine Wärmepumpe praktikabel, und hohe Sanierungskosten vor allem für Dämmung können das Vorhaben unrentabel machen.

Auch Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, hat vor einem unüberlegten Heizungstausch gewarnt. "Mein Rat ist, eine professionelle Energieberatung in Anspruch zu nehmen, um festzustellen, was im eigenen Haus sinnvoll ist. Nur so lassen sich Kosten und Nutzen vernünftig abschätzen", sagt er. "Die einen brauchen eine neue Heizung, für die anderen ist eine neue Fassade das Richtige. Jedes Haus ist anders."

Wärmepumpen im Bestand: Das sagt die Forschung

Marek Miara überrascht das nicht. Seit mehr als 20 Jahren forscht der Wissenschaftler vom Fraunhofer-Institut für Solarenergiesysteme ISE zum Einsatz von Wärmepumpen: "Was mich besonders überzeugt, ist, dass die Effizienz-Zahlen in Bestandsgebäuden heute besser sind als die Zahlen, die wir vor zehn bis 15 Jahren im Neubau erreicht haben."

Die Technologie der Anlagen habe sich verbessert. Aber auch die Qualität, wie die Pumpen installiert werden. Bei modernen Wärmepumpen seien Vorlauftemperaturen von 70 Grad möglich, so Miara: "Und diese Temperatur reicht eindeutig, um selbst an kalten Tagen ein Haus zu heizen. Selbst wenn das Haus nur Heizkörper hat."

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Letzte Arbeitsschritte am Verdichter der Wärmepumpe. Bald wird das Haus über die neue Technik geheizt.

Bis zu 50 Prozent Förderung möglich

2023 wurden so viele Wärmepumpen wie noch nie in Deutschland verbaut. 356.000 Wärmepumpen wurden laut der Absatzstatistik des Deutschen Bundesverbands Wärmepumpe (BWP) und Bundesverbands der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) verkauft. Damit ist der Absatz im zweiten Jahr in Folge um mehr als 50 Prozent gewachsen. Doch im europaweiten Vergleich ist noch Luft nach oben, sagen Experten.

Zwar sind die Zahlen weltweit derzeit etwas rückläufig, aber der Boom ist ungebrochen, findet auch Maximilian Barnickel. Er beschäftigt mittlerweile 35 Mitarbeiter, und die Auftragsbücher sind schon für das ganze Jahr gut voll. Das liegt sicherlich auch daran, dass die Fördertöpfe weiter verlockend sind.

Andreas Scharli, Berater bei der Energiewende Oberland, rechnet das gern vor. Die Grundförderung liegt bei 30 Prozent, zusätzlich gibt es noch einen Geschwindigkeits-Bonus. Der Klima-Speed-Bonus belohnt Hausbesitzer, die bereits zwischen 2024 und 2028 eine neue Heizung installieren, die zu mindestens 65 Prozent auf erneuerbaren Energien basiert, erklärt Scharli. Zwar können mittlerweile nur noch Investitionskosten bis zu 30.000 Euro gefördert werden – letztes Jahr war es noch die doppelte Summe, trotzdem sei der Rabatt von bis zu 50 Prozent ein schlagendes Argument bei vielen Beratungen, so Scharli.

Klimafrühling im Oberland will informieren

Für alle Interessierten im Süden von München hat Scharli noch einen guten Tipp: Unter dem Motto "Bühne frei für mehr Klimaschutz im Oberland!" geht die Veranstaltungsreihe "Klimafrühling" heuer in die vierte Runde. Bis zum 5. Mai steht das Oberland ganz im Zeichen des Umweltschutzes, nachhaltiger Technologien und der Klimagerechtigkeit. Rund 170 Veranstaltungen zu den verschiedensten Themen finden in den Landkreisen Garmisch-Partenkirchen, Miesbach, Bad Tölz-Wolfratshausen und Weilheim-Schongau statt.

Ein Schwerpunkt ist dabei auch das Thema Wärmepumpe. Die Veranstaltungsreihe ist kostenlos und in Workshops, Vorträgen und via Exkursion wird informiert. Informationen, wann und wo es um die neue Heiztechnik geht, gibt es im Internet auf der Seite vom Klimafrühling Oberland (externer Link). Auch Maximilian Barnickel beteiligt sich und erklärt, wie eine Wärmepumpe in eine Bestandsimmobilie eingebaut werden kann.

Heiztechnik für die nächsten Jahrzehnte

Nach drei Tagen laufen im Altbau in Peiting gerade noch die letzten Arbeitsschritte. Beim Verdampfer vorm Haus werden die Rohre für das Kältemittel verlötet. Noch in dieser Woche wird die Wärmepumpe in Betrieb gehen und für Maximilian Barnickel und sein Team wird es bestimmt nicht langweilig. Jetzt, wo die Wärmepumpe mehr und mehr etabliert ist, geht es vor allem um die Vernetzung von den Pumpen mit PV-Anlage und Ladestation fürs Auto sowie die Nutzung flexibler Strommodelle. Auch da will die Peitinger Firma wieder ganz vorne mitspielen.

Dieser Artikel ist erstmals am 18. April 2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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