Frischer Kuhfladen
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Frischer Artenvielfalts-Kuhfladen

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Öko-Hotspot Kuhfladen: Weiderinder als Naturschützer

Beim Stichwort Naturschutz denken viele an Flächen, die sich selbst überlassen, also nicht landwirtschaftlich genutzt werden. Tatsächlich können aber Weidetiere im Hinblick auf die Artenvielfalt paradiesische Zustände schaffen.

Über dieses Thema berichtet: Notizbuch am .

Wenn Milchviehbauern ihre Kühe auf die Weide treiben, dann ist das optimal für das Tierwohl und auf alle Fälle gut für die Umwelt. Die Kühe holen sich das Futter selbst, der Bauer kann sich die Traktorfahrt mit dem Mähwerk und dem Ladewagen sparen. Außerdem gefällt es den Spaziergängern.

Naturschutz funktioniert nicht auf jeder Weide

Milchkühe brauchen aber junges, eiweiß- und energiereiches Gras von gedüngten Flächen, damit sie genug Milch geben und sich die Weidehaltung auch rechnet. Deswegen ist es auf so einer intensiven Weide mit der Biodiversität nicht weit her.

Mehr Artenvielfalt auf mageren Weiden

Deutlich höher ist die Artenvielfalt auf mageren Standorten, auf denen wenig Masse wächst - Niedermoore und Trockenrasen-Flächen. Rinder und Schafe, die auf solchen Flächen grasen, dürfen keine Ansprüche an die Futterqualität stellen, sie nehmen nur ganz langsam zu. Die Beweidung hat im Vergleich zur Mahd (gemähtes Gras) große Vorteile für die Biodiversität. Denn die Weidetiere hinterlassen keine Gülle oder Mist, sondern Schafbollen, Pferdeäpfel oder eben Kuhfladen.

Kuhfladen als Basis für Artenvielfalt

Der Kuhfladen ist das Grundnahrungsmittel der Artenvielfalt. Am besten, die Kuh lässt ihn im Stehen fallen und nicht portionsweise auf der Flucht. Denn es braucht eine kritische Masse. Nur große, einige Zentimeter mächtige Fladen bieten Käfern, Fliegen und anderen Interessenten das ganze Spektrum an Lebensraum und Futter. Manche Insekten legen ihre Eier in den noch warmen Fladen, das beschleunigt die Entwicklung ihrer Jungtiere.

Brutstätte für Insekten - Futter für die Vögel

So hat ein Wissenschaftler in einem einzelnen drei Tage alten Kuhfladen aus dem Riesengebirge über 4.000 Insekten gefunden. Ein englischer Biologe hat ermittelt, dass ein Rind, das auf der Weide zehn Tonnen Kuhfladen im Jahr produziert, damit die Nahrungsgrundlage für mehr als 100 Kilogramm Insekten erzeugt. Aus 100 Kilo Insekten können zehn Kilo Wirbeltiermasse entstehen. Das heißt: Ein Pärchen vom Großen Brachvogel kann theoretisch ohne Weiteres von den Fladen eines einzigen Rindes leben.

Blick in die Geschichte

Die Pflanzen, Insekten und Vögel, um die wir heute bangen, haben 300.000 Mal länger mit großen Pflanzenfressern zusammengelebt als mit Mähmaschinen. Zuerst mit Mammuts, Wisenten und Auerochsen, später mit Nutztieren wie Rindern, Schafen, Pferden und Ziegen die auf der Weide gehalten wurden. Sie haben sich aneinander angepasst, es gab eine Artenvielfalt, die man sich heute nicht mehr vorstellen kann. Apollofalter-Schwärme am Himmel und Kiebitzeier als Einkommensquelle für die Bauern.

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Apollofalter

Verlust der Kulturlandschaft

Doch die traditionellen Beweidungssysteme sind seit mehr als 200 Jahren auf dem Rückzug. Um 1800 berichten Fachleute erstmals über das Artensterben von Schmetterlingen in Bayern. Als in den 1920er Jahren die ersten mechanischen Mähmaschinen eingesetzt werden, sind noch so viele Frösche da, dass es zu regelrechten Gemetzeln kommt. Heute versucht man mit Projekten zur extensiven Beweidung wieder für mehr Natur und Artenvielfalt zu sorgen.

Extensive Beweidung hilft Naturschutzflächen

Vor 25 Jahren wurde in Bayern erstmals untersucht, welche Folgen die Rinderbeweidung für die Artenvielfalt hat. Inzwischen gehen immer mehr Ökologen davon aus, dass eine extensive Beweidung das Non plus ultra für Naturschutzflächen ist. Der Verein zur Förderung naturnaher Weidelandschaften Süddeutschlands rät dringend, wieder stärker in die Beweidung mit Rindern einsteigen, um "letzten Reste unserer Biodiversität" zu retten.

Öko-Hotspot Kuhfladen - Weiderinder als Naturschützer
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Kuhfladen

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