Der Hospizverein Schweinfurt ist vor allem auf der Palliativstation des Krankenhauses St. Josef aktiv.
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Niemand soll allein sterben müssen: Hospizbegleiter erzählen

Niemand soll allein sterben müssen: Hospizbegleiter erzählen

Menschen sterben in Krankenhäusern, auf Palliativstationen oder in Pflegeeinrichtungen - nicht mehr so oft zu Hause im Kreise ihrer Angehörigen. Hospizbegleiter werden vielfach gerufen, wenn ein Mensch alleine ist.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Mainfranken am .

Im seit 30 Jahren bestehenden Hospizverein Schweinfurt engagieren sich fast 60 Hospizbegleiter ehrenamtlich. Eine davon ist Christine Keidel. Seit sieben Jahren begleitet sie sterbende Menschen, überwiegend auf der Palliativstation des Krankenhauses St. Josef. "Da ist den meisten schon sehr klar, wohin die Reise geht. Die meisten sind froh, wenn ihnen Zeit geschenkt wird, wenn sie nicht allein sein müssen, wenn sie nochmal etwas aussprechen können, noch etwas loswerden können, was sie den Angehörigen vielleicht nicht sagen können", sagt Keidel.

Hilfe auf dem letzten Lebensweg

Petra Schröder leitete über viele Jahre eine Kindertagesstätte. 43 Jahre hatte sie als Erzieherin "quirliges Leben" um sich herum. Jetzt ist sie im Ruhestand. Ihr ehrenamtliches Engagement als Hospizhelferin gibt sie aber nicht auf. Seit zwölf Jahren kümmert sie sich um sterbende Menschen und ihre Angehörigen. "Ein Satz, den ich immer parat habe, ist: Wie kann ich Ihnen noch behilflich sein? Was bewegt Sie noch? Was möchten Sie gerne noch loswerden? Was ist noch für Sie wichtig, dass Sie gut Abschied nehmen können? Da öffnen sich die Menschen und erzählen aus ihrem Leben, von Streitigkeiten, die sie noch haben oder dass Kinder nicht kommen oder dass Kinder verstritten sind."

Zuhören und Empathie

Sehr alte Menschen wollen manchmal gerne sterben, jüngere hadern oft mit ihrem Schicksal. Gerad, wenn es beispielsweise bei einer Krebserkrankung keine Hoffnung mehr gibt. Anja Übelmesser erzählt, wie sie einer Frau zu helfen versuchte, deren Wunsch es gewesen sei, noch eine Reise nach Kroatien zu machen: "Sie wollte noch in den Urlaub fahren, sie lag aber im Sterben. Und dann habe ich ihr geholfen, die Fantasie von dieser Reise ausleben zu können. Wir haben also so getan, als ob das noch möglich wäre", erzählt Übelmesser. So habe sich die sterbende Frau noch einmal mit Freude an ihre vergangenen Reisen erinnern können.

Psychische Kraft gefragt

Die Hospizbegleiterinnen geben für sterbende Menschen unglaublich viel und brauchen dafür psychische Kraft. Aber vielfach wird ihnen auch Kraft geschenkt, sagen die Hospizbegleiterinnen: "Viele Begleitungen sind Akku-füllend. Für mich sind es die ganz kleinen Momente", sagt Anja Übelmesser. Petra Schröder ergänzt: "Auch wenn Angehörige noch einmal Rückmeldung geben und sagen: Gut, dass Sie da waren und gut, dass Sie zugehört haben", da erlebe sie Dankbarkeit, sagt sie.

Einst selbst schwer krank – heute Hospizbegleiterin

Martina Schäfer hat vor ein paar Jahren selbst eine schwere Krebserkrankung überstanden. Da habe sie gemerkt, dass sie Mitpatientinnen während ihrer eigenen Chemotherapie immer wieder aufmuntern konnte. Das war für sie Motivation, sich als Hospizbegleiterin für sterbende Menschen zu engagieren. Das bringe ja nicht nur etwas dem Menschen, dem sie ihre Zeit schenke, das bringe auch ihr selbst etwas, in dem sie sich "aus ihrer Komfort-Zone" herausbegebe, sagt sie und lächelt. Im Augenblick begleitet sie eine sterbende Seniorin, die an Parkinson erkrankt ist: "Was gibt es mir?", fragt sie sich und überlegt einen Augenblick. Dann sagt sie: "Frieden in mir drin. Ich tue etwas Gutes. Ich bekomme Feedback, Zufriedenheit, und das finde ich auch ganz schön."

30 Jahre Hospizverein Schweinfurt

Unter dem Motto "Niemand soll alleine sterben müssen" unterstützen im Augenblick 58 Hospizbegleiter in und um Schweinfurt sterbende Menschen, ihre Angehörigen oder sie halten Sitzwache in Krankenhäusern, Palliativstationen oder in Pflegeheimen. Die Zahl der ehrenamtlich arbeitenden Hospizhelfer ist in Schweinfurt in den vergangenen Jahren stetig gewachsen. Jährlich werden zwischen sechs und zwölf neue Hospizhelfer ausgebildet. Die jüngste ist 25 Jahre alt. Einige verabschieden sich aber auch wieder. Zum Teil aus Altersgründen oder weil sie nach einer intensiven Sterbebegleitung selbst eine Pause brauchen.

Unterschiedliche Beweggründe

Die Motivation der Hospizhelfer ist unterschiedlich: Manche haben selbst Angehörige oder Partner verloren, manche wollen der Gesellschaft "etwas zurückgeben", manche suchen eine ehrenamtliche Tätigkeit im Ruhestand.

In Unterfranken gibt es noch Hospizvereine in Aschaffenburg, Bad Kissingen, Bad Neustadt, Karlstadt, Kleinostheim, Obernburg, Haßfurt, Kitzingen und Würzburg. Hospize gibt es in Alzenau und im Juliusspital Würzburg. Palliativstationen werden am Klinikum Aschaffenburg, in Bad Neustadt, am Krankenhaus St. Josef in Schweinfurt, im Rhön-Klinikum in Bad Neustadt, am Juliusspital in Würzburg und an der Würzburger Uniklinik betrieben. Bayernweit existieren 134 Hospizvereine, bundesweit sind es etwa 1.500.

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