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Es gibt Streit zwischen Apotheken und Ärzten. Apotheken können sich nun Leistungen vergüten lassen, die bisher nur von Ärzten abgerechnet wurden.

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Neue Angebote in Apotheken schüren Konflikte

Neue Angebote in Apotheken schüren Konflikte

Apotheken können sich seit Kurzem einige Leistungen von Krankenkassen vergüten lassen - etwa die Blutdruckmessung oder Beratung über Arznei-Wechselwirkungen. Die Ärzteschaft ärgert das. Beim Deutschen Apothekertag in München wird das auch diskutiert.

Wenn man den Dachauer Apotheker Maximilian Lernbecher fragt, wie er die neu eingeführten Pharmazeutischen Dienstleistungen findet, sieht er vor allem die Patientinnen und Patienten als Profiteure: "Für die ist das eine gute Sache." Denn viele Menschen, die in seine Apotheke kommen, hätten Fragen, auf die sie in Arztpraxen keine Antwort bekommen. "Viele haben auch keinen Hausarzt, der die gesamte Behandlung im Blick hat", sagt Lernbecher. Dann sei es mehr als sinnvoll, wenn Apotheker mit den Patienten die verschiedenen Verordnungen für Medikamente durchgehen, die viele Patienten einnehmen.

90 Euro für ausführliche Beratung zu Wechselwirkung bei Medikamenten

Wenn Patienten mehr als fünf Arzneien einnehmen, können Apotheken seit Juni bei den Krankenkassen 90 Euro abrechnen, wenn sie ausführlich etwa zu Wechselwirkungen beraten. Für eine Blutdruckmessung samt Beratung bei Patienten, die Blutdrucksenker nehmen, gibt es 11,20 Euro. Für andere Pharmazeutische Dienstleistungen sind die Honorare in einer ähnlichen Größenordnung. Es wird geschätzt, dass die Apotheken im Jahr 150 Millionen Euro abrechnen können.

Widerstand von Kassen und Ärzteverbänden

Bei den gesetzlichen Krankenkassen hält man die Vergütung, die die Apotheken bekommen, allerdings für überzogen. Der Spitzenverband der Kassen hat deshalb Klage vor Gericht eingereicht. Auch aus der Ärzteschaft gibt es Kritik. Der Vorsitzende des Kassenärztlichen Vereinigung Hessen, Frank Dastych, hält ebenso wie der Kassen-Dachverband die Honorare, die Apotheken für Pharmazeutische Dienstleistungen bekommen sollen, für überzogen.

Außerdem hält Dastych das Apothekenpersonal für nicht ausreichend qualifiziert: "Wenn man keine Ahnung von den Erkrankungen der Patienten hat, dann kann man die Arzneimitteltherapie schon mal gar nicht beurteilen", wettert er. Auch die KV Hessen, die Dastych leitet, ist gegen das neue Angebot der Apotheken vor Gericht gegangen.

  • Zum Artikel: "Arznei-Lieferengpässe: Kassen fordern mehr Planung"

Rückendeckung aus dem Sachverständigenrat

Unterstützung für die neuen Pharmazeutischen Dienstleistungen gibt es aus dem Gesundheits-Sachverständigenrat der Bundesregierung. Der Vize-Chef des Beratungsgremiums, Professor Wolfgang Greiner, sieht andere Länder als Vorbild, in denen Apotheker, aber auch Pflegekräfte mehr Spielraum in der Patientenversorgung haben als in Deutschland: "Die Erfahrungen sind eigentlich nicht schlecht."

Der Inhaber des Lehrstuhls für Gesundheitsökonomie und Gesundheitsmanagement der Uni Bielefeld hält es auch aus rein praktischen Gründen für sinnvoll, wenn mehr Aufgaben in der Gesundheitsversorgung von medizinischen Berufsgruppen übernommen werden, die kein Medizinstudium haben. Der Ärztemangel, der in vielen Bereichen beklagt wird, könne gelindert werden, wenn andere Berufe in der Patientenversorgung mehr Kompetenzen bekommen, etwa bei der Betreuung von Diabetikern oder bei Patienten mit schlecht heilenden Wunden.

Apotheker hoffen auf Entspannung

An der Spitze der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) hofft man darauf, dass sich der Konflikt um die Pharmazeutischen Dienstleistungen wieder legt. Die ABDA-Vorsitzende Gabriele Regina Overwiening betont, es gehe vor allem um die Patientinnen und Patienten: "Wir wollen den Menschen helfen, dass sie ihre Therapie verstehen, dass sie ihre Therapie sicher und ganz effizient anwenden, damit es ihnen dann bessergeht."

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