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Naturfriedhöfe: Baum-Bestattung immer beliebter

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Naturfriedhöfe: Baum-Bestattung immer beliebter

Ohne Kreuz, Grabstein oder Schmuck: Immer mehr Menschen wollen ihre Angehörigen oder sich selbst in freier Natur bestatten lassen. Das ist in Bayern seit 15 Jahren möglich: auf Friedhöfen mit dafür eigenen Abteilungen oder auf "Naturfriedhöfen".

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"Mein Mann hat sich schon zu Lebzeiten gewünscht, im Wald unter einem Baum begraben zu werden", erzählt Sabine Dietrich. Jahrelang hatte ihr Mann Stefan gegen seine Krebskrankheit gekämpft. Nach seinem Tod mit 55 Jahren wurde er vor wenigen Tagen im neuen "Naturfriedhof Ammersee" beerdigt, ganz in der Nähe seines Wohnortes. Die Urne mit seiner Asche ist an den Wurzeln einer Buche vergraben, eine schlichte, schwarze Tafel erinnert an seinen Namen, seinen Geburts- und Todestag.

Für seine Frau vermittelt der Ort Ruhe und Frieden. Als Grabstätte hat sie eine besondere Buche ausgesucht, deren Krone nach einem Blitzschlag entfernt werden musste. "So wie der Blitz in den Baum eingeschlagen ist, so ist die Krebskrankheit in unser Leben eingeschlagen, deswegen passt der Platz sehr gut."

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Sabine Dietrich auf dem Naturfriedhof

Viele suchen sich zu Lebzeiten ihren Baum aus

Immer mehr Menschen möchten in freier Natur begraben werden. "Wer auf einem Naturfriedhof bestattet werden will, der hat sich oft schon lange vor seinem Tod einen bestimmten Baum und einen bestimmten Ort ausgesucht", sagt Maximilian Freiherr von Perfall. Das zeigen auch die bislang erfolgten Baumerwerbe in Greifenberg. Die eine Hälfte kauft als Vorsorge für sich selbst, die andere Hälfte für ihre Verstorbenen. Seine Familie verpachtet den Wald des "Naturfriedhofs Ammersee" an die oberbayerische Gemeinde Greifenberg. Diese hat die Trägerschaft und erledigt die Formalien. Um den Betrieb kümmern sich die Waldeigentümer, die Freiherren von Perfall.

Jeden Mittwoch um 10 Uhr und vereinzelt auch an Samstagen werden hier Führungen angeboten, die regen Zulauf finden. Als Begräbnisstätten können Gemeinschaftsbäume oder Partner- und Familienbäume ausgewählt werden. Die Kosten liegen zwischen 600 und 6.000 Euro, je nach Laufzeiten, die zwischen 10 bis 40 Jahren möglich sind. Es gilt, genauso wie auf herkömmlichen Friedhöfen, das bayerische Bestattungsgesetz.

Freie Natur: Keine Grabpflege, kein sozialer Druck

Der "Naturfriedhof Ammersee" liegt am Rande der Gemeinde Greifenberg, nahe der Autobahn A96 München-Lindau, in einem Waldstück von 19 Hektar. Von den Hauptwegen führen kleine Wege in den Wald hinein - Ahorn, Buche, Eiche, Fichte sind hier daheim. Wer möchte, kann seine Urne auch unter einem Findling bestatten lassen. "Unsere Gesellschaft ist zunehmend von der Sehnsucht nach Natur geprägt", beobachtet Maximilian Freiherr von Perfall. Die Bestattung in der Natur sei dann die letzte Konsequenz dieser Sehnsucht.

Pater Tassilo Lengger aus dem Benediktinerkloster St. Ottilien sieht die Vorteile des Naturfriedhofes vor allem im Wegfall der Grabpflege. "Viele Angehörige wohnen heute weit weg von ihren Verstorbenen und können das Grab nicht regelmäßig pflegen." Er erlebe auf den Dörfern einen großen sozialen Druck, das Familiengrab immer besonders schön herrichten zu müssen. Das sei auf dem Naturfriedhof dann anders.

Offen für Menschen aller Konfessionen aus nah und fern

Für "Abschieds- und Trauerfeiern" gibt es auch einen Andachts-Pavillon. Etwas entfernt davon, aber in Sichtweite steht mitten im Wald ein Holzkreuz. Keiner soll sich in seinen religiösen Gefühlen verletzt fühlen. Denn der "Naturfriedhof Ammersee" steht Menschen aller Konfessionen offen, aus nah und fern.

Wer möchte, kann sich für die Bestattung seines Angehörigen einen Trauerredner bestellen oder er kann sich von den christlichen Kirchen begleiten lassen. Pfarrer Dirk Wnendt von der Evangelischen Gemeinde Ammersee West hat bereits zwei Trauerfeiern hier zelebriert. Für ihn etwas ganz Natürliches, in freier Natur Beerdigungen zu leiten. "Wir kommen aus der Erde, sagt man ja, und wir kehren dorthin zurück, wir sind alle ein Teil der Natur."

Derzeit gibt es nach Angaben des Innenministeriums in Bayern 23 Naturfriedhöfe, 335 kommunale und kirchliche Friedhöfe bieten außerdem naturnahe Bestattungen in eigens dafür eingerichteten Abteilungen an.

  • Zum Artikel: "Bestattung im Wald: 15 Jahre Natur-Friedhöfe in Bayern"
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Ein Holzkreuz mitten im Wald

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