Bayerisches Landesamt für Verfassungsschutz
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Verfassungsschutzgesetz: Bayern will Änderungen schnell angehen

Bayern will auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts schnell reagieren und die beanstandeten Regeln des Verfassungsschutzgesetzes ändern – was zum Beispiel Abhören und Handy-Ortung betrifft. Innenminister Herrmann sieht bundesweite Auswirkungen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Bayerns Staatskanzleichef Florian Herrmann hat nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eine Reform des Verfassungsschutzgesetzes angekündigt. "Natürlich beachten wir das Urteil", sagte der CSU-Politiker nach einer Sitzung des bayerischen Kabinetts.

Bayern werde zunächst den Richterspruch aus Karlsruhe genau analysieren und dann das Gesetz entsprechend der Vorgaben anpassen. Dazu gehöre auch, dass der Verfassungsschutz unverzichtbar sei, um die freiheitliche Demokratie im Land gegen ihre Feinde zu schützen. Dies mit den Grundrechten der Bürger in Ausgleich zu bringen, sei der "Kern des Urteils von heute", sagte Staatskanzleichef Herrmann.

Bundesverfassungsgericht beanstandet bayerisches Gesetz

Zuvor hatte das Bundesverfassungsgericht erklärt, dass die weitreichenden Befugnisse des bayerischen Verfassungsschutzes teilweise gegen Grundrechte verstoßen. Das Gericht beanstandete eine ganze Reihe von Vorschriften im Verfassungsschutzgesetz des Freistaats, das 2016 auf Bestreben der CSU grundlegend überarbeitet worden war.

Betroffen sind unter anderem die Regelungen zum Ausspähen und Abhören von Wohnungen, zur Online-Durchsuchung und zur Handy-Ortung. Sie dürfen bis höchstens Ende Juli 2023 in eingeschränkter Form in Kraft bleiben. Das Verfahren angestoßen hatte die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) - um zu verhindern, dass das Beispiel Bayerns bundesweit Schule macht.

Staatskanzleichef: Regelungen "konkretisieren", nicht aufheben

Nach Aussagen des bayerischen Staatskanzleichefs Herrmann müsse der Gesetzgeber nun die Voraussetzungen für Maßnahmen wie den Einsatz sogenannter V-Leute konkreter regeln. Dazu gehöre etwa die Regelung von Eingriffshürden wie einem Richtervorbehalt, um Maßnahmen einleiten zu können. Regelungsbedürftig sei auch das Verhältnis zwischen Verfassungsschutz und Polizei. Nach Ansicht von Herrmann enttäusche das Urteil all jene, die gehofft hatten, dass bestimmte Befugnisse verboten würden.

Innenminister Herrmann: "Grundsätzlich richtig und notwendig"

Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte nach dem Urteil, dass die geforderte Überarbeitung bis Ende Juli 2023 machbar sei. "Und wir werden uns in Bayern auch daran setzen, das jetzt möglichst schnell umzusetzen", so der Innenminister. Das Urteil stärke insgesamt den Verfassungsschutz in Deutschland. Es mache deutlich, dass das Gericht die Tätigkeit der Verfassungsschutzbehörden "für grundsätzlich wichtig und richtig und notwendig hält". Gleichzeitig gebe es neue Hürden für die Übermittlung von Informationen zwischen den Sicherheitsbehörden. Das mache die Arbeit nicht einfacher.

Nach Auffassung Herrmanns hat das Karlsruher Urteil Auswirkungen bundesweit. "Es müssen wahrscheinlich der Bund und alle Länder ihre Gesetze ändern. Denn es gibt nach meiner Kenntnis kein einziges Gesetz, das all diesen Vorgaben, die heute formuliert worden sind, entspricht", sagte der CSU-Politiker.

SPD und FDP in Bayern für schnelle Reform

"Das bayerische Verfassungsschutzgesetz greift unverhältnismäßig tief in die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger im Freistaat ein", sagte FDP-Landtagsfraktionschef Martin Hagen. Die Staatsregierung müsse jetzt zeitnah ein verfassungskonformes Gesetz vorlegen und damit Freiheit und Sicherheit in Balance bringen. Die Entscheidung der Richter sei ein wichtiges Signal für die Grundrechte – und ein Denkzettel für die CSU.

Auch SPD-Fraktions- und Landeschef Florian von Brunn forderte schnelle Konsequenzen: "Klartext aus Karlsruhe: Das bayerische #Verfassungsschutzgesetz verstößt gegen Verfassung, die es schützen soll. Für ausufernde & verfassungswidrige Überwachung ist die CSU verantwortlich. Deswegen hat sie eine deftige Watschn bekommen. Das Gesetz muss schnell reformiert werden!", schrieb er beim Kurznachrichtendienst Twitter.

Buschmann für Beschränkung auch auf Bundesebene

Bundesjustizminister Marco Buschmann drängt nach der Gerichtsentscheidung auf eine zügige Beschränkung der Befugnisse auch bei den Sicherheitsbehörden des Bundes. "Die Entscheidung gibt uns deutlichen Rückenwind für das Programm unseres Koalitionsvertrags zur Stärkung der Bürgerrechte", sagte der FDP-Politiker.

SPD, FDP und Grüne hätten unter anderem vereinbart, die Hürden für die Überwachung verschlüsselter Kommunikation – die sogenannte Quellen-TKÜ – künftig auf das Niveau zu erhöhen, das nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts bereits für die Online-Durchsuchung, also den heimlichen Zugriff auf die Festplatte eines Computers, gelte. Die Koalition werde zudem die Voraussetzungen für den Einsatz von Informanten der Sicherheitsbehörden gesetzlich regeln und unter Wahrung der notwendigen Anonymität hier auch eine Möglichkeit der Überprüfung durch das Parlament schaffen.

Mit Material der Agentur dpa

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