Aktivisten des internationalen Bündnisses "Keine Patente auf Saatgut" vor dem Europäischen Patentamt in München.
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Aktivisten des internationalen Bündnisses "Keine Patente auf Saatgut" vor dem Europäischen Patentamt in München.

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München: 180.000 Unterschriften gegen Saatgut-Patente übergeben

Darf Saatgut von konventionell gezüchteten Nutzpflanzen patentiert werden? "Nein!", fordern mehrere Naturschutz-Bündnisse. Am Mittag haben sie deshalb vor dem Europäischen Patentamt 180.000 Unterschriften gegen Saatgut-Patente abgegeben.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Eine bahnbrechende Erfindung kann man sich patentieren lassen. Aber wie sieht es mit Tieren oder Pflanzen aus? Laut der internationalen Organisation "Keine Patente auf Saatgut" sind in den vergangenen Jahren Dutzende Patente auf Pflanzen aus konventioneller Züchtung erteilt worden – zum Beispiel auf Gemüse wie Brokkoli oder Kartoffeln, die gegen Schädlinge resistent sind.

Als Gemüse verkleidet gegen "rechtliche Schlupflöcher"

Am Vormittag haben sich deshalb zehn Aktivistinnen und Aktivisten in überdimensionaler Brokkoli- und Tomatenverkleidung vor dem Europäischen Patentamt in München versammelt, um gegen diese "rechtlichen Schlupflöcher" zu protestieren.

Im Namen mehrerer Naturschutz-Bündnisse, unter anderem des Umweltinstituts München und der internationalen Organisation "Keine Patente auf Saatgut", haben sie die rund 180.000 Unterschriften einem Sprecher des EPA übergeben.

"Pflanzen und Tiere sind keine Erfindung der Industrie"

"Wir sind heute hier, weil das Europäische Patentamt konventionell und traditionell gezüchtete Pflanzen und Tiere für Erfindungen erklärt hat und auch Patente erteilt. Dagegen protestieren wir", erklärt Christoph Then, Sprecher des internationalen Bündnisses "Keine Patente auf Saatgut". Der promovierte Tierarzt beschäftigt sich bereits seit mehreren Jahrzehnten mit Fragen der Gen- und Biotechnologie. Pflanzen und Tiere seien keine Erfindung der Industrie, sondern eine jahrhundertealte züchterische Arbeit, so die Organisation.

Forderung an das EPA: Gesetze korrekt auslegen

Die Patentgegner argumentieren, dass sogar nach geltenden europäischen Patentgesetzen nur gentechnische Verfahren patentiert werden dürfen – aber keine Pflanzen, deren Eigenschaften (zum Beispiel durch eine schädlingsresistente Genmutation) auf herkömmlicher Züchtung beruhen.

Der Verwaltungsrat des Europäischen Patentamtes, der die Vertragsstaaten repräsentiert, solle auf die korrekte Auslegung der Gesetze achten, so die Forderung.

EPA: "Patentregeln werden strikt befolgt"

Aus dem Europäischen Patentamt heißt es, das Patentverbot gelte im Wesentlichen für aus biologischen Züchtungsverfahren gewonnene Pflanzen und Tiere. "Das trifft jedoch nicht zu für Pflanzen und Tiere, die über technische Verfahren erhalten werden", so ein Sprecher.

Hier gibt es unterschiedliche Auffassungen, denn laut EPA zählen dazu auch zufällige Mutationen nach Bestrahlungen - was die Patentgegner jedoch ablehnen. Das Europäische Patentamt wiederum betont, es folge strikt den Regeln des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) und der EU-Biopatentrichtlinie.

Online-Petition soll weitergehen

Die 180.000 Unterschriften wurden in Form einer Online-Petition in den vergangenen beiden Monaten gesammelt, unterstützt von Organisationen wie dem Umweltinstitut oder "WeMove Europe". Einen Tag vor der Versammlung des Verwaltungsrates wurde die Unterschriftenliste nun dem EPA vorgelegt.

Die Unterschriftensammlung soll aber noch bis Ende Juni weitergehen, dann trifft sich der Verwaltungsrat aus den einzelnen Ländern erneut im Europäischen Patentamt in München.

Mit Material von dpa (Stellungnahme des EPA)

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