Veronika Lerchl ist 18 Jahre alt und macht in Ruderting im Landkreis Passau eine Ausbildung zur Bäckerin. Brezen, Stollen, Semmeln - das ist ihr Alltag und das ist auch gut so, sagt sie:
"Ich habe schon von Anfang an gesagt: Büro ist für mich nichts. Oder auch studieren ist für mich nichts." Veronika Lerchl, Auzubildende in einer Bäckerei
Doch das frühe Aufstehen und vielleicht auch generell die körperliche Arbeit schrecken viele Jugendliche heute ab.
Handwerk sucht Auszubildende
Lehrlingsmangel, nicht nur bei den Bäckern, in allen Branchen. 2016 blieben 12.000 Lehrstellen in Bayern unbesetzt. 2017 schon über 14.000. Für Philosophieprofessor Julian Nida Rümelin hat das viel mit einem folgenschweren Irrtum der Vergangenheit zu tun:
"Die Bildungspolitik meinte, wir müssen uns an angelsächsische Vorbilder anpassen. England, USA, vielleicht Süd-Korea, und möglichst Viele zum Studium bringen, weil das die einzige Möglichkeit ist, einem Mangel an Fachkräften auch angesichts der demographischen Schrumpfung entgegenzutreten. Das ist tatsächlich ein Akademisierungswahn." Philosophieprofessor Julian Nida Rümelin
Der nicht berücksichtigt, dass in Deutschland auch Handwerksbetriebe eine ordentliche Berufsausbildung bieten. Die Folge: immer mehr Jugendliche studieren statt eine Ausbildung zu machen. 2002 begannen 37 Prozent der Jugendlichen in Deutschland ein Studium. Aktuell sind es 56 Prozent.
Duales Bildungssystem hilft gegen Jugendarbeitslosigkeit
Dabei weisen Länder mit dualem Ausbildungssystem (neben Deutschland sind das vor allem noch Österreich und die Schweiz) im Bereich Jugendarbeitslosigkeit deutlich niedrigere Zahlen aus. Diese lag im Jahr 2017 beispielsweise in Deutschland bei 6,8 Prozent. Länder mit einer höheren Akademisierungsquote wie zum Beispiel Schweden (17,8 Prozent) oder Finnland (20,1 Prozent) schneiden hier deutlich schlechter ab.
Handwerk wirbt Lehrlinge aus anderen Ländern an
Auch Irene Lerchl muss sich mit ihrer Bäckerlehre keine Sorgen um einen Job machen, der ist ihr sicher. Und auch politisch bewegt sich etwas. Die Bundesregierung hat fast 300 Miollionen Euro in ein Förderprogramm investiert, um Auszubildende aus dem EU-Ausland anzuwerben. Auch der Chef von Irene Lerchl hat so in Bulgarien einen Bäckerlehrling gefunden. (Autor: Hans Hinterberger)