Studentin Annika Schaller
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Landarztquote für Medizinstudienplatz: Ein Erfolgsmodell?

Am 1. Februar startet erneut die Bewerbungsfrist für einen Medizinstudienplatz über die Landarztquote. Bewerber müssen sich unter anderem dazu verpflichten, nach dem Studium für mindestens zehn Jahre auf dem Land zu arbeiten. Was bringt die Quote?

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Für Annika Schaller hat sich ein Traum erfüllt: 13 Jahre nach ihrem Abitur hat sie endlich einen Studienplatz für Medizin bekommen. "Die Landarztquote war für mich die beste Lösung", sagt sie. "Ich bin sehr glücklich darüber." Die 34-jährige Mutter aus dem schwäbischen Thierhaupten studiert im dritten Semester Medizin an der LMU München. Gerade bereitet sie sich auf ihre Klausur in Biochemie vor.

Schon seit ihrer Jugend war Ärztin ihr Traumberuf. Doch ihre Abitur-Note war für einen Studienplatz nicht gut genug. Deswegen machte Annika Schaller direkt nach dem Gymnasium erst eine Ausbildung zur Kinderkrankenschwester. Da sie das Thema Gesundheit und Pflege so interessiert, studierte sie anschließend Berufsschullehramt für Gesundheits- und Pflegewissenschaft und unterrichtete selbst junge Menschen. Jetzt träumt sie von einer eigenen Praxis, die sie gern gemeinsam mit einer Kollegin führen würde, um Familie und Beruf besser vereinbaren zu können.

Bewerbung für Wintersemester beginnt am 1. Februar

Um ihren Studienplatz zu bekommen, musste Annika Schaller ein zweistufiges Auswahlverfahren bestehen, organisiert vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL). In einem ersten Schritt reicht der Bewerber seine Unterlagen ein, wie zum Beispiel Nachweise über Berufserfahrung oder Ehrenamt und den Studieneignungstest TMS. In einem zweiten Schritt finden persönliche Auswahlgespräche statt. Dabei prüfen Ärzte vor allem die persönliche Eignung und die Motivation der Bewerber. “In die Gespräche bin ich sehr selbstbewusst rein und habe mir gedacht: Alles oder nichts", erzählt Annika Schaller. Die Auswahlgespräche haben es in sich: Vier kurze Interviews (sog. Multiple-Mini-Interviews) à fünf Minuten und ein zehnminütiges Einzelgespräch. Jedem Bewerber sitzen dabei in der Regel zwei Personen aus der Jury gegenüber.

250.000 Euro Strafe bei Vertragsbruch

Wer sich bewirbt, muss bereit sein, nach zwölf Semestern Medizin-Studium und fünf Jahren Weiterbildung zum Hausarzt zehn Jahre lang auf dem Land zu arbeiten. Bei Vertragsbruch droht eine Strafe von 250.000 Euro. Bislang hat noch keiner das Studium abgebrochen, die ersten Absolventen kommen 2031 auf den Arbeitsmarkt. Wo Annika Schaller später arbeiten wird, richtet sich danach, wo der Mangel am größten ist. Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern herrscht derzeit nördlich von Ansbach, in Mittelfranken, die größte Not an Hausärzten. Die beste Versorgung gibt es dagegen in Oberstdorf im Allgäu. Die Verpflichtung zu zehn Jahren Landarzt-Praxis macht Annika Schaller keine Sorgen. "Ich bin selbst auf dem Land aufgewachsen und kann mir das sehr gut vorstellen, hier auch später zu arbeiten", sagt die Studentin.

Viermal so viele Bewerber wie Plätze

Seit Bayern die Landarztquote als erstes Bundesland 2020 eingeführt hat, gibt es stets mehr Bewerber als Studienplätze. Im Bewerbungsturnus 2023 haben sich laut LGL auf 118 Studienplätze viermal so viele Personen beworben. Insgesamt stehen 5,8 Prozent der gesamten Medizin-Studienplätze in Bayern für Studierende der Landarztquote zur Verfügung. Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) wertet die Quote schon heute als Erfolg. “Hier bekommen Menschen eine Chance, die zwar nicht den Numerus Clausus erfüllen, aber mit Leib und Seele für den Ärzteberuf brennen", so die Ministerin.

Maßnahme gegen den Ärztemangel

Angesicht der demografischen Entwicklung wird aber die Landarztquote allein die immer größer werdende Versorgungslücke an Hausärzten nicht auffüllen können, das ist auch Ministerin Gerlach bewusst. Und so sieht es auch Landärztin Alexandra Mannel. Sie leitet eine Praxis im oberbayerischen Dorf Hofstetten, Landkreis Landsberg. Zusätzlich zur Landarztquote plädiert sie für eine bessere Bezahlung der Hausärzte. "Wir Hausärzte begleiten die Menschen durchs Leben, machen Hausbesuche, sind immer für sie da", so Mannel. Für einen Hausbesuch rechnet sie 24 Euro ab. "Dafür steigt kein Handwerker ins Auto", sagt die Landärztin. Dennoch liebt Alexandra Mannel ihren Beruf, ihr jüngster Patient ist vier Tage alt, ihr ältester 101 Jahre. Aber sie weiß: Wer als fertiger Mediziner die Wahl hat, sich niederzulassen oder die Facharztausbildung zum Pneumologen, Kardiologen oder sonstigen Facharzt zu machen, der wählt meist die zweite Möglichkeit, weil er dann finanziell deutlich bessergestellt wird. Auch die Kassenärztliche Vereinigung Bayern fordert zusätzlich zur Landarztquote weitere Maßnahmen, wie mehr Medizin-Studienplätze insgesamt und bessere Rahmenbedingungen für Hausärzte, um Familie und Beruf besser vereinbaren zu können.

Für Ärztin Beate Reinhardt vom Bayerischen Hausärzteverband hat die Einführung der Landarztquote deshalb vor allem eines gebracht: Die Hausarzt-Medizin sei dadurch in den Fokus gerückt. "Menschen, die das Herz am richtigen Platz haben", sagt Reinhardt, "können sich so auf direktem Weg ihren Berufswunsch erfüllen".

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