Schweine in einem Maststall
Bildrechte: BR/Guido Saum

Schweinehalter können wieder Geld verdienen: 2,28 Euro gibt es aktuell pro Kilogramm Schlachtgewicht – ein Rekordhoch.

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Knappes Angebot führt zu Rekord-Schweinepreisen

Schweinehalter verdienen wieder Geld: 2,28 Euro gibt es aktuell pro Kilogramm Schlachtgewicht – ein Rekordhoch. Vor einem Jahr waren es nur 1,20 Euro. Doch Ferkel sind knapp, denn immer mehr Landwirte haben mit der Schweinehaltung bereits aufgehört.

Über dieses Thema berichtet: Unser Land am .

Mit einer Spraydose markiert Thomas Borst einen Teil seiner Schweine. In ein paar Tagen wird der Schweinemäster in Unterfranken wieder 15 Tiere auf seinen Viehtransporter laden und in den zehn Kilometer entfernten Schlachthof bringen.

Nach einer langen Durststrecke kann der 48-Jährige mit seinen Schweinen wieder Geld verdienen: Pro Kilogramm Schlachtgewicht gibt es aktuell 2,28 Euro – ein Rekordhoch. Laut der Ringgemeinschaft Bayern, dem Dachverband der bayerischen Schweinebranche, ist das die höchste Dotierung der vergangenen 30 Jahre.

Viele bayerische Schweinehalter haben aufgegeben

Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie ging es mit den Schweinepreisen – bis auf kleine Zwischenhochs – nach unten. Vor einem Jahr lag der Preis bei gerade mal 1,20 Euro. Seitdem ging es zwar allmählich wieder nach oben, doch die gestiegenen Energie- und Futterkosten ließen sich in vielen Betrieben trotzdem nicht decken. Schweinehaltung wurde oft zum Draufzahlgeschäft.

Etliche Landwirte in Bayern haben deshalb die Schweinehaltung aufgegeben: Im vergangenen Jahr waren es rund 400 Betriebe – ein Minus von 8,7 Prozent. Vor allem Ferkelerzeuger haben aufgehört. Denn viele müssten in ein paar Jahren Millionenbeträge in neue Ställe investieren, um Tierschutzauflagen zu erfüllen.

"Abwartende Stimmung bei den Schweinehaltern"

Doch den Betrieben fehlt die Perspektive und Planungssicherheit, erklärt Stephan Neher, Vorstandsvorsitzender der Ringgemeinschaft. Zu groß sei die Angst, dass sich die Auflagen der Politik nach ein paar Jahren erneut ändern. Deshalb sei die Stimmung in der Branche trotz der aktuellen Rekordpreise abwartend, so Neher.

Schweinezyklus: Angebot vs. Nachfrage

Die Folge: Ferkel sind aktuell extrem knapp, manche Mäster bekommen gar keine jungen Schweine oder müssen lange darauf warten. Denn bei Tieren kann das Angebot eben nicht einfach kurzfristig an die Nachfrage angepasst werden – der sogenannte Schweinezyklus.

Nach der Besamung sind die Muttersauen fast vier Monate trächtig. Drei Wochen lang sind die Ferkel bei ihrer Mutter, danach wachsen sie in Gruppen in einem speziellen Ferkelstall heran. Nach weiteren sechs bis acht Wochen werden die jungen Schweine schließlich zu den Mastbetrieben gebracht. Fast vier Monate später werden sie dann geschlachtet. Von der Besamung bis zum schlachtreifen Schwein vergeht also fast ein ganzes Jahr.

Knappe Ferkel: Preise innerhalb eines Jahres verdreifacht

Thomas Borst hat trotzdem erst vor wenigen Tagen wieder 156 Ferkel bekommen. Seit gut zehn Jahren hat er seinen festen Ferkellieferanten in der Region. Auch als die Schweinepreise im Keller waren, hat er kontinuierlich bei ihm seine Ferkel geholt. Anders als manche Kollegen: Weil mit den Schweinen kein Geld zu verdienen war, haben sie ihre Ställe teilweise leer stehen lassen und damit die Ferkelerzeuger auf ihren Tieren sitzen lassen. Für die Mäster war es rentabler, selbst angebautes Getreide zu verkaufen, statt es an die Tiere zu verfüttern. Denn aufgrund des Ukrainekriegs waren im letzten Jahr die Getreidepreise extrem gestiegen.

Das kritisiert Martin Fries, Fachberater am Landwirtschaftsamt Kitzingen-Würzburg: "Als die Getreidepreise hochgingen, haben manche Mäster einfach entschieden: Ich kauf keine Ferkel mehr, ich verkauf lieber mein Getreide. Sie haben nicht gefragt, was der Ferkelerzeuger mit den Ferkeln macht und die wurden dann für billiges Geld hergegeben." Viele Ferkelerzeuger hätten deshalb aufgehört. Daher ist Schweinemäster Borst froh, überhaupt Ferkel zu bekommen. Auch wenn sich die Preise dafür innerhalb eines Jahres verdreifacht haben: von 30 auf 90 Euro.

Zur Grillsaison weiter ansteigende Preise?

Fraglich ist wie hoch der Schweinepreis in vier Monaten sein wird, wenn seine teuer eingekauften Ferkel schlachtreif sind. Stephan Neher von der Ringgemeinschaft geht davon aus, dass die Preise zur Grillsaison vorübergehend sogar noch weiter steigen könnten – auf bis zu 2,40 Euro pro Kilo Schlachtgewicht. Insgesamt ist er zuversichtlich, dass sich die Preise auf einem höheren Niveau einpendeln.

Bei weiter steigenden Schweinepreisen könnten Wurst und Fleisch auch in Metzgereien nochmals teurer werden, schätzt Lars Bubnick, Geschäftsführer des Landesinnungsverbands für das bayerische Fleischerhandwerk. Die Metzgereien würden aber versuchen, das so gut es geht zu verhindern: "Schließlich befinden sich die Betriebe ohnehin schon im Preiskampf mit Einzelhandel und Discountern", so Bubnick. Viele Metzgereien hätten bereits im vergangenen Jahr die Preise angehoben.

Mehr Schweinefleisch-Importe?

Laut einer aktuellen Umfrage des Deutschen Fleischer-Verbands geht rund ein Drittel der befragten Betriebe davon aus, dass Schweinefleisch in der erwünschten Menge und Qualität zunehmend schwerer zu beschaffen sein wird. So hatte zuletzt auch der bayerische Bauernverbandspräsident Günther Felßner davor gewarnt, das fränkische Schäufele werde künftig aus Spanien kommen, wenn die Entwicklung so weitergehe.

Fakt ist: Obwohl der Selbstversorgungsgrad bei Schweinefleisch laut Bundesinformationszentrum Landwirtschaft bei 132 Prozent liegt, wird Schweinefleisch importiert. Denn beim Schlachten fallen viele Teile an, die deutsche Verbraucherinnen und Verbraucher nicht auf dem Teller haben wollen, zum Beispiel Innereien, Rüssel oder Ohren – gefragt sind nur noch Edelteile. Deshalb wird nach wie vor auch Schweinefleisch nach Deutschland importiert. Und das, obwohl der Fleischkonsum in Deutschland zurückgeht. Aber nicht in dem Umfang, in dem die Höfe aufhören – das geht schneller.

Direktvermarktung als Ausweg aus dem Schweinezyklus

Auch Landwirt Thomas Borst befürchtet, dass bei weiter steigenden Preisen, die Schlachthöfe ihre Schweine aus Spanien importieren, wo billiger produziert wird und die Bestände sogar aufgestockt werden. Trotz aller Unsicherheiten will er weiterhin Schweine mästen. Etwa zehn Prozent seiner Tiere vermarktet er selbst, über den eigenen Hofladen. Das will er weiter ausbauen: Zusammen mit einem anderen Landwirt beschäftigt er inzwischen einen eigenen Metzger, der die Tiere zerlegt und verarbeitet. Ein neuer Verkaufs- und Kühlraum wird gerade gebaut. Mit der Direktvermarktung versucht Borst dem Schweinezyklus etwas zu entkommen. Denn in seinem Laden aber darf er die Preise für seine Tiere und seine Arbeit zumindest ein Stück weit selbst bestimmen.

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