Hans-Joachim Gregor empfängt Gäste in seinem zwei Quadratmeter großen Klomuseum in Olching.
Bildrechte: BR / Manuel Rauch

Hans-Joachim Gregor empfängt Gäste in seinem zwei Quadratmeter großen Klomuseum in Olching.

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Klomuseum in Olching: Die Geschichte des stillen Örtchens

Jedes Jahr zum Welttoilettentag sperrt Hans-Joachim Gregor in Olching seine private Toilette für Gäste auf. In dem kleinen Klomuseum hat der Paläontologe Bilder und Objekte aus aller Welt gesammelt - rund ums kleine und große Geschäft.

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 am Samstagvormittag am .

Bedürfnisanstalt, Thron oder ganz einfach Heisl - Namen gibt es viele für das stille Örtchen, auf dem wir im Schnitt jeden Tag rund zwanzig Minuten verweilen. Und doch redet kaum jemand gerne offen über die Toilette. Bei Hans-Joachim Gregor aus Olching im Landkreis Fürstenfeldbruck ist das anders. Der 79-jährige Paläontologe und Geologe kommt aus dem Reden fast gar nicht mehr heraus, wenn er bei sich daheim im Toilettenraum steht. Diesen hat er über die Jahre zum privaten Klomuseum ausgebaut. Zum Welttoilettentag öffnet er auch für Besucherinnen und Besucher die Klotür.

Faszination fürs Klo - seit mehr als vierzig Jahren

Gerade einmal zwei Quadratmeter ist das Museum groß. Rund um die Kloschüssel hängen historische Bilder, selbstgemachte Fotos von Klosetts aus aller Welt und allerhand gesammelte Objekte. Vor mehr als vierzig Jahren hat den Paläontologen die Faszination fürs Klo gepackt - auf einer beruflichen Sahara-Expedition. Dort habe er sich zunächst gewundert, warum seine ägyptischen Kollegen immer eine Konservendose mit auf die Toilette nehmen. Bis er dann verstanden habe: Die putzen sich mit dem runden Rand ab. "Das hat mich fasziniert und ich hab mir gedacht: Was gibt's denn noch auf dieser Welt - und siehe da, ich habe im Laufe der Zeit eine ganze Menge gefunden", sagt Hans-Joachim Gregor und schaut sich begeistert um.

Ein Gänsehals für den Allerwertesten

Nicht weit von der Konservenbüchse hängt ein ausgestopfter Gänsehals. "Den können Sie streicheln, der ist schön weich", sagt Gregor mit verschmitztem Grinsen. "Zar Peter der Große hat solche frisch geschlachteten Gänsehälse verwendet, um sich abzuputzen." Weitaus weniger komfortabler muss sich das dicke Schiffstau angefühlt haben, das der 79-Jährige in seinem Museum ausgestellt hat. Seefahrer hätten sich einfach aus der Luke rausgehängt, um ihr Geschäft zu verrichten. "Dann hat man einen Tampen, das Schiffstauende, raufgeholt - und sich mit dem in Meerwasser getränkten Tampen gereinigt. Danach hat man ihn wieder ins Wasser geschmissen, und der nächste konnte ihn wiederverwenden", erklärt Gregor. Die Mönche im Mittelalter sollen dagegen schon mal die Kordeln ihrer Kutten zum Abwischen benutzt haben.

Von der Latrine zum Aborterker

Nicht unbedingt hygienischer, aber doch um einiges softer hatten es wohl die alten Römer. Sie griffen zum Schwamm. In der Antike war der Stuhlgang ein geselliges Ereignis. Auf der Latrine saßen bis zu achtzig Römerinnen und Römer Po an Po - ein Get Together inklusive unterirdischer Wasserspülung. Im Mittelalter war von der römischen Klokultur nicht mehr viel übrig. Das bestätigt auch die Regensburger Kunsthistorikern Ulrike Ziegler, die in bayerischen Städten Führungen anbietet. Patrizienhäuser hatten in der Regel im ersten Stock einen Aborterker. Durch ein Holzbrett mit Loch fiel das Geschäft nach unten - direkt in den Stadtbach oder den Latrinenschacht im Innenhof des Gebäudes.

Das Problem mit der Hygiene

Wer sich kein privates Klo leisten konnte, für den blieb über viele Jahrhunderte hinweg nur der Nachttopf. Anders als oft angenommen, wurde der aber nicht einfach auf die Straße gegossen, sagt Ulrike Ziegler. Das sei streng verboten gewesen. Die Menschen entleerten ihren Topf im Bach oder in der Grube. Das Ergebnis: Bakterien gelangten ins Grundwasser, Krankheiten breiteten sich rasant aus.

Das erkannte im 19. Jahrhundert auch der Mediziner Max von Pettenkofer. In München ließ er ein unterirdisches Kanalnetz bauen. Das einst als "Typhus-Nest" verschriene München wurde zum Hygiene-Vorreiter. Ende des 19. Jahrhunderts verbreitete sich schließlich eine englische Erfindung auch in Deutschland: die Toilette mit Wasserspülung. Ins Schloss Ehrenburg in Coburg etwa wurde extra für Queen Victoria ein solches water closet aus England importiert, weil sie öfter mal zu Besuch kam.

  • Zum Artikel "Öffentliche Toiletten: Wohin, wenn die Blase drückt?"

Welttoilettentag: Fast die Hälfte aller Menschen hat keine Toilette

Auf dem Land hingegen standen in Europa bis ins 20. Jahrhundert Nachttöpfe und Plumpsklos auf der Tagesordnung. Auch diese sind in Hans-Joachim Gregors privatem Klomuseum zu sehen. Der ernste Hintergrund dabei: Bis heute hat fast die Hälfte der Menschheit keinen Zugang zu sicheren, sanitären Anlagen. Als Paläontologe und Geologe ist Gregor weit gereist - etwa nach Guatemala oder Indien. Oft habe er Menschen gesehen, denen nichts anderes übrig bleibt, als aufs Feld oder in einen Steinbruch zu gehen, um ihre Notdurft zu verrichten.

Der Welttoilettentag, ausgerufen von der Welttoilettenorganisation und seit neun Jahren offiziell von den Vereinten Nationen anerkannt, will auf diese Notlage aufmerksam machen. Auch Hans-Joachim Gregor ist das ein Anliegen, und so öffnet er sein Toilettenmuseum jedes Jahr am Welttoilettentag für die Öffentlichkeit. Fünf Personen haben allerhöchstens in dem kleinen Raum Platz. Die vielen Details erkennt man wohl aber erst, wenn man allein ist - und Zeit mitbringt für Hans-Joachim Gregors stilles Örtchen.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!