Eine Tür zur Regensburger Kinderonkologie ist geschmückt mit bunten Abdrücken von Kinderhänden.
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Die Regensburger Kinderonkologie

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Kinderkrebsstationen: Ohne Spendengelder am Limit

In den bayerischen Kinderkrebsstationen können heute viele Kinder geheilt werden. Doch die Ärzte sind bei der Versorgung der kleinen Patienten zunehmend auf die Unterstützung der Elternvereine angewiesen - und die hätten eigentlich andere Aufgaben.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

Trotz der oft schweren Diagnosen sind die Aussichten für die Patienten in den sechs bayerischen Kinderkrebszentren meist sehr gut: 80 bis 90 Prozent der Kinder könnten die Kliniken heute geheilt verlassen, sagt der Leiter der Regensburger Kinderonkologie, Selim Corbacioglu. Dafür wird viel getan. Alle krebskranken Kinder werden in klinischen Studien behandelt. Das ist so vorgeschrieben, bedeutet aber auch zusätzlichen Aufwand.

Außerdem brauchten die kleinen Patienten eine intensive Betreuung abseits der reinen Medizin, sagt der Kinderarzt. Zusätzliche Pflegekräfte, Erzieher, Ärzte und weiteres Personal bis hin zum Klinik-Clown sind dafür notwendig. Doch das sei in keiner Weise eingepreist, so der Kinderarzt.

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Der Leiter der Regensburger Kinderonkologie, Selim Corbacioglu.

Fallpauschalen reichen nicht

In der Kritik steht vor allem das Fallpauschalen-System, das Corbacioglu als Desaster bezeichnet. Je nach Fall zahlen die Krankenkassen der Klinik einen pauschalen Betrag. Da der Behandlungs- und Versorgungsaufwand aber gerade bei krebskranken Kindern individuell sehr unterschiedlich ist, bleiben viele Kosten ungedeckt. Immer wieder wird Corbacioglu deshalb zum Bittsteller und muss sich an den Elternverein VKKK (Verein zur Förderung krebskranker und körperbehinderter Kinder Ostbayern) wenden, der mit Spendengeldern aushelfen muss.

"Ich denke, ich sollte nicht jedes Jahr betteln gehen müssen, um die Regelversorgung aufrechtzuerhalten. Ich sollte nicht sagen müssen, bitte gebt mir Geld, dass ich den Arzt oder den Psychologen finanzieren kann, den ich brauche", sagt der Leiter der Kinderonkologie. Für ein wirtschaftlich starkes Land wie Deutschland sei das inakzeptabel.

Elternvereine müssen einspringen

Dass die Elternvereine mittlerweile auch Teile der Regelversorgung übernehmen, würden auch Studien zeigen, sagt Corbacioglu. In Bayern sind unter dem Dach der Deutschen Kinderkrebsstiftung 13 Elternvereine organisiert. Der in Ostbayern tätige VKKK hat seinen Sitz nur wenige Meter entfernt vom Regensburger Uniklinikum. Dort hat der Verein ein Haus gebaut, in dem Eltern übernachten und ein wenig Ruhe finden können, während ihre Kinder in der Klinik behandelt werden.

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Blick aus dem Elternhaus des VKKK unmittelbar neben dem Regensburger Uniklinikum.

Verein finanziert auch Anstellung von Ärzten

Außerdem organisiert der Verein Freizeitaktivitäten für betroffene Kinder und Jugendliche, unterstützt die Familien auch noch Jahre nach der Erkrankung, etwa mit psychologischer Hilfe. Aktuell plant der Verein den Bau eines großen Nachsorgezentrums für die Familien. Klassische Vereinsaufgaben.

Die Finanzierung von medizinischem Personal und Geräten gehört dagegen eigentlich nicht dazu. Trotzdem hat der VKKK zuletzt einen Laser zur Behandlung von Folgeerkrankungen im Mund bezahlt. Regelmäßig finanziert der Verein auch die Anstellung von Ärztinnen und Ärzten. "Die Elternvereine sollen sich mehr um die Folgen der Behandlung kümmern können. Alle medizinischen Sachen sollten von den Krankenkassen und den Verbänden des öffentlichen Lebens bezahlt werden", sagt die Vorsitzende des VKKK, Irmgard Scherübl.

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Irmgard Scherübl, Vorsitzende des VKKK

Politik plant Entlastungen

Im Bundestag wird derzeit beraten, die Kinderheilkunde besser zu finanzieren. Zusätzlich zu den Fallpauschalen sollen jährlich 300 Millionen Euro in die Finanzierung der Kinderstationen fließen, teilt das Bundesministerium für Gesundheit mit. Das soll den wirtschaftlichen Druck mindern. Eine Entscheidung steht derzeit aber noch aus. Selim Corbacioglu hofft, dass Kinder von der Politik generell mehr beachtet werden. "Kinder haben keine Lobby", sagte der Kinderarzt. Die Kinder selbst könnten sich nicht wehren und ihren Eltern fehle in so einer Situation ebenfalls die Kraft.

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