Bürgerversammlung der Stadt Erlenbach zur geplanten Erweiterung des Industrie Centers Obernburg
Bildrechte: BR / Barbara Ecke

Die geplante Erweiterung des Industrie Centers Obernburg im Landkreis Miltenberg sorgt für Diskussionen.

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Industrie-Center Obernburg – Kompromiss statt Bürgerentscheid?

Die geplante Erweiterung des Industrie-Centers Obernburg im Landkreis Miltenberg sorgt für Diskussionen. Eine Bürgerinitative fordert eine schonendere Expansion. Ob sie ihre Unterschriften für ein Bürgerbegehren einreicht, ist aber noch unsicher.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Mainfranken am .

Arbeitsplätze und Gewerbesteuer versus Flächenverbrauch und Verkehrslärm – diese zwei Positionen stehen sich auch bei der geplanten Erweiterung des Industrie-Centers Obernburg (ICO) im Landkreis Miltenberg gegenüber. Entsprechend groß war das Interesse bei einer Bürgerversammlung der Stadt Erlenbach zu dem Thema am Montagabend: Rund 300 Bürgerinnen und Bürger waren gekommen.

IHK-Studie: Zu wenig Gewerbeflächen für viele Interessenten

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Aschaffenburg stellte eine aktuelle Studie vor. Demnach hätten einige Unternehmen großes Interesse, sich am bayerischen Untermain anzusiedeln. Standortfaktoren, wie die guten Autobahnanschlüsse, die Nähe zum Frankfurter Flughafen und zu mehreren Hochschulen ließen viele Unternehmen auf die Region aufmerksam werden und Anfragen stellen, so IHK-Hauptgeschäftsführer Andreas Freundt.

Aktuell stünden in den Landkreisen Miltenberg und Aschaffenburg aber nur rund 15 Hektar an Industrie-und Gewerbefläche zur Verfügung. Die IHK Aschaffenburg spricht sich deshalb klar für mehr Industrieflächen aus.

Wie die Stadt vom Industrie Center profitiert

Erlenbachs Bürgermeister Michael Berninger (CSU) betonte in einem Rückblick, welche Bedeutung das ICO historisch und wirtschaftlich für die Stadt Erlenbach und die Region hat seit 1924. Ohne die Gewerbesteuereinnahmen und Arbeitsplätze wären etliche Projekte für die Stadt nicht möglich gewesen, unter anderem der Bau von Schulen, der Bibliothek und der Frankenhalle, in der die Bürgerversammlung stattfand. Berninger verwies darauf, wie wichtig es sei, dass sich das ICO breiter aufstelle. Aktuell sei der Industriestandort nämlich zu sehr von der Automobilzulieferung abhängig.

Erweiterung des ICO um 40 Hektar geplant

Der Industriepark am Rand des Rhein-Main-Gebiets umfasst 175 Hektar, die auf den Gemarkungen der Kommunen Elsenfeld und Erlenbach liegen. Die ansässigen 35 Unternehmen beschäftigen rund 3.000 Mitarbeiter. Die Betreibergesellschaft des ICO, die Mainsite, plant, auf der rund 40 Hektar großen Erweiterungsfläche Unternehmen aus anderen Industriezweigen anzulocken. Laut Behördenvertretern des Landratsamtes stünden die Planungen für die Süd-Erweiterung des ICO aber noch ganz am Anfang. Etliche Prüfungen, Untersuchungen und Festsetzungen, etwa für Emissionswerte oder Beurteilungen zum Artenschutz auf dem Erschließungsgelände stünden noch aus.

Das Gelände befindet sich bereits im Besitz der Mainsite und ist seit 1972 im Flächennutzungsplan der Stadt Erlenbach als Industriegebiet vorgesehen. Bei der Erschließung des Geländes ist unter anderem geplant, den sogenannten Glanzstoffsee zu verfüllen. Außerdem will Mainsite eine Waldfläche - derzeit noch Eigentum der Stadt Erlenbach – gegen eine eigene Waldfläche am Main tauschen und roden. Der Erlenbacher Stadtrat hat diesem Vorschlag bereits im Dezember 2022 grundsätzlich zugestimmt und auch dem Aufstellungsbeschluss für das Gebiet. Das hatte dazu geführt, dass einige Bürgerinnen und Bürger meinten, dass die Süd-Erweiterung bereits komplett in trockenen Tüchern sei.

Bürgerinitiative befürchtet Flächenverbrauch und Verkehrslärm

Im Januar hat sich im Zuge dessen die Bürgerinitiative "Für schonenden Flächenumgang in Erlenbach" gegründet, aus Bund Naturschutz, dem Landesbund für Vogelschutz, dem Naturschutzverein Erlenbach und Anwohnern. Sie kritisieren, dass eine Fläche von mehr als 57 Fußballfeldern im Zuge der Expansion unter Beton verschwinden soll und befürchten mehr Verkehrslärm.

Die Forderung der Bürgerinitiative: Die Erlenbacher Stadtratsbeschlüsse zur ICO-Erweiterung sollen aufgehoben werden. Für ein entsprechendes Bürgerbegehren hat die Initiative nach eigenen Angaben bereits mehr als die notwendigen Unterschriften zusammen. Steffen Scharrer vom BUND im BR24-Gespräch: "Gebraucht hätten wir 650 Unterschriften, es sind gut 1100 zusammengekommen."

Gemeinsame Kompromisssuche statt Bürgerentscheid?

Auf der Bürgerversammlung schlug Scharrer Bürgermeister Berninger vor, die Stadtratsbeschlüsse zurück zu nehmen und mit der BI und der ICO-Betreibergesellschaft Mainsite sich an einen Tisch zu setzen und Kompromisse für die Erweiterung zu besprechen. "Wir sind nicht gegen die Erweiterung. Wir haben aber Vorschläge, wie sie umweltverträglicher und nicht ganz so groß ausfallen könnte," so Scharrer.

Bürgermeister Berninger zeigte sich offen für Gespräche. Beim jetzigen Planungsstand könnte die Gespräche aber auch parallel ohne ein Bürgerbegehren und anschließendem Bürgerentscheid geführt werden. Im BR24-Gespräch nach der Bürgerversammlung hielt sich Steffen Scharrer als Vertreter der BI offen, wann die Unterschriften zur Prüfung an die Stadt Erlenbach überreicht werden.

Es seien in den nächsten Tagen sowieso noch Gespräche mit der Mainsite geplant. Bei einer BR24-Umfrage nach der Veranstaltung am Abend gaben sich viele Bürger nachdenklich. Die meisten fanden den Informationsteil hilfreich, um sich weiter eine Meinung zu dem Thema bilden zu können. Es waren sowohl Befürworter für die Süderweiterung vor Ort, als auch klare Gegner. Der Großteil der Bürgerinnen und Bürger vor Ort war aber eher unentschlossen oder skeptisch dem Vorhaben gegenüber.

Umstrittenes BMW-Werk in Niederbayern

Auch in Niederbayern gibt es aktuell einen umstrittenen Industriestandort: das neue BMW-Werk für Hochvoltbatterien. Das geplante Batteriemontage-Werk des Autobauers ist umstritten: Während unter anderem Bauminister Christian Bernreiter (CSU) und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) wirtschaftliche Vorteile für die Region sehen, regt sich bei Anwohnern vor Ort Widerstand.

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