Sandra Volkmuth lässt sich ihre Willenserklärung zur Organspende tätowieren.
Bildrechte: BR/ Norbert Steiche

Organspende-Tattoo

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"Ich übernehme das für ihn" – Mutter bekommt Organspende-Tattoo

Sandra Volkmuth hat sich entschieden. Sie will sich ihre Willenserklärung zur Organspende tätowieren lassen, die sie sich für ihren 22-jährigen Sohn gewünscht hätte. Ihr Sohn ist bei einem Unglück ums Leben gekommen.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Mainfranken am .

Sandra Volkmuth möchte gerne drei Tattoos, die sie an ihren Sohn erinnern: Ein Herz, das für die Liebe steht, ein Peace-Zeichen für den Weltfrieden und ein Yin- und Yang-Zeichen aus dem asiatischen Kulturkreis, das Harmonie symbolisieren soll. Das vierte Tattoo, bestehend aus einem Kreis und zwei Halbkreisen, sticht Tätowiererin Madlen Wittmann kostenlos.

Willenserklärung zur Organspende mit besonderer Symbolik

Dieses vierte Tattoo hat eine besondere Bedeutung: Es ist ein "Organspende-Tattoo". Der vollständige Kreis symbolisiert ein Organ eines Menschen, der dringend auf ein lebenswichtiges Spenderorgan hofft. Die beiden Halbkreise sollen das Organ eines Menschen andeuten, der sich nach seinem Tod zu einer Organtransplantation entschieden hat. Sein gesundes Organ wandert quasi in den Körper eines kranken Menschen und nimmt die Funktion seines geschädigten Organs ein.

Ersetzt ein "Organspende-Tattoo" den Ausweis?

Eine rechtlich bindende Wirkung hat das Organspende-Tattoo derzeit noch nicht. Zusätzlich müssen Ärzte und Sanitäter jetzt informiert werden, dass das Tattoo eine besondere Bedeutung hat und quasi schon als Willenserklärung zur Organspende verstanden werden soll. Madlen Wittmann findet die Idee großartig, denn "das hast du immer dabei. Deine Haut kannst Du nicht ablegen wie ein Handy, einen Geldbeutel oder einen Ausweis. Besser geht es eigentlich nicht. Eine ganz klasse Aktion", sagt Wittmann.

Nach Tod des Sohnes: "Ich übernehme das jetzt quasi für ihn"

Als Sandra Volkmuth die Geschichte ihres Sohnes erzählt, stockt ihr immer wieder die Stimme. "Das hat für mich eine ganz besondere Bedeutung, weil er eben auch Organspende machen wollte. Ich übernehme das jetzt quasi für ihn", sagt sie, während ihr Tränen in die Augen schießen.

Pro Woche fertigt Madlen Wittmann in ihrem Studio in Bad Neustadt an der Saale im Augenblick zwei bis drei der "Organspende-Tattoos". Zehn weitere Termine habe sie für diese Tattoos schon vereinbaren können. Lässt sich ein Kunde ein oder mehrere Tattoos stechen, bekommt er das zusätzliche "Organspende-Tattoo" kostenlos, sagt Wittmann.

Von Initiative für Organspende inspiriert

Der Verein "Junge Helden" versucht bundesweit Tattoo-Studios zu gewinnen, die das Logo potentiellen Organspendern in die Haut stechen. Madlen Wittmann war von der Idee so fasziniert, dass sie sich sofort bereiterklärte mitzumachen. Auf der Website des Vereins können sich Tattoo-Künstler eintragen, die das Symbol kostenlos stechen. Für Menschen, die sich das Symbol stechen lassen wollen, ist dort auch eine Liste von teilnehmenden Tattoo-Studios zu finden.

Spenderorgane dringend benötigt

Im vergangenen Jahr warteten in Deutschland laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung etwa 8.500 Menschen dringend auf ein Spenderorgan. Fast 870 Menschen haben ihre Organe gespendet. Das reicht aber nicht, um Menschenleben zu retten. Alle acht Stunden stirbt in Deutschland ein Mensch, weil es kein passendes Spenderorgan gibt.

Obwohl rund 80 Prozent aller Deutschen dem Thema Organspende grundsätzlich positiv gegenüberstehen, besitzen gerade einmal die Hälfte davon auch einen Organspende-Ausweis, zeigte eine aktuelle Umfrage im Auftrag der Deutschen Stiftung für Organtransplantation DSO. Für das Jahr 2022 meldet sie sogar einen Rückgang der Zahl von Organspenderinnen und Organspendern um 6,9 Prozent.

Emotionales Ergebnis für Mutter

Von einer Million Menschen in Deutschland haben im vergangenen Jahr faktisch elf Menschen nach ihrem Tod lebenswichtige Organe für andere gespendet. Viel zu wenige, sagen die "Jungen Helden" und hoffen jetzt auf mehr Menschen, die sich zur Organspende bereiterklären und einen Organspendeausweis ausfüllen. Und Sandra Volkmuth? Nach dem schmerzhaften Tätowieren ist sie mit dem Ergebnis hochzufrieden. "Mega, sieht toll aus, gefällt mir gut, perfekt. Ich merke schon: Ich bekomme Herzklopfen und Pipi in den Augen", sagt sie und lacht mit tränennassen Augen.

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Für Sandra Volkmuth hat das Organspende-Tattoo nach dem Tod ihres Sohnes eine ganz besondere Bedeutung.

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