Eine Frau sitzt in einem Zimmer im Frauenhaus und schaut aus dem Fenster.
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Eine Frau sitzt in einem Zimmer im Frauenhaus und schaut aus dem Fenster.

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Häusliche Gewalt: Mehr Hilfe für Frauen im Berchtesgadener Land

Für Opfer häuslicher Gewalt im Berchtesgadener Land mangelt es an nahegelegenen Anlaufstellen. Deshalb will der Sozialdienst katholischer Frauen eine Beratungsstelle und eine Krisenwohnung eröffnen. Der Bedarf steigt - nicht erst seit Corona.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Wenn Sabine Weiß in der landkreisübergreifenden Interventionsstelle in Traunstein ein Fax von der Polizei bekommt, sitzt kurze Zeit später eine Frau in ihrem Büro, die irgendwie versucht, aus der Gewaltspirale herauszukommen. Dann sucht die Sozialpädagogin Lösungen, schätzt die Gefährdungslage der Frau ein und lotet Unterbringungsmöglichkeiten aus, etwa kurzfristig in der Krisenwohnung in Traunstein oder in den nächstgelegenen Frauenhäusern in Rosenheim oder Burghausen. Doch die Plätze sind rar und für eine Frau aus dem Berchtesgadener Land ziemlich weit weg.

Mehr Anrufe von Frauen und Männern

Seit einiger Zeit sind es aber nicht die Faxe von der Polizei, die Sabine Weiß Sorgen bereiten, sondern die Anrufe von Frauen und zunehmend auch von Männern, die sich noch nicht bei der Polizei gemeldet haben. Spätestens seit Pandemiebeginn kamen diese Anrufe häufiger. Das Problem: Die Interventionsstelle darf laut Auftrag eigentlich nur Menschen beraten, die von der Polizei weitervermittelt werden.

Deshalb will der Sozialdienst katholischer Frauen sein Hilfsangebot erweitern: Für Frauen und Männer, die aus Scham nicht zur Polizei gehen. Wer glaube, häusliche Gewalt sei ein Frauenproblem, der irre sich. "Ich habe in den letzten Jahren viele Männer beraten", sagt Sabine Weiß.

Mehr als nur drei Beratungen sollen möglich sein

Bisher darf die Interventionsstelle nur drei Beratungen pro Frau anbieten, Hilfsangebote für Männer waren bislang gar nicht vorgesehen. Deshalb soll schon bald eine Fachberatungsstelle und eine Krisenwohnung im Berchtesgadener Land entstehen, die auch Hilfesuchenden aus dem Nachbarlandkreis offen stehen soll.

Die Gespräche mit den Kreisbehörden laufen bereits. Anfang April wird es ein Treffen mit dem Landrat Bernhard Kern (CSU) geben. Denn auch die Landratsämter Traunstein und Berchtesgadener Land werden sich finanziell beteiligen.

Zwei Frauenhäuser im Südosten Oberbayerns

Ein Blick auf die Landkarte zischen Inn und Salzach zeigt: Solche spezifischen Beratungsangebote für Menschen mit häuslicher Gewalterfahrung sind dringend nötig. Im Südosten Oberbayerns gibt es nur zwei Frauenhäuser, in Rosenheim und in Burghausen.

Zwar gibt es Beratungsangebote der Caritas und anderen sozialen Trägern, doch beim Thema häusliche Gewalt liegt die Expertise in der Region beim Sozialdienst katholischer Frauen, der bei seinem Hilfsangebot für Frauen und Familien auch mit dem bayerischen Sozialministerium kooperiert.

Frauenhäuser in Bayern: Pro 7.500 Einwohner nur 0,46 Plätze

Für Frauen, die im Chiemgau und im Berchtesgadener Land häusliche Gewalt erleben, gibt es acht Plätze im Frauenhaus in Rosenheim und fünf Plätze in der Einrichtung Burghausen. Überall in Bayern sind die Kapazitäten in Frauenhäusern knapp. Während der Europarat pro 7.500 Einwohner einen Platz im Frauenhaus vorgibt, stehen in Bayern nur 0,46 Plätze zur Verfügung. Zu diesem Ergebnis kam eine deutschlandweite Studie der unabhängigen Rechercheredaktion CORRECTIV.

Ferienwohnungen als Zwischenlösung

Doch trotz des beschränkten Angebots, musste die Interventionsstelle in Traunstein noch keine Frau abweisen, auch wenn Sabine Weiß dafür mit Spendengeldern kurzfristig Ferienwohnungen anmieten musste. Dagegen melden sich beim Frauenhaus in Burghausen regelmäßig mehr Frauen als aufgenommen werden können. Umso wichtiger sei es, das Hilfsangebot in der Region zu erweitern, sagt die Sabine Weiß. Vor allem um Frauen im Berchtesgadener Land vor Ort besser unterstützen zu können.

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