Woran leidet unser Gesundheitssystem? Thema bei der BR-Bürgerdiskussion "jetzt red i"
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Woran leidet unser Gesundheitssystem? Darüber diskutiert "jetzt red i" in der aktuellen Sendung

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Gesundheitsminister Holetschek: "Wir müssen an die Struktur ran"

Keine Denkverbote und Offenheit bei der Neustrukturierung des Gesundheitssystems fordert Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) bei "jetzt red i" im BR-Fernsehen. "Wenn wir es jetzt nicht schaffen, dann fährt das System mit Ansage an die Wand."

Über dieses Thema berichtet: jetzt red i am .

Rund 100 Bürgerinnen und Bürger sind nach Hirschaid im Landkreis Bamberg gekommen, um mit Gesundheits- und Pflegeminister Klaus Holetschek (CSU) und Andrew Ullmann, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion zu diskutieren: Woran leidet unsere Gesundheitssystem? Schnell wird klar: Die Probleme sind vielfältig, die Fragen und Forderungen der Rednerinnen und Redner drängend.

Kritik an Profitorientierung

"Die Profitorientierung im Gesundheitswesen ist das Kernproblem", davon ist Harald Kegelmann überzeugt. Emotional berichtet er, dass im Pflegeheim in dem seine Mutter lebte, an "allen Ecken und Ende" gespart wurde, nachdem die Börsenpläne des Betreibers publik geworden waren. Das Pflege- und Gesundheitssystem sei aber "keine KfZ-Werkstatt, in der 30 Minuten für einen Reifenwechsel terminiert sind." Hier werde mit und an Menschen gearbeitet und dies erfordere nun mal Zeit und gut bezahlte Pflegekräfte.

Woran krankt unser Gesundheitssystem? Klaus Holetschek will noch in diesem Jahr bessere Bedingungen in der Pflege schaffen. Das sagte er in der Bürgersendung "jetzt red i".
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Woran krankt unser Gesundheitssystem? Klaus Holetschek will noch in diesem Jahr bessere Bedingungen in der Pflege schaffen.

Hauptproblem: Personalmangel

Der Personalmangel, vor allem auch im Pflegebereich sei ein "Riesenproblem", räumt Minister Holetschek ein. Konkret müssten „Springer-Pools“ eingerichtet werden, damit die Pflegekräfte nicht "ausbrennen". Weitere Ideen: Die Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum, eine Bevorzugung bei der Kinderbetreuung - vieles sei denkbar. Für den Gesundheitsminister steht fest: "Wenn wir es jetzt nicht schaffen, dann fährt das System mit Ansage an die Wand." Bayern wolle schneller und besser bei der Anwerbung von Pflegekräfte aus dem Ausland werden. Dies scheitere bislang oft an der Anerkennung von ausländischen Berufsausbildungen und –qualifikationen, wie Marzena Kühne berichtet. Sie selbst bemühe sich Fachkräfte für das deutsche Gesundheits- und Pflegesystem zu gewinnen, scheitere aber oft am Anerkennungsprozess und der damit verbundenen Bürokratie. Dies alles sei eine "riesige Hürde".

Woran krankt unser Gesundheitssystem? Andrew Ullmann, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP im Bundestag, hält das deutsche Gesundheitssystem für ineffektiv. Das soll sich ändern, sagte er in der Bürgersendung "jetzt red i."
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Andrew Ullmann, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP im Bundestag, hält das deutsche Gesundheitssystem für ineffektiv. Das soll sich ändern.

Gemeinsame Kraftanstrengung erforderlich

Das System "auf Vordermann bringen, damit wir insgesamt widerstandsfähiger sind." Das ist der Ansatz von Andrew Ullmann, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion. Dies könne aber nicht alleine mit mehr Geld erreicht werden. Ullmann betont: "Wir haben eines der teuersten Gesundheitssysteme der Welt. Und gleichzeitig eines der ineffektivsten." Dazu gehöre auch, dass ländliche Regionen teilweise unterversorgt und viele Ballungsgebiete überversorgt seien. "Da müssen wir raus." Das gesamte System müsse reformiert werden – eine Gemeinschaftsaufgabe für Bund und Länder.

Bürokratieabbau als zentrale Aufgabe

Unverzichtbar sei hierfür eine Entbürokratisierung, betont Kinderarzt Gerhard Hammon. Wichtig sei, dass das "exzellente Personal" nicht verheizt werde. Dass schnell ausreichend neue Fachkräfte zur Verfügung stehen, glaubt er nicht. Für ihn steht fest: "Wir verschwenden unsere Ressourcen durch Bürokratie und eine schlechte Patientensteuerung." Seine Forderung: Mehr Investitionen in die Gesundheitsbildung, "damit die Leute wieder ein besseres Gefühl für ihren Körper haben" und so auch besser verstehen, ob "bei einem kleinen Eitertüpfchen im Auge" gleich ein Arzt konsultiert werden muss oder man sich eventuell auch selbst helfen kann. Bürokratieabbau - ein zentrales Thema auch für Gesundheitsminister Holetschek. Gleichzeitig gesteht er, dass darüber seit Jahrzehnten gesprochen werde. Er wolle sich dafür einsetzen, dass Entbürokratisierung bei der Krankenhausreform "im Mittelpunkt" steht. "Wir müssen wieder Maß und Mitte finden".

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