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Die Generation Z und der Wert der Arbeit

Die "Babyboomer" gehen langsam in Rente. Das bedeutet: Der Kampf um junge Arbeitskräfte – die Generation Z – ist entfacht, die Unternehmen müssen sich etwas einfallen lassen. Was die Leistungsträger von morgen wollen - und wie Arbeitgeber reagieren.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Haben "die jungen Leute" keinen Bock auf Arbeit? BR24Live hat sich das Vorurteil über die "Generation Z" - mehr zu diesem Begriff unten - einmal genauer angeschaut und zwei Experten befragt. Thema: "Gen Z": neuer Stellenwert der Arbeit - Sinn und Freizeit statt Geld und Karriere.

Arbeitsmarkt hat sich gewandelt - Flexibilität und Respekt gewinnen an Bedeutung

Die Journalistin und Buchautorin Ronja Ebeling - selbst eine von 12 Millionen Angehörigen der Generation Z - hat zahlreiche Interviews geführt und sieht in den neuen Ansprüchen der Jungen an die Arbeitgeber weniger eine Charakterfrage, sondern eine Frage der Möglichkeit: Wo weniger Arbeitskräfte nachwachsen, steigt ihr Marktwert und damit ihr Selbstbewusstsein: Der Arbeitgeber-Markt hat sich zu einem Arbeitnehmer-Markt gewandelt.

Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung hat die entscheidende Zahl dazu: Durch den demografischen Wandel fallen in den kommenden Jahren sieben Millionen Arbeitskräfte weg. Zudem, ergänzt er, hat der "Coronaschock" bei vielen (nicht nur) jungen Leuten zu einem Umdenken geführt. Dazu gehört, sich nicht für den Chef "krankzuarbeiten", sondern einen möglichst selbstbestimmten Beitrag zu leisten. Die Diskussion über die Vier-Tage-Woche greift für Weber zu kurz - es gehe nicht so sehr ums weniger Arbeiten, sondern um flexible Arbeitszeitmodelle, die der Familienplanung nicht im Wege stehen.

Für Ronja Ebeling ist der zentrale Punkt das Miteinander im Unternehmen - Stichwort "flache Hierarchien".

"Das Allerwichtigste ist, dass sich alle Mitarbeiter in Unternehmen auf Augenhöhe begegnen" Ronja Ebeling

Die "Gen Z"-Expertin ergänzt, dass sich junge Leute weniger über Arbeit definieren als ihre Eltern - und das nicht ohne Grund.

Probleme der Gen Z: Aufstieg ist kein Selbstläufer mehr

Ebeling betont, dass sich nicht nur die Einstellung der Nachwuchskräfte gewandelt hat, sondern auch die sozialen Aufstiegschancen und der Wert von Leistung: "Wer viel schafft, bringt es zu was" - dieser Satz habe keine absolute Gültigkeit mehr. Ein Haus zu kaufen etwa ist auch bei hartem Einsatz für viele unmöglich, und ob die Rente für heutige Zwanzigjährige sicher ist, steht in den Sternen.

Enzo Weber weist in diesem Zusammenhang auf die schwachen Lohnsteigerungen der 1990er- bis 2010er-Jahre hin, die dazu geführt hätten, das heute trotz Arbeitskräftemangels bundesweit rund 20 Prozent der Arbeitnehmer Niedriglohn erhalten und auch die Zahl der Minijobber ungebrochen hoch ist.

"Wir müssen auf Klasse statt Masse setzen" Enzo Weber

Im Audio: So reagieren Arbeitgeber auf die Generation Z

Ein junger Mann prüft die Verschlüsse einer Filteranlage (Symbolbild)
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Der Kampf um junge Arbeitskräfte ist entbrannt und die Unternehmen müssen sich einiges einfallen lassen. Ein Beispiel aus Kempten.

Wie Arbeitgeber auf die Forderungen der Gen Z reagieren

Ein Beispiel aus der Praxis: Die Firma Rational in Landsberg am Lech, Weltmarktführer bei Dampfgarern. Zum Tag der Offenen Tür herrscht schon eine halbe Stunde vor Einlass großes Interesse – 7.000 Menschen wollen den Hersteller von Groß- und Industrieküchengeräten besuchen.

Der Vorstandsvorsitzende Peter Stadelmann will vor allem eines – bei jungen Menschen für sein Unternehmen werben. "Früher konnte man aussuchen und sich die Besten holen, heute ist es umgekehrt", sagt er.

Mehr Sinn, mehr Eigenverantwortung - und irgendwann Feierabend

Um junge Menschen für das Unternehmen zu begeistern, hat sich CEO Stadelmann gezielt ein junges Team geholt. Zu diesem zählt auch Sophia Bachmayr - sie ist selbst erst 25 Jahre alt: "Thema ist, dass man Sinn in der eigenen Arbeit sehen will, eigenverantwortlich - und dass es auch mal gut ist, wenn man abends heimgeht, dass man Freizeit hat."

So denkt auch der 25-jährige Kilian Stiefenhofer, der rund 70 Kilometer entfernt für das Allgäuer Überlandwerk in Kempten arbeitet: "Nach der Arbeit bin ich für das Unternehmen nicht mehr erreichbar – nur in extremen Ausnahmefällen."

Arbeitszeitbegriff im Umbruch - und Gehalt, von dem man leben kann

Ein Wunsch, mit dem Doris Sommer von der Personalabteilung des Allgäuer Überlandwerks häufig konfrontiert ist. Deshalb frage sie in Vorstellungsgesprächen gar nicht mehr nach, ob der Bewerber Voll- oder Teilzeit arbeiten möchte, sagt sie. "Sondern ich suche jemanden, der für uns arbeiten möchte, und der wird uns sagen, wie viel Zeit er mit uns verbringen möchte. Das ist ein großes Umdenken."

Freilich: Gerade in Zeiten hoher Inflation spielt für die Generation Z auch das Gehalt eine wichtige Rolle. Der 23-jährige Stefan Thalmaier etwa, Industriemechaniker bei Rational, ist mit seinem Gehalt zufrieden. Wäre es anders, wäre er weg, sagt er: "Wenn ich zu wenig verdiene, muss ich mir Gedanken machen, ob es das Richtige ist. Wenn eine Branche zu wenig zahlt, muss man sich nicht wundern, wenn zu wenig Bewerber da sind."

Im Kampf um die besten Mitarbeiter müssen sich Unternehmen also einiges einfallen lassen, um junge Menschen ins Boot zu holen. Das Allgäuer Überlandwerk hat sich in Kooperation mit einer Beratungsfirma eine Marketingaktion einfallen lassen. Dafür porträtiert die 30-jährige Tanja Vogler junge Mitarbeiter für Social Media. "Dadurch sollen potenzielle Bewerber sehen, wie wir hier arbeiten", sagt die Marketing-Expertin. Unter den Mitarbeitern, die sie fotografiert, ist auch Kilian Stiefenhofer.

💡 Generation Z - wer ist das?

Seit den 1920er-Jahren beschäftigt sich die Soziologie intensiver mit der Abfolge der Generationen. Ging man bis dahin, der Dauer eines (Erwerbs-)Lebens folgend, von einem Generationswechsel alle 30 Jahre aus, konzentrierte man sich danach in kürzeren Zeiteinheiten auf "Alterskohorten" mit ähnlichen, prägenden Erlebnissen - in Deutschland etwa die Nachkriegsgeneration, die 68-er, die Generation Mauerfall.

Aus den USA stammt die Einteilung in die Generationen X, Y und Z, wobei die Generation X - der Begriff geht auf einen gleichnamigen Roman von Douglas Coupland zurück - die zwischen den "Baby-Boomern" und dem Jahr 1980 Geborenen beschreibt, die Generation Y die Jugend der Jahrtausendwende (auch "Millenials") meint und die Generation Z die Jugendlichen und jungen Erwachsenen von heute zusammenfasst - eine schrumpfende, mit Krisenerfahrungen und "Social Media" aufgewachsene Generation. Ihr werden unter anderem Illusionslosigkeit, ein besonderes Bewusstsein für Umwelt und Klima, aber auch mangelnder Ehrgeiz zugeschrieben.

Die "letzte Generation" muss die Generation Z trotz dem Ende des Alphabets übrigens nicht sein - für Zeitgeistdeuter steht bereits die nach 2011 geborene "Generation Alpha" in den Startlöchern.

Dieser Artikel ist erstmals am 13.07.2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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