Der Schapbachhof liegt abgelegen am Ortsrand von Schönau am Königssee.
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Der Schapbachhof liegt abgelegen am Ortsrand von Schönau am Königssee.

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Geflüchtete in Schönau: Die Ruhe nach dem Sturm

Vor einem Jahr war die Stimmung in Schönau am Königssee angespannt: Große Unruhe und Sorge herrschte über die Nachricht, dass 100 afghanische Ortskräfte in ein ehemaliges Schullandheim ziehen sollten. Doch dann kam alles anders.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Ein Jahr ist es her, dass Hannes Rasp (CSU), Bürgermeister der Gemeinde Schönau am Königssee, Alarm schlug: "Ich habe Angst, dass die Stimmung in der Bevölkerung kippt. Wir haben 2015 fast dreimal so viele Asylbewerber aufgenommen, als wir gemusst hätten. Wenn wir jetzt wieder hundert Ortskräfte bekommen, habe ich Sorgen, dass die Integration nicht mehr gelingt."

Der Hintergrund: Der Schapbachhof - ein ehemaliges Schullandheim, abgelegen am Ortsrand - sollte zum Übergangswohnheim für Geflüchtete umfunktioniert werden. Viele Bürger waren verunsichert, der Bürgermeister sorgte sich um die Kapazitäten in der Kinderbetreuung. Vor rund einem halben Jahr kamen die ersten neuen Bewohner in den Schapbachhof – doch alles blieb völlig ruhig.

Alles anders und "kein Thema mehr"

"Der Schapbachhof ist kein Thema im Ort", beobachtet Anne Egger. Sie ist als Ehrenamtliche in der Unterkunft aktiv. Die hat inzwischen 63 Bewohner - allerdings nicht aus Afghanistan. Denn die Bundesregierung hat das Aufnahmeprogramm für ehemalige Ortskräfte im März 2023 vorübergehend ausgesetzt. Stattdessen brachte die Regierung von Oberbayern, die den Schapbachhof gemietet hat, so genannte Spätaussiedler in Schönau unter. Das sind Menschen aus der ehemaligen Sowjetunion, die eine deutsche Abstammung nachweisen können. Seit der Nachkriegszeit können diese Menschen in die Bundesrepublik einwandern.

Helferin: Spätaussiedler kommen gut zurecht

Die Spätaussiedler im Schapbachhof kommen aus Russland und Kasachstan. Sie dürfen in Deutschland arbeiten und sich eine eigene Wohnung suchen. Manche von ihnen hätten schon vor ihrer Ankunft Deutsch gesprochen, erzählt Anne Egger: "Einige sind schon wieder weggezogen, andere haben in der Gegend Arbeit gefunden. Ein Mann arbeitet zum Beispiel im Krankenhaus und hilft dort bei der Essenausgabe." Im Sommer habe sie einige Spätaussiedler bei Behördengängen unterstützt. Das sei inzwischen nicht mehr nötig: "Die Leute sind untereinander sehr gut vernetzt."

Bürgermeister: "Schapbachhof als Flüchtlingsunterkunft ungeeignet"

Auch der Bürgermeister Hannes Rasp bestätigt, dass am Schapbachhof alles ruhig verläuft. Seine Befürchtungen seien so nicht eingetroffen. Trotzdem bleibt er bei seiner Meinung, dass der Schapbachhof für eine Flüchtlingsunterkunft zu abgelegen sei. Um zur nächsten Bushaltestelle zu kommen, müssen die Bewohner 1,3 Kilometer durch ein unbeleuchtetes Waldstück gehen. Allerdings haben einige der Spätaussiedler Autos. Andere sind mit Fahrrädern unterwegs, die Anwohner gespendet haben.

Bürgermeister: Arbeitskräfte erwünscht - Deutschkurse fehlen

Außerdem kritisiert Rasp, dass zu wenige Deutschkurse angeboten werden. Bald startet ein Deutschkurs von Ehrenamtlichen. Doch offizielle Deutschkurse gibt es zu wenige. Sprachkenntnisse sind nach Rasps Ansicht aber der Knackpunkt bei der Integration. Denn Arbeitskräfte kann Schönau gut gebrauchen. "Ob das im Handwerk ist oder im touristischen Bereich: Bedarf haben wir überall. Ein Arbeitswilliger wird bei uns sehr schnell Arbeit finden."

Wie es weitergeht

Der Schapbachhof gehört dem baden-württembergischen Landkreis Schwäbisch-Hall, der das Anwesen lange als Schullandheim genutzt hat. Aktuell ist noch nicht sicher, ob der Landkreis die Immobilie weiterhin an die Regierung von Oberbayern vermietet. Oder ob sie einen neuen Pächter für die Nutzung als Schullandheim suchen. So oder so hat die Regierung von Oberbayern der Gemeinde Schönau zugesagt, die Gebäude maximal zwei Jahre als Unterkunft für Geflüchtete zu nutzen. Hannes Rasp hofft, dass in den Schapbachhof bald wieder Schulkinder kommen – die später als Touristen nach Schönau zurückkehren.

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