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Symbolbild: Wohnungen in München

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EOF-Urteil verschärft Lage für einkommensschwache Mieter

EOF-Urteil verschärft Lage für einkommensschwache Mieter

Auch bei sogenannten EOF-Wohnungen ist bei Mieterhöhungen der lokale Mietspiegel anwendbar. Das hat das Münchner Landgericht entschieden. Eine Katastrophe für die Betroffenen. Die Politik will darauf nun reagieren.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in München am .

Wir leben in einer sozialen Marktwirtschaft. Da wird zum Beispiel auch dafür gesorgt, dass sich nicht nur Großverdiener eine Wohnung leisten können.

Urteil: Lokaler Mietspiegel als Vergleichsmaßstab für EOF-Wohnungen

Für Geringverdiener gibt es Mietzuschüsse bis zu gewissen Einkommensgrenzen. Etwa bei den so genannten EOF-Wohnungen, also Wohnungen mit einkommensorientierter Förderung. Allerdings sind viele EOF-Mieter auf sich alleingestellt, wenn Mieterhöhungen ins Haus flattern.

Bisher war strittig, ob auch bei solchen Sozialwohnungen der lokale Mietspiegel als Vergleichsmaßstab für Erhöhungen gilt. Jetzt hat das Münchner Landgericht ein Urteil gefällt, das die problematische Situation für die einkommensschwachen Mieter weiter verschärft. Denn es hält auch bei EOF-Wohnungen den lokaler Mietspiegel für anwendbar. Damit sind die Sozialwohnungen, zumindest was Mieterhöhungen angeht, denen vom freien Markt gleichgestellt.

Beispiel aus Schwabing

Das Urteil hat besondere Tragweite, denn das Berufungsverfahren wurde als Musterprozess geführt. Alle EOF-Mieter, die gegen ihre Mieterhöhungen geklagt hatten, müssen jetzt damit rechnen, dass sie ihr Verfahren verlieren. Zum Beispiel auch Simone Hoffmann, die mit ihrem Mann und ihrem Sohn in einer EOF-Wohnung in Schwabing lebt.

"Als wir die Wohnung damals bekommen haben, haben wir uns richtig gefreut, da es auch eine einkommensorientierte Wohnung war. Die Stadt war mit drinnen in der Vergabe. Wir dachten, etwas Besseres könne uns gar nicht passieren. Und letztendlich stellt sich jetzt heraus, dass sie mit frei finanzierten Wohnungen verglichen wird." Simone Hoffmann aus Schwabing

Bisher: 9,25 Euro pro Quadratmeter für EOF-Mieter zumutbar

Ursprünglich galt als zumutbare Miete für EOF-Wohnungen 9,25 Euro pro Quadratmeter. Im Unterschied zu anderen Fördermodellen sind Mieterhöhungen hier aber nicht begrenzt. Der Eigentümer, in diesem Fall die GBW, kann also alle drei Jahre bis zu 15 Prozent mehr verlangen.

Nach dem neuesten Urteil geht das so lange, bis die ortsübliche Miete erreicht ist. Das stellt die 42-jährige medizinische Fachangestellte vor große Probleme.

"Es ist eine Herausforderung, weil das Gehalt nicht in diesen Dimensionen steigt. Man überlegt sich längerfristig: Wo kann ich das Geld herbekommen? Macht man einen zweiten Job? Wie kann man das kompensieren?" Simone Hoffmann aus Schwabing

Erzieherin mit kleinem Kind ist ratlos

Ihrer Nachbarin Eva Peralta geht es genauso. Sie ist Erzieherin, hat einen kleinen Sohn und weiß nicht genau, wie es weiter gehen soll.

"Entweder muss ich dann raus aus München - ganz aufs Land, wo es vielleicht noch ein bisschen bezahlbar ist. Aber ich glaube auch, dass die Stadt München Erzieherinnen dringend braucht. Unter solchen Bedingungen wird es dann sehr, sehr schwierig." EOF-Mieterin Eva Peralta

30.000 EOF-Wohnungen in Bayern

Rund 30.000 EOF-Wohnungen gibt es in Bayern. Die Mieter dürfen nicht mehr als 28.100 Euro brutto im Jahr verdienen, besagen die Förderrichtlinien. Oft sind es Krankenschwestern, Pfleger, Erzieherinnen oder Friseure. Dass die sich jetzt alle paar Jahre eine neue Wohnung suchen müssen, weil die alte zu teuer wird, kann nicht im Sinne des Gesetzgebers sein.

Dieser Meinung ist auch Michael Peter Löffler. Er war bei dem Musterprozess der Anwalt einer EOF-Mieterin und will trotz der Niederlage vor Gericht noch nicht aufgeben.

"Ich habe in dem Verfahren schon kommen sehen, dass es möglicherweise zu Ungunsten meiner Mandantin ausgeht. Deshalb habe ich dem Freistaat Bayern und der Landeshauptstadt München den Streit erklärt. Von daher planen wir dann Schadenersatzklagen gegen den Freistaat Bayern und die Landeshauptstadt München, um die Mieter, meine Mandatin, aber alle GBW-betroffenen Mieter schadlos zu halten." Anwalt Michael Peter Löffler

Politiker reden über das Problem

Aber nun beginnt die Politik langsam, das Problem als solches wahrzunehmen. So hat Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) vergangene Woche einen Brief an Bayerns neue Bauministerin, Ilse Aigner (CSU), geschrieben.

Darin bittet er die Ministerin, zu prüfen, ob der Freistaat eine Lösung für die problematische Lage der EOF-Mieter finden könne. Aigners Staatssekretär, Josef Zellmeier, hat bereit darauf geantwortet.

"Ich kann den Mietern nur anbieten, dass wir alles prüfen, was geht. Im Zweifel ist dann natürlich das Wohngeld noch eine Möglichkeit, um Mieten bezahlen zu können. Auch das Wohngeld ist ja eine Förderung, die von Bund und Freistaat gemeinsam getragen wird. Das heißt: Auch da sind wir mit 50 Prozent mit dabei." Josef Zellmeier, Staatssekretär von Ilse Aigner

Kein Versprechen, aber eine Hoffnung

Auch wenn das noch kein Versprechen ist, können die betroffenen EOF-Mieter doch wenigstens auf eine politische Lösung ihres Problems hoffen. Auch Eva Peralta und Simone Hoffmann haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass sich noch etwas bewegt. Schließlich sind im Herbst ja auch Landtagswahlen.