Jacken und Taschen hängen im Eingangsbereich in einem Kindergarten.
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Jacken und Taschen hängen im Eingangsbereich in einem Kindergarten.

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Durch Klage zum Kitaplatz? Was Eltern wissen müssen

Viele Eltern werden langsam nervös: Wie schaut es mit einem Kita-Platz aus? Vielen fehlt eine Zusage und das, obwohl der Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung besteht. Sprich: Wer leer ausgeht, könnte klagen. Was müssen Eltern beachten?

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Grundsätzlich gilt: Spätestes mit der Vollendung des ersten Lebensjahres besteht ein Anspruch auf einen Betreuungsplatz. Unter Umständen auch schon früher - wenn die Eltern noch in Ausbildung sind, studieren oder schon wieder arbeiten. Aber: Eltern haben kein Recht auf einen bestimmten oder gewünschten Betreuungsplatz. Sondern lediglich "einen bereits vorhandenen Platz zugewiesen zu bekommen", wie das bayerische Familienministerium erklärt. Außerdem besteht die Verpflichtung der Kommunen, "einen neuen Platz zu schaffen, falls nicht genügend Plätze zur Verfügung stehen".

Bei verschiedenen Einrichtungen bewerben

Für Eltern ist zunächst wichtig, sich am besten bei mehreren Einrichtungen zu bewerben. Der Münchner Anwalt Benjamin Grunst empfiehlt, nicht nur telefonisch nach freien Plätzen zu fragen, sondern sich schriftlich auf die Warteliste setzen zu lassen und alles schriftlich zu dokumentieren. Eine gesetzliche Mindestanzahl an Bewerbungen gibt es dabei nicht. Es geht vor allem darum, Eigeninitiative zu zeigen. Und die Chancen auf einen Platz zu erhöhen.

Ansprechpartner: Jugendamt oder Beratungsstellen

Eltern können das Jugendamt ihrer Gemeinde frühzeitig um Hilfe bei der Suche nach einem Betreuungsplatz bitten. In einigen Städten stehen dafür auch spezifische Ansprechpartner bereit. In München etwa die Elternberatung des Bildungsreferats oder in Nürnberg die Servicestelle Kitaplatz. Um die Voraussetzungen für rechtliche Ansprüche vor Gericht zu schaffen, sollten Eltern das zuständige Jugendamt auch schon während der Suche darüber informieren, dass bisher noch kein Betreuungsplatz gefunden wurde. Dazu müssen sie nicht warten, bis sie Absagen erhalten haben. Das empfiehlt der Anwalt Benjamin Grunst.

Wenn nichts anderes mehr geht: Klagen?

Wenn Träger und Ämter die Eltern immer wieder vertrösten oder nach und nach die Absagen eintrudeln und den Eltern die Zeit ausgeht, dann sollte nach Ansicht von Rechtsanwalt Benjamin Grunst ein Anwalt eingeschaltet werden. Wenn möglich, sollte dies sechs Monate vor dem gewünschten Betreuungsbeginn geschehen. Sollten die Eltern vom Jugendamt einen Ablehnungsbescheid erhalten haben, dann kann dagegen auch in einem Eilverfahren geklagt werden, um möglichst schnell einen Betreuungsplatz zu bekommen. "Allgemein sind die Erfolgsquoten recht vielversprechend", so Grunst, da ja ein gesetzlicher Anspruch bestehe.

Kosten: Klagen vor dem Verwaltungsgerichtshof

Eltern können jedoch auch ohne Anwalt klagen. Vor dem verantwortlichen Verwaltungsgericht des Regierungsbezirks besteht keine Anwalts-Pflicht. Außerdem fallen bei dem Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz grundsätzlich keine Gerichtskosten an. Bei einem für die Eltern erfolgreichen Verfahren bekommen diese auch die Anwaltskosten von der Gegenseite erstattet. Falls das Urteil aber zugunsten der Kommune ausfällt, müssten auch die Anwaltskosten der Gegenseite übernommen werden.

Bei erfolgreicher Klage: Kein bestimmter Betreuungsplatz

Grundsätzlich gilt, dass ein Betreuungsplatz nicht in der Nähe der Wohnung sein muss. In Städten heißt das, dass den Eltern ein Platz zugeteilt werden kann, der mit den öffentlichen Verkehrsmitteln innerhalb von 30 Minuten erreichbar ist. Lehnen sie einen Platz ab, so kann – wenn es dafür keine ausreichenden Gründe gibt – der Anspruch auf einen Betreuungsplatz erlöschen.

Finanzielle Unterstützung möglich

Außerdem haben die Familien auch keinen Anspruch auf kommunale Kita-Plätze. Sie können auch freien oder privaten Anbietern zugewiesen werden. Das könnte für die Eltern höhere Gebühren bedeuten. Hier weist die Stadt München aber beispielsweise auf die wirtschaftliche Jugendhilfe hin. Sprich: finanzielle Zuschüsse zu den monatlichen Gebühren. Diese können in den zuständigen Sozialbürgerhäusern beantragt werden und gelten nicht nur für Geringverdienende.

Bisher klagen Eltern eher selten

Bisher kommen Klagen auf einen Betreuungsplatz vergleichsweise selten vor. So hat beispielsweise das Verwaltungsgericht Bayreuth derzeit ein einziges Verfahren anhängig. In Regensburg hat es laut Verwaltungsgericht in der Oberpfalz und Niederbayern im vergangenen Jahr drei Klagen gegeben. "Zwei davon wurden nach nur wenigen Wochen gewonnen", erklärt Martina Förg, Sprecherin des Verwaltungsgerichts Regensburg. Das heißt, dass die Klagen im Eilverfahren zugunsten der Eltern entschieden wurden. Oft erledige sich aber der Fall auch noch, bevor überhaupt eine Klage eingereicht werde.

In wenigen Wochen zum Urteil

In Oberbayern wurden im Jahr 2022 insgesamt 47 Verfahren um den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz geführt. In diesem Jahr gebe es inzwischen 20 Fälle, so ein Sprecher des Verwaltungsgerichts München. Die Verfahren konzentrieren sich üblicherweise auf die Monate vor Beginn des Betreuungsjahres. "Man bemüht sich, das schnellstmöglich zu entscheiden. Aber es hängt auch von den Umständen ab, wie lange es konkret dauert", gibt die Sprecherin des Verwaltungsgerichts Regensburg zu bedenken. Meist funktioniere das jedoch innerhalb weniger Wochen. Zum Beispiel innerhalb von zwei bis drei Wochen.

Trotz erfolgreicher Klage kein Betreuungsplatz?

Was, wenn Eltern vor Gericht einen Betreuungsplatz zugesprochen bekommen, die zuständige Kommune diesen Platz aber nicht zur Verfügung stellen kann? Wenn die Eltern deswegen nicht wie geplant wieder arbeiten können, dann haben sie Ansprüche. Anwalt Benjamin Grunst sagt: "Wenn Sie keinen Kitaplatz bekommen haben, können Sie den Verdienstausfall oder anderweitige Betreuungskosten als Schadensersatz geltend machen."

Klagen nicht immer sinnvoll und erfolgreich

In der Landeshauptstadt München wurden seit Beginn des Jahres 2023 sechs Klagen eingereicht. "Im Jahr 2022 haben zehn Familien geklagt", erklärt Andreas Haas, Sprecher des Münchner Bildungsreferats. Hier habe in den meisten Fällen die Landeshauptstadt München die Klage gewonnen. "Zur Einordnung lässt sich sagen, dass die Eltern, wenn sie sich 'nur' an die KITA Elternberatung gewandt und nicht geklagt hätten, ebenfalls einen Betreuungsplatz bekommen hätten", meint Haas. Grundsätzlich, so der Sprecher, sollten sich Eltern erst an die entsprechenden Beratungsstellen wenden – eine Klage sei meistens überflüssig.

  • Zum Artikel: Bildungsferne Familien haben geringere Chancen auf einen Kita-Platz

Dieser Artikel ist erstmals am 02.08.2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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