"Kaugummi-König" Gerhard Jahn in seiner Werkstatt
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Der "König der Kaugummi-Automaten" aus dem Kammeltal

Unweit von Günzburg lagern in einer Garage gut eine halbe Million Kaugummis und genauso viel Spielzeug. Gerhard Jahn und seine Mitarbeiter befüllen seit rund 30 Jahren Kaugummiautomaten in ganz Süddeutschland. Eine Arbeit, die manchmal überrascht.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Nach dem Krieg wurden in Deutschland die ersten Kaugummi-Automaten aufgestellt. Gerhard Jahn hat das "Kaugummi-Fieber" aber erst vor etwa 30 Jahren gepackt. Heute sind massenweise Kaugummis und kleines Spielzeug in seiner Garage nahe Günzburg deponiert. Er kennt sich auch aus mit den Favoriten seiner Kundschaft: Am beliebtesten sind gerade der "Meteor", etwas sauer mit Erdbeergeschmack, und die super-sauren Center-Shocks, die schon lange Kult-Status genießen, erzählt Gerhard Jahn, während er auf die unzähligen Kartons hinter sich zeigt.

Kaugummis in allen Farben, ob süß oder sauer, und aus unzähligen Ländern warten bei Gerhard Jahn darauf, in die Automaten gefüllt zu werden. "Die besten kommen aus den USA und Kanada“, sagt Jahn. "Da ist der Geschmack intensiver". Sein Lieblingskaugummi ist der "Banana-Milkshake".

Am Anfang hatte Jahn rund 80 Automaten

1985 stieg Gerhard Jahn in das Geschäft ein. Damals boomte der Markt und an jeder Ecke wurden neue Kaugummi-Automaten aufgestellt. "Heute haben wir da bei den Kindern mehr Konkurrenz, vor allem durch die Smartphones“, schmunzelt Jahn. Angefangen hat er mit rund 80 Automaten, heute sind es gut 15.000. "Wie viele genau kann nur der Computer sagen“, lacht der Kaugummi-König. Sechs Fahrer sind jeden Tag von früh bis spät unterwegs und befüllen die roten Süßigkeitenspender, von der tschechischen bis zur französischen Grenze. Im Schnitt wird so jeder Automat alle drei Monate angefahren.

Manchmal ist der Ärger bei der Arbeit groß

In Jahns Werkstatt sind drei Mitarbeiterinnen beschäftigt. Eine davon ist Waltraut. Sie arbeitet seit 13 Jahren für Jahn und pflegt seitdem die roten Süßigkeitenspender. Aufschrauben, leeren, reinigen – das sind ihre Arbeitsschritte. Und für Reparaturen legt sie auch immer wieder Hand an. Doch sie kann nicht alle retten, denn immer wieder bringen die Fahrer völlig zerstörte Automaten wieder, Stichwort Vandalismus. "Hier wollten sie ein Loch reinbrennen, und da auch“, zeigt Waltraut.

Brandlöcher durch Feuerzeuge oder Silvester-Böller, die im Automaten detoniert sind, oder auch Klebstoff im Auslass. Vandalismus zerstört immer wieder Automaten. "Die zerlegen wir jetzt und schmeißen das Glas weg, dann schauen wir, was man noch brauchen kann". Und die Sachbeschädigung ist keine Seltenheit. "Oft, manchmal ziemlich oft", sagt Waltraut.

Beliebte saure Kaugummis und klebriges Spielzeug

Für 15.000 Automaten sind Jahn und seine Mitarbeiter verantwortlich. Nicht wenige nennen ihn daher den "Kaugummi König". Dabei sind Kaugummis nicht das Einzige, das die Automaten verkaufen. Beim Spielzeug wollen die Kinder gerade vor allem "Stickys", eine farbige, klebrige Masse, die überall hängenbleibt. Ein Spielzeug gibt es je nachdem für 10, 20 oder 50 Cent-Münzen. Natürlich gibt es auch Ringe. Denn so manche Ehe hat mit einem Verlobungsring aus dem Automaten begonnen, davon hört Herr Jahn immer wieder aus erster Hand.

Kleine Kunden kaufen manchmal mit D-Mark ein

Der "Kaugummi-König" findet auch mal Ungewöhnliches in seinen Automaten. "Die Kinder versuchen heute mit allen Mitteln an den Kaugummi ranzukommen", erzählt er, während er einen Automaten öffnet. "Beilagscheiben, Einkaufswagenchips, Papier – mit allem Möglichen". Und tatsächlich – am Boden des Automaten finden sich der Öffner einer Getränkedose, ein Chip und eine Deutsche Mark. Kein Einzelfall.

Jahns Mitarbeiter haben Mark- und Pfennigstücke auch 20 Jahre nach der Währungsreform noch täglich in der Hand. Auch ausländisches Münzgeld ist immer wieder dabei: Bis zu 500 Kilogramm pro Jahr muss Jahn extra nach London schicken lassen, damit es sortiert und umgetauscht wird. Den bunten Mix aus Währungen nimmt sonst keine Bank.

Wird man mit Kaugummi-Automaten reich?

Stellt sich die Frage: Wie viel verdient man mit Kaugummi-Automaten? Ganz genau will das Jahn nicht beantworten, er sagt nur: "Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel." Es gehört seiner Meinung nach auch viel Idealismus dazu. Er sei in den 35 Jahren kein Millionär geworden. "Aber ich kann meine Leute bezahlen, und es ist für mich auch schon eine Genugtuung, wenn das Kind wieder zufrieden vom Automaten weggeht."

Altes Gewerbe – moderne Ausstattung

Dass aber Gerhard Jahn etwas von Finanzen versteht, wird deutlich, als er über seine Transporter-Flotte und die Stromversorgung des Hauses spricht. Bereits seit Jahren hat er mehrere Lieferfahrzeuge mit Elektro-Antrieb. Und er plant gerade noch einen weiteren Verbrenner durch ein E-Auto zu ersetzen. Den Strom produziert er selbst, denn auf seinem Haus hat er eine Photovoltaik-Anlage installiert. Nur ein Smartphone besitzt er nicht. Um sich auch mal Ruhe zu gönnen verzichtet er auf ein Handy, wie seine Mitarbeiter sagen.

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