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Umgang mit Demenz lernen

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Demenz besser verstehen

Der eigene Opa ist verwirrt, die Oma wirkt apathisch - schon Kinder und Jugendliche kennen Demenz aus dem Alltag. Wie man mit dieser Krankheit umgeht, erfahren sie von sogenannten Demenzpaten. Ein Modellprojekt aus Augsburg.

Über dieses Thema berichtet: Notizbuch am .

Vor zehn Jahren startete die Inititative "KompetenzNetz Demenz" mit einem Projekt, um Einzelhändler in Augsburg über Demenz aufzuklären. Die Leiterin Claudia Zerbe und rund 20 Ehrenamtliche arbeiten als sogenannte Demenzpaten. Sie halten Workshops und Vorträge vor Bereitschaftspolizisten, Zeitungsvolontären, Bankangestellten, Taxifahrern und Schülern.

Demenzpaten an der Schule

Regelmäßig besuchen die Demenzpaten Augsburger Schulen. Allein 2017 bildeten sie schon 400 Schülerinnen und Schüler weiter. Das "KompetenzNetz Demenz" hält es für wichtig, junger Menschen über Demenz aufzuklären.

Berührungen mit Demenzpatienten schon im Kindesalter

Ein Donnerstagvormittag in der Mädchenrealschule St. Ursula: Als Claudia Zerbe nach persönlichen Demenz-Erfahrungen in den Familien fragt, recken zehn von 30 Mädchen den Finger in die Höhe. Der einen Schülerin fällt auf, dass sie von der Oma in letzter Zeit immer wieder abgelaufene Lebensmittel geschenkt bekommt. Das andere Mädchen bedauert, dass die Oma zunehmend verwirrt alleine in Süditalien lebt, und sie sie nicht oft besuchen kann. Ein weiteres Mädchen beobachtet in den vergangenen Monaten eine Veränderung am Großvater:

"Wenn mein Papa meinem Opa was gesagt hat, wusste er es nicht mehr. Und er interessiert sich für nichts mehr." Schülerin

Claudia Zerbe erklärt den Kindern, dass sich viele Demenzkranke am Anfang tatsächlich verändern, und dass Patienten Angst bekommen, wenn sie feststellen, dass sie sich Dinge nicht mehr merken können - und sich deshalb zurückziehen. Sie macht den Kindern begreiflich, was bei Patienten von Alzheimer und anderen Formen von Demenz im Gehirn passiert und wie sich das auf sie auswirkt. Diese Art von Aufklärung sei wichtig, sagt Claudia Zerbe, denn: Leiden die Großeltern an einer Demenz, ist die Belastung auch für die Kinder und Jugendliche groß - oft größer, als dies ihre Eltern oder ihre Umgebung registrieren. Deswegen sollte man auch die Enkel nach ihren Gefühlen fragen, wenn sich die Großeltern verändern.

Aufklärung als Ansporn zu sensiblem Umgang

Eine aufmerksame Wahrnehmung und ein sensibler Umgang mit dementen alten Menschen im Alltag - dazu möchten die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen die jungen Leute anleiten. Aber man denkt beim "KompetenzNetz Demenz" auch an die Zukunft: Allein in Augsburg, einer Stadt mit knapp 300.000 Einwohner - leben derzeit 5.000 Menschen, die an einer Form von Demenz erkrankt sind. Die Zahl dürfte kontinuierlich steigen, bis in rund 20 Jahren die geburtenstarken Jahrgänge der 60er Jahre in das relevante Alter kommen. Und ein Teil der Schülerinnen, denen heute die Demenzpaten an der Realschule St. Ursula einen Besuch abstatten, wird dann wohl zu den betroffenen pflegenden Angehörigen gehören.